von Georgi Peniachki
Simbabwes Ärzte, Krankenschwestern und Apotheker wandern aus. Nach einer Studie von Abel Chikanda, Dozent an der Universität von Simbabwe, gehen die meisten nach Großbritannien und Südafrika; aber auch die USA und andere angelsächsische Länder sind beliebte Ziele. Die Krankenschwestern und Apotheker bevorzugen Großbritannien, die Ärzte Südafrika und Botsuana. 2346 Krankenschwestern haben im Jahr 2002 eine Arbeitserlaubnis in Großbritannien bekommen. Simbabwe belegt dort Rang vier nach den Philippinen, Indien und Südafrika. In den USA verdient eine Krankenschwester fast das Zehnfache wie in Simbabwe.
Verstärkt wird die Personalknappheit im öffentlichen Gesundheitswesen von Simbabwe auch durch Abwanderung zum privaten Sektor. In privaten Kliniken arbeiten fast dreimal so viele Ärzte wie in staatlichen Krankenhäusern. Die privaten Einrichtungen zahlen höhere Gehälter und verlangen für medizinische Leistungen entsprechend höhere Gebühren.
Die Regierung versucht die hohe Emigrationswelle auf verschiedene Weise zu stoppen. Seit 1997 müssen alle Ärzte und Krankenschwestern nach dem Studium mindestens drei Jahre lang im öffentlichen Sektor arbeiten. Erst danach können sie sich eine andere Arbeit zu suchen, zum Beispiel im privaten Sektor, der auch als Sprungbrett ins Ausland dient. Diese Dienstverpflichtung führt allerdings auch zu steigender Unzufriedenheit, was wiederum den Wunsch auszuwandern erhöht. Damit Ärzte das Land nicht deshalb verlassen, weil sie keine Weiterbildungsmöglichkeiten haben, wurden neue Ausbildungs- und Spezialisierungsprogramme entwickelt. Die Gehälter werden wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten ständig erhöht, aber die Hyperinflation wird dadurch nicht aufgewogen. Um auch entlegene Gebiete mit Gesundheitspersonal zu versorgen, dürfen Ärzte nun auch außerhalb ihres zuständigen Bezirks arbeiten und damit zusätzliches Geld verdienen. Die dafür nötige zusätzliche Arbeitszeit wird gleichwohl kaum voll bezahlt. Das hat zu Protesten geführt.
Der chronische Mangel an medizinischem Personal besonders in den ländlichen Gebieten hat die Regierung dazu bewogen, auch Ärzte im Ausland anzuwerben. Im Jahr 2002 praktizierten in Simbabwe 117 kubanische Ärzte. Die Regierung rekrutiert auch Mediziner aus der Demokratischen Republik Kongo.
Der Versuch, simbabwische Ärzte im Ausland zur Rückkehr zu bewegen, war bislang wenig erfolgreich. Im Rahmen eines von der International Organization of Migration (IOM) unterstützten Reintegrationsprogramms für Akademiker in den Jahren 1995 bis 1998 ließen sich beispielsweise nur elf Ärzte, zwei Apotheker und ein Zahnarzt zur Rückkehr bewegen. Der Journalist und Autor Geoff Hill, der in Johannesburg als Korrespondent für die Washington Times und den Sidney Morning Herald arbeitet, schrieb 2004, dass zwischen 70 und 90 Prozent der Akademiker Simbabwes bereits im Ausland arbeiteten. Nach einer Untersuchung des Technologiezentrums von Simbabwe (SIRDC) aus dem Jahr 2003 sind von allen Menschen, die Simbabwe verlassen, 24,6 Prozent Mediziner, 20 Prozent Lehrer sowie 23,1 Prozent Ingenieure und sonstige Wissenschaftler. Von den 13 Millionen Simbabwern leben schätzungsweise drei Millionen außerhalb ihres Landes. Wegen der wirtschaftlichen Krise des Landes ist das Geld, das die Auswanderer nach Hause überweisen, zur Devisenquelle Nummer eins geworden. Dass die meisten Simbabwer ihr Land verlassen wollen, zeigen aktuelle Umfragen: Etwa 70 bis 90 Prozent haben Pläne auszuwandern meist nach Südafrika oder Botsuana. Die Arbeitslosenquote in Simbabwe liegt zurzeit bei 50 bis 70 Prozent und die Inflationsrate bei circa 100 Prozent pro Monat. Wer einen Kühlschrank für seine Familie kaufen, ihr ein Haus bauen will, kann das nur, wenn er ins Ausland geht.
aus: der überblick 03/2005, Seite 18
AUTOR(EN):
Georgi Peniachki