In Simbabwe kämpfen nichtstaatliche Organisationen (NGOS) mit großen Problemen. Doch Entwicklungsarbeit ist weiter möglich und jetzt besonders nötig, erklärt Herbert Makuwa. Er ist Direktor der Beratungsfirma SABI Consulting, die sowohl Firmen als auch Partnerorganisationen des EED in organisatorischen und Finanzfragen unterstützt. Makuwa hat zuvor in Harare bei einer internationalen Bank gearbeitet, dann in den USA Betriebswirtschaft studiert und war Anlage-Analytiker für transnationale Unternehmen.
Gespräch mit Herbert Makuwa
Wie wirkt sich das wirtschaftliche Chaos in Simbabwe auf die Arbeit der NGOs aus, die Sie beraten?
Es verursacht große praktische Probleme. So sind NGOs wegen des Benzinmangels kaum noch in der Lage, zu den Gemeinden zu fahren, in denen sie Projekte haben. Für meine Beratungsfirma ist das ähnlich: Ein- oder zweimal pro Woche gibt es in Harare an einer Tankstelle Benzin, dann stellen wir uns mit unseren Autos in die Schlange und füllen sie. Mit dem Benzin gehen wir dann äußerst sparsam um. Ein weiteres Problem ist der Mangel an Grundnahrungsmitteln. Viele NGOs müssen ihre Arbeit von nachhaltiger Entwicklung auf Nothilfe umstellen, um die dringenden Bedürfnisse nach Nahrung, Kleidung und Behausungen zu befriedigen.
Wie viele Simbabwer hängen von Nahrungsmittelhilfe ab?
Zahlen dazu kenne ich nicht. Aber ich weiß, dass viele internationale NGOs Nahrungsmittelhilfe leisten und die Maisernten in den vergangenen sieben Jahren schlecht waren. Mais muss seit einigen Jahren zum großen Teil importiert werden. Selbst ich habe zu Hause nicht mehr ausreichend Speise-Mais, und ich lebe in der Hauptstadt und kann viel besser als Menschen anderswo verschiedenste Quellen nutzen. Ganz sicher hat ein großer Teil der Bevölkerung nicht genug.
Woher beziehen NGOs die Hilfsgüter, die sie verteilen? Wird der Zugang dazu vom Staat oder der Regierungspartei kontrolliert?
Viele NGOs waren bei der Beschaffung von solchen Hilfsgütern sehr innovativ. Zum Beispiel bei Benzin: Wenn es keins gibt, handeln lokale NGOs mit ihren Unterstützern im Norden ein so genanntes Arrangement über Benzin- Direktimporte aus. Das heißt eine NGO nutzt Devisen, die sie aus dem Norden erhält, um per Tanklaster Benzin aus einem Nachbarstaat zu importieren und den Treibstoff zu lagern, bis er gebraucht wird.
Funktioniert das so auch bei Nahrungsmitteln wie Mais?
Nicht ganz. NGOs wie zum Beispiel Christian Care haben Netzwerke, über die sie Mais für Hilfsleistungen beziehen. Aber alle Importe von Mais müssen von der Regierung genehmigt werden man kann ihn nicht einfach einführen. Daher müssen NGOs hier den Weg über die lokalen Behörden gehen. Soweit ich weiß, ist es sehr schwierig, von ihnen solche Genehmigungen zu bekommen. Hier ist innovatives Vorgehen gefragt.
Leiden lokale NGOs auch unter der Abwanderung von qualifiziertem Personal?
Oh ja. Schon 2003 haben wir eine Umfrage durchgeführt, um festzustellen, warum das Personal der NGOs so schnell wechselt. Einer der Gründe war die Abwanderung von gut Ausgebildeten in Nachbarländer und zum Teil auch nach Übersee. Der Verlust an qualifizierten Leuten ist sehr hoch.
Sind NGOs politischen Repressionen ausgesetzt oder können sie, wenn sie sich nicht offen politisch äußern, weiter arbeiten?
Darüber gibt es besorgte Diskussionen. Das Gesetz über ihre Arbeit sollte vor Kurzem verschärft werden, um zum Beispiel strengere Berichtspflichten gegenüber den Behörden und neue Beschränkungen in Bezug auf Geldquellen und Arbeitsbereiche einzuführen. Das hätte den Spielraum von NGOs eingeengt sowohl von lokalen als auch von internationalen. Das Parlament hat den Gesetzentwurf debattiert, aber der Staatspräsident hat ihn noch nicht in Kraft gesetzt. Trotzdem wenden manche Behörden einzelne Bestimmungen des neuen Gesetzes an ob zu Recht oder nicht.
Und dagegen können betroffene NGOs wenig tun, oder?
Richtig. Das hängt aber auch davon ab, um welche NGOs es sich handelt. Manche weisen die Forderungen der Behörden als ungesetzlich zurück und schaffen es, ihre Position zu behaupten. Andere fügen sich den Vorschriften und versuchen, weiter zu arbeiten.
Ist Entwicklungsarbeit unter all diesen Umständen überhaupt noch möglich?
Ja. NGOs leisten immer noch sehr gute Entwicklungsarbeit. Und das ist jetzt nötiger als jemals zuvor.
Wie unterstützt Ihre Beratungsfirma Partnerorganisationen des EED in Simbabwe?
Wir konzentrieren uns auf das, was wir gut können, und das ist Unterstützung zum Aufbau starker organisatorischer Strukturen. Dazu gehören zum Beispiel das Finanzmanagement und die Qualifikation der Mitarbeitenden. Neben der NGO-Abteilung haben wir eine zweite für die Beratung von Privatfirmen. Hier besitzen wir in der Unterstützung für das Finanz-Management, etwa beim Kauf von Firmen, einen Schwerpunkt.
Führt der wirtschaftliche Niedergang auch dazu, dass Sie weniger Aufträge von privaten Firmen erhalten?
Ja. Die simbabwische Industrie arbeitet bei unter 50 Prozent ihrer Kapazität. Den Firmen geht es sehr schlecht. Es geht für sie jetzt nicht darum zu wachsen, sondern nur darum, die Krise zu überleben. Investitionen oder auch Käufe anderer Firmen werden auf Eis gelegt, und damit sind wir weniger gefragt.
Wie sind Sie als Banker dazu gekommen, NGOs zu unterstützen?
Das geht schon auf den Beginn meines Berufslebens zurück. Als ich in Harare für die Barclay's Bank gearbeitet habe, habe ich ehrenamtlich karitative Initiativen unterstützt, die Geld für Bedürftige gesammelt haben.
Erleichtert oder erschwert es in Simbabwe die Arbeit einer NGO, wenn sie Beziehungen zu ausländischen NGOs hat?
Nach meiner Beobachtung ist das eher eine Erschwernis. Dieser Eindruck beruht aber nur auf meiner Beratung von NGOs, ich vertrete selbst keine Hilfsorganisation. Mir scheint, wenn eine NGO Geld aus dem Ausland erhält, wird ihre Arbeit schwieriger. Für solche NGOs sah der Gesetzentwurf strengere Berichtspflichten vor und Einschränkungen der Tätigkeitsbereiche; so dürfen sie nicht zu Menschenrechten und Fragen der Regierungsführung arbeiten. Dennoch wird Unterstützung von Außen gebraucht.
Eine Reihe Geberorganisationen verringