Kalter Wind aus Kopenhagen
Einen guten Ruf hat Dänemark entwicklungspolitisch, weil es großzügiger und aufgeschlossener half als viele andere Staaten. Seit November 2001 wird das Land von einer liberal-konservativen Regierung geführt, die auch in der Entwicklungspolitik neue Akzente setzt. Der Etat wurde gekürzt, einigen Ländern die Hilfe ganz gestrichen, und die Förderschwerpunkte berücksichtigen nun stärker außen- und sicherheitspolitische Gesichtspunkte.
von Steen Folke
Kaum im Amt, kündigte der Minister einschneidende Neuigkeiten an: Er habe die Absicht, die Integrations- und Flüchtlingspolitik stärker mit der Entwicklungspolitik zu verzahnen. Mit der kleinen Kabinettsumbildung vom 2. August 2004 bekam Dänemark nämlich auch einen neuen Minister für Entwicklungszusammenarbeit. Der frisch ernannte Bertel Haarder war zuvor Minister für Integration gewesen, zuständig für ethnische Minderheiten, Flüchtlinge und andere Gruppen. Zusätzlich erhielt Haarder das Ressort Entwicklungszusammenarbeit. In Zukunft würde die Regierung ihre Ausgaben für Flüchtlinge in den Regionen, aus denen Flüchtlinge stammen, erhöhen. Und zwar von 100 Millionen Dänische Kronen in diesem auf 200 Millionen im nächsten Jahr, also von knapp 14 auf 28 Millionen Euro. Beifall für seine Ankündigungen spendete die rechts außen stehende Dänische Volkspartei. Sie möchte die Zahl der nach Dänemark kommenden Flüchtlinge verringern und die Einwanderung stark beschränken.
Eigentlich hatte Bertel Haarder ganz andere Pläne: Er wollte EU-Kommissar werden und galt vielen als der dafür am besten geeignete Kandidat mit dem richtigen politischen Stallgeruch. Doch der Posten ging an eine Kabinettskollegin. Zum Trost bekam Haarder zusätzlich die Zuständigkeit für die Entwicklungszusammenarbeit.
Verändert hat sich die dänische Entwicklungspolitik schon seit im November 2001 die rechtsgerichtete Regierung die Sozialdemokraten abgelöst hat. Nach fast neun Jahren sozialdemokratischer Herrschaft (mit Unterstützung einiger kleinerer Parteien), übernahm nun eine neue Regierung das Ruder. Unter Premierminister Anders Fogh Rasmussen besteht sie aus der großen Liberalen und der etwas kleineren Konservativen Partei und ist als Minderheitsregierung auf die Unterstützung der Dänischen Volkspartei angewiesen. Diese verdankt ihren politischen Erfolg einer nationalistischen und fremdenfeindlichen Haltung. Sie macht besonders gegen Einwanderer und Flüchtlinge aus muslimischen Ländern Stimmung.
Seit den frühen sechziger Jahren konnte die dänische Entwicklungszusammenarbeit auf ein hohes Maß an politischem Konsens zählen, sowohl von Parteien der Mitte, als auch von politisch moderaten linken und rechten Parteien. Im internationalen Vergleich entwickelte sich Dänemark zu einem der führenden Länder auf diesem Gebiet und war Ende der neunziger Jahre und auch noch im Jahr 2000 das Land, in dem der höchste Anteil des Bruttosozialproduktes (BSP) für Entwicklungshilfe ausgegeben wurde. Zwischen 1999 und 2001 lag er bei knapp über einem Prozent. Darüber hinaus gab es eine Art Selbstverpflichtung, ein halbes Prozent vom BSP für Umwelt-, Friedens- und stabilitätssichernde Maßnahmen außerhalb Dänemarks, vor allem in Entwicklungsländern, auszugeben. Die jeweiligen Etatposten im Staatshaushalt wurden jährlich aufgestockt.
Im Jahr 2001 gab es, erstmals in der jüngeren Geschichte Dänemarks, einen größeren politischen Konflikt um die Entwicklungszusammenarbeit. Die neue liberal-konservative Regierung kürzte das Hilfsbudget um 1,5 Milliarden Dänische Kronen (gut 200 Millionen Euro). Der eingesparte Betrag sollte statt dessen dem dänischen Gesundheitswesen zugute kommen und dort die Wartelisten für bestimmte chirurgische Operationen, insbesondere der Hüften, verkürzen. Wie man sich vorstellen kann, gab es hitzige Debatten darüber, ob es moralisch und politisch korrekt sei, Geld, das eigentlich für die Ärmsten der Armen bestimmt war, umzuwidmen, um im dänischen Wohlfahrtsstaat die Wartezeiten für Operationen zu verkürzen.
Damit ist die dänische Entwicklungshilfe nun relativ von 0,96 Prozent des Bruttosozialprodukts im Jahr 2002 auf 0,84 Prozent im Jahr 2003 gefallen. Zukünftig wird sie noch weiter zurückgehen. Das bedeutet, dass jetzt Norwegen diejenigen OECD-Länder anführt, die den größten Anteil des Bruttoinlandsproduktes für Hilfe ausgeben: nämlich 0,92 Prozent im Jahr 2003 mit steigender Tendenz. Dennoch bleibt Dänemark unter den ersten fünf. Deutschland hingegen gab im selben Jahr lediglich 0,28 Prozent seines Bruttosozialproduktes auf diesem Gebiet aus, Tendenz ebenfalls steigend. In absoluten Zahlen ist Dänemark natürlich ein kleines Geberland. Der Nettogesamtbetrag für Entwicklungshilfe beträgt 1,747 Milliarden US-Dollar im Jahr 2003 gegenüber Deutschland mit seinen 6,694 Milliarden US-Dollar. Dabei muss man aber auch berücksichtigen, dass Dänemark gerade einmal etwas über 5 Millionen Einwohner gegenüber Deutschlands 83 Millionen hat.
Nun kann man die Ansicht vertreten, dass eine 10- bis 15-prozentige Kürzung des Entwicklungshilfeetats an und für sich noch keine schlechte Sache sein muss. Nicht alles Geld wird wirklich sinnvoll verwendet. Und die Beamten im Außenministerium haben immer mal wieder einen “Mittelabflusszwang”, müssen also innerhalb einer bestimmten Zeit noch Geld ausgeben. Von einem zurechtgestutzten Budget hätte also auch ein heilsamer Zwang zu einem insgesamt wirkungsvolleren Entwicklungshilfeprogramm ausgehen können. Allerdings wurden die Kürzungen in Höhe von 1,5 Milliarden Dänische Kronen mehr oder weniger übers Knie gebrochen, und es blieb keine Zeit für Feinabstimmungen. Das bedeutete, dass die Streichungen nach der Rasenmähermethode über das gesamte Ressort verteilt wurden und nahezu alle Länder und Sektoren betrafen. Eine problematische Folge des Zeitdrucks war, dass geplante, noch nicht begonnene Programme und Maßnahmen stärker betroffen waren als alte, gut eingeführte Projekte. Über letztere bestanden Regierungsabkommen, so dass es schwieriger war, sie aufzugeben. Was außerhalb der Reihe noch gefördert wurde, war eher zufällig und entsprechend der neuen Regierungslinie ideologisch eingefärbt.
Die Hilfe für drei von 18 geförderten Ländern wurde komplett aufgekündigt: für Simbabwe aus politischen Erwägungen, für Malawi wegen Korruption und für Eritrea wegen der fortgesetzten Verletzung von Menschenrechten. Für die vorgebrachten Motive und Argumente, warum sie die Projekte in diesen Ländern so Hals über Kopf beendete, handelte sich die Regierung sowohl von der Opposition als auch von einigen nichtstaatlichen Organisationen (NGOs) Angriffe ein. Besonders heftig wurde über ein kleines Geflügelprojekt für Frauen in Malawi diskutiert.
Danchurchaid, die durchführende Trägerorganisation, behauptete, dass die Frauen in dem Projekt von Dänemark völlig im Stich gelassen und auf einer Bankschuld sitzen bleiben würden, die sie nicht zurückzahlen könnten. Der Außenminister bestritt dies und warf Danchurchaid vor, diese Sache zu politisieren. Dieses winzige Projekt führte zu einem großen Streit im dänischen Parlament und Schlagzeilen in der internationalen Presse.
“Eine Welt der Unterschiede”, so heißt das im Juni 2003 beschlossene Programm. Und der Untertitel führt weiter aus: “Die Vision der Regierung im Hinblick auf neue Prioritäten der dänischen Entwicklungshilfe 2004-08". In mehrfacher Hinsicht bedeutet dieses Programm einen Bruch mit den früheren Strategien der dänischen Entwicklungszusammenarbeit, wenn auch keine völlige Abkehr.
In Einklang mit früherer Zielrichtung sagt auch die neue Grundsatzerklärung deutlich: “Armutsbekämpfung ist vorrangig”. Die 15 verbleibenden Programmländer gehören weiterhin zu den ärmsten Ländern der Erde (mit der Ausnahme Ägyptens). Es handelt sich um: Bangladesch, Nepal, Bhutan und Vietnam in Asien und Benin, Burkina Faso, Ghana, Ägypten, Kenia, Tansania, Uganda, Sambia und Mosambik in Afrika sowie Nicaragua und Bolivien in Lateinamerika. Unter den OECD-Staaten gibt es keine anderen Geberländer, die sich so stark auf die ärmsten Nationen konzentrieren. 2001 und 2002 gab Dänemark 0,51 Prozent der Hilfe an die Länder mit einem Pro-Kopf-Einkommen von weniger als 760 US-Dollar. Nur Norwegen, Holland und Schweden waren annähernd ähnlich konsequent. Die meisten Staaten unterstützten die ärmsten Entwicklungsländer mit weniger als 0,2 Prozent. Aus Sicherheitsinteressen und anderen politischen und wirtschaftlichen Erwägungen berücksichtigen die meisten Geberländer unter den Hilfsempfängern eine Reihe von besser gestellten Nationen, zum Beispiel jene mit mittleren Einkommen.
In den Ländern werden auch weiterhin jeweils bestimmte Sektoren gefördert, in der Regel drei. Hauptsächlich sind das Landwirtschaft, Gesundheit, Wasserversorgung und sanitäre Einrichtungen sowie Infrastruktur. Neu ist ein verstärktes Augenmerk auf den Bildungsbereich, was von vielen Beobachtern als fortschrittlicher Ansatz begrüßt wird. Auf die Entwicklung der privaten Wirtschaft wird ebenfalls mehr Wert gelegt. In einigen Ländern gibt es entsprechende Sektorprogramme, in allen Ländern joint ventures als Gemeinschaftsunternehmen zwischen dänischen Firmen und privaten Kleinunternehmen. Diese Bestrebungen decken sich mit der unternehmensfreundlichen Ausrichtung der Regierung. Dass solche Privatsektorprogramme von der dänischen Entwicklungshilfeorganisation Danida im Jahre 2001 in Vietnam, Ägypten und Ghana sehr kritisch bewertet wurden, bleibt dabei völlig außer Acht.
Seit den sechziger Jahren hielten sich multi- und bilateraler Teil der dänischen Entwicklungshilfe die Waage. Das liegt in erster Linie daran, dass Dänemark der Unterstützung der Vereinten Nationen (UN) und des gesamten multilateralen Systems in deren Umfeld große Bedeutung beimaß. Nur wenige andere Länder können sich daran messen. Die Mehrzahl der Geberländer zieht es vor, ihre Hilfe bilateral abzuwickeln. So haben sie es eher in der Hand, mit der Entwicklungshilfe eigene politische und wirtschaftliche Interessen zu verbinden. In den Jahren 2002 und 2003 lag der Teil der bilateralen Entwicklungshilfe Dänemarks leicht unter 60 und der der multilateralen leicht über 40 Prozent.
Die vorangegangenen sozialdemokratisch geführten Regierungen hatten eine Politik der “aktiven multilateralen Entwicklungshilfe” eingeführt. Damit war eine etwas stärkere Steuerung der Mittel für multilaterale Organisationen gemeint. Dies schlug sich darin nieder, dass Dänemark die Beiträge für UN-Sonderorganisationen wie die für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) und die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) zurückfuhr. Denn sie galten als in hohem Maße bürokratisch und bei der Verwendung ihrer Gelder wenig effizient. Auch der beträchtliche Beitrag der Dänen zum Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) wurde etwas heruntergeschraubt. Diese Politik setzt die neue Regierung fort. Zusätzlich hat man jetzt der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) die dänische Unterstützung gekürzt. Die Hilfe macht nur noch die Hälfte des bisherigen Betrages aus. Und prompt handelte sich die Regierung den Vorwurf ein, aus ideologischen Gründen so gehandelt zu haben.
Auch die größten dänischen NGOs, die sich mit Entwicklungshilfe befassen, bekommen den schärferen Wind zu spüren. Besonders Mellemfolkeligt Samvirke (MS), der Dänische Verein für Internationale Zusammenarbeit, musste eine beträchtliche Kürzung hinnehmen. Tausende von Freiwilligen und Entwicklungshelfern hat der Verein seit den sechziger Jahren in zahlreiche Länder Afrikas und einige asiatische und lateinamerikanische Länder entsandt. In geringerem Maße gilt dies auch für andere große NGOs wie Ibis, CARE und Danchurchaid. Die Zuwendungen für die Projekte des Gewerkschaftsbüros für Entwicklungsländer wurden über Nacht aus dem Staatshaushalt gestrichen, was jede Menge Turbulenzen erzeugte. Die Organisationen beschuldigten die Regierung, die Arbeit der NGOs beschränken zu wollen, die insgesamt eine kritische Haltung gegenüber der neuen Linie in der Entwicklungspolitik einnahmen, insbesondere gegenüber den Kürzungen des Entwicklungshilfeetats.
In ihrem Programm “eine Welt der Unterschiede” erstellte die Regierung eine neue Liste von Prioritäten für die dänische Entwicklungshilfe: “Die Regierung wird ihre Außen- und Entwicklungspolitik stärken, indem sie die dänische Entwicklungshilfe auf fünf Gebiete konzentriert.” Das erste umfasst Menschenrechte, Demokratisierung und gute Regierungsführung (Good Governance). Zweitens will sie sich für Stabilität, Sicherheit und den Kampf gegen den Terrorismus einsetzen. An dritter Stelle geht es um das Engagement für Flüchtlinge und um humanitäre Hilfe in den jeweiligen Herkunftsregionen. Das Thema Umwelt kommt an vierter Stelle, und als letzter Punkt steht die Förderung der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung auf der Agenda.
Obwohl die Reihenfolge der Auflistung nicht erklärtermaßen nach der Gewichtung erfolgt ist, ist sie auch nicht zufällig. In dem Zusammenhang ist es höchst interessant, dass Stabilität und Flüchtlinge an zweiter und dritter Stelle erwähnt werden, während die soziale und wirtschaftliche Entwicklung - in gewissem Maße synonym zum zuvor unbestritten vorrangigen Ziel der Armutsbekämpfung - an das Ende der Aufzählung gerutscht ist.
Der erste Punkt Menschenrechte, Demokratisierung und Good Governance hatte schon unter den vorherigen Regierungen Vorrang, und es besteht ein grundlegender politischer Konsens über ihre Bedeutung für die Entwicklungszusammenarbeit.
Stabilität, Sicherheit und Kampf gegen den Terrorismus erhalten offensichtlich seit dem 11. September 2001 allerseits ein großes Gewicht. Einige der Maßnahmen der dänischen Regierung sind von der pro-amerikanischen beziehungsweise unterstützenden Haltung gegenüber Präsident Bush geprägt. Dänemark war eines der wenigen Länder der Europäischen Union (EU), die an der Seite der US-Truppen Soldaten in den Irak-Krieg geschickt haben. Diese Entscheidung wurde von den Oppositionsparteien heftig attackiert. Doch die dänische Regierung blieb einer der loyalen, wenn auch kleinen - manche würden sagen symbolischen - Alliierten der US-geführten Koalition gegen den Terror. So hat die Regierung einen Betrag in der Höhe von 100 Millionen Dänischer Kronen, was knapp 14 Millionen Euro entspricht, für Entwicklung im Irak bereit gestellt und eine “arabische Initiative” entwickelt. Sie zielt darauf ab, die Regierungen und Zivilgesellschaften im arabischen Raum zu beeinflussen und zu demokratisieren, “um den Bedrohungen insbesondere durch die zunehmende Kluft zwischen der westlichen und der arabischen Welt entgegenzuwirken”. NGOs kritisierten, dass Geld in den relativ reichen arabischen Ländern eingesetzt werden soll, das andernfalls den viel ärmeren Ländern südlich der Sahara zugute gekommen wäre.
