Hilfe im korrupten Staat
Wenn Hilfe danach vergeben wird, in welchen Ländern sie am ehesten Entwicklung fördert, dann kann Togo nicht zu den Empfängern gehören. Das Regime von Staatspräsident Eyadema begünstigt die Korruption, untergräbt die Rechtssicherheit und behindert eine sachorientierte Politik. Die Bundesregierung hat denn auch ihre Entwicklungshilfe an Togo praktisch eingestellt. Für den EED und "Brot für die Welt" gehört der kleine westafrikanische Staat jedoch zu den Schwerpunktländern. Und das gerade wegen der schwierigen politischen Verhältnisse und weil die staatliche Zusammenarbeit eingeschränkt ist.
von Bernd Ludermann
Der EED unterstützt dabei die Entwicklungsarbeit der protestantischen Kirchen und "Brot für die Welt" die von nichtstaatlichen Organisationen (NGOs). Die Kirchen können stärker als die Bundesregierung an Togos Regierung vorbei helfen. Damit ist die Hoffnung verbunden, auch politischen Wandel zu unterstützen. Ein Ansatz ist, Initiativen zu fördern, die auf die Rahmenbedingungen in Togo einwirken wollen. So unterstützt der EED den Plan der Evangelisch-Presbyterianischen Kirche (EEPT), Gemeinden zu Konfliktschlichtung und Menschenrechtsarbeit zu befähigen, und "Brot für die Welt" fördert eine Menschenrechts-NGO. Doch solche Gruppen sind in Togo selten und schwach, das Potenzial für diese "politische" Hilfe ist begrenzt.
Ein zweiter wichtiger Ansatz ist, der Kirche von außen Rückhalt zu geben. Mehrere Kirchen sind wegen Stellungnahmen für mehr Demokratie unter Druck geraten. Die Norddeutsche Mission, aus der die EEPT hervorgegangen ist, und die EKD haben zusammen mit ihren Pendants aus Frankreich ökumenische Solidarität mit diesen Kirchen demonstriert. Und sie fordern, dass Deutschland und Frankreich stärker auf eine Demokratisierung in Togo drängen. Solcher Druck könnte wirken, da Togo ein kleiner und schwacher Staat ist. Nur: Da Togo auch weltpolitisch unbedeutend ist, will Berlin, obwohl es den Argumenten der Kirchen mit Sympathie begegnet, deswegen keinen Streit mit Paris riskieren. Frankreich nimmt bisher eine Eyadema-freundlichere Haltung ein als der Rest Europas.
Die Chancen, von außen die Rahmenbedingungen zu beeinflussen, sind für kirchliche Werke also begrenzt. Sie fördern in Togo vielfach Projekte von NGOs, die sich zum Beispiel um Straßenkinder oder die Verbesserung der Landwirtschaft kümmern. Unter den gegenwärtigen politischen Bedingungen wird das kaum eine dauerhafte Entwicklung bewirken. Doch die Hoffnung der Werke ist, mit dieser Hilfe auch die Zivilgesellschaft am Leben zu halten und so irgendwann politischen Wandel zu erleichtern. Dass dies eintritt, ist ungewiss. Sollte man die Hilfe deshalb einstellen? Oder hieße das die Togolesen im Stich lassen, sie ihrer Regierung völlig ausliefern? Die Frage zeigt, dass die Ausrichtung aller Hilfe auf gut regierte Länder in ein Dilemma führt: Danach bekämen gerade die nichts, wo die Menschen am meisten in Not sind - wegen der schlechten Regierung.
aus: der überblick 01/2003, Seite 105
AUTOR(EN):
Bernd Ludermann :
Bernd Ludermann war viele Jahre Redakteur beim "überblick". Er arbeitet jetzt als freier Journalist in Hamburg und betreut unter anderem als Redakteur die Forum-Seiten im "überblick".