Den Themen Flüchtlinge, humanitäre Hilfe und Herkunftsregionen gilt besondere Aufmerksamkeit der Regierungspolitik. Dänemark hat traditionell seinen Teil an Flüchtlingen aus verschiedenen Regionen der Welt aufgenommen. Darunter viele Menschen aus Sri Lanka, dem Iran, Irak, Somalia und dem ehemaligen Jugoslawien. Eine entsprechende Rolle im Wahlkampf und beim Ergebnis der Wahlen 2001 spielten das Thema Flüchtlinge und alles, was damit zusammenhängt wie Rückführung von Flüchtlingen, Integration ethnischer Minderheiten, Einwanderung und Nachzug von Familienmitgliedern. Die Liberale Partei und die Dänische Volkspartei konnten zweifelsohne wegen ihrer restriktiven Politik in diesen Bereichen viele Stimmen gewinnen. Als Teil der neuen Politik versucht die Regierung, die Zahl der nach Dänemark kommenden Flüchtlinge mit allen Mitteln zu verringern. Auch die Entwicklungspolitik wird dafür eingesetzt: “Der Schwerpunktansatz erfolgt aus dem Wunsch, den Flüchtlingen und Vertriebenen möglichst heimatnah zu helfen, damit sie leichter zurückkehren können, während gleichzeitig die politischen Probleme in den Gastländern verringert werden”. Diese Strategie umzusetzen - zum Beispiel in den Gebieten, die an Sudan und Somalia angrenzen - hat sich als schwierig erwiesen. Unter den Ländern der Europäischen Union herrscht große Uneinigkeit, und der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen verfolgt die Initiativen der dänischen Regierung mit einiger Skepsis.
Das Aufgabenfeld Umwelt hatte unter der früheren Regierung einen hohen Stellenwert. Die neue Regierung hat den gesonderten Haushaltsposten Hilfe für Umwelt, Frieden und Stabilität aufgegeben, den frühere Regierungen eingeführt hatten. Dennoch bleiben Umweltfragen wichtig im Rahmen der dänischen Entwicklungshilfe. 16 Prozent des Budgets wurden 2003 für diese Bereiche verwendet, ebenso wie Gleichberechtigung der Geschlechter und Menschenrechte als Querschnittsaufgabe. In Zeiten der globalen Erwärmung - und dem Handel mit Emmissionsrechten - legt die dänische Regierung ein neues Augenmerk auf den Gebrauch von “sauberen Entwicklungsmechanismen” (vergl. “der überblick” 4/2001) für Projekte in Entwicklungsländern und Osteuropa. Dort sollen weniger Treibhausgase ausgestoßen werden. Diese Verringerungen aber sollen dann Dänemarks Engagement zugeschrieben werden und so die Notwendigkeit von Emissionsbegrenzungen zu Hause mindern. Gemäß ihrer ideologischen Orientierung wird die Regierung “dazu beitragen, einen breiten und funktionsfähigen Markt für den Handel mit Emissionsrechten aufzubauen”.
Im Programmpunkt soziale und wirtschaftliche Entwicklung geht es in allererster Linie um den Kampf gegen die Armut. Auch wenn dieser Aspekt das Schlusslicht der Liste bildet, bleibt es doch der Bereich, für den der Großteil der Mittel bereit gestellt wird. Armutsbekämpfung ist weiterhin das Hauptziel aller Sektorprogramme in den 15 Programmländern. Aber es wird mehr Gewicht auf die Entwicklung des Privatsektors in der Wirtschaft und stärkere Liberalisierung des Handels gelegt. Letztere führte zu ausgiebigen politischen Debatten über die Haltung der Regierung in der brandheißen und ungeklärten Frage der Agrarsubventionen, die maßgeblich zum Scheitern der Verhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO) in Cancún beigetragen haben. Zur Stammwählerschaft der Liberalen Partei gehören die dänischen Bauern, die von der gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union außerordentlich profitieren. Die Regierung musste sich den Vorwurf gefallen lassen, in Sachen Abbau von Subventionen, welche die Agrarexporte der Entwicklungsländer behindern, nur Lippenbekenntnisse von sich zu geben.
Trotz allem gilt: Dänemark ist nach wie vor eines der Geberländer mit dem größten Hilfsetat im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt. Und obwohl sich die Rangfolge verschoben hat, gibt es nur wenige, die ihre Hilfe so konsequent in die ärmsten Länder der Welt fließen lassen.
Das Gute und Neue: Die Entwicklungshilfe ist, seit die neue Regierung im November 2001 an die Macht gekommen ist - vielleicht zum ersten Mal überhaupt - zu einem großen politischen Thema in Dänemark geworden.
aus: der überblick 03/2004, Seite 32
AUTOR(EN):
Steen Folke:
Steen Folke ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Leiter des Forschungsprogramms zu Auswirkungen von Entwicklungshilfe am Dänischen Institut für Internationale Studien in Kopenhagen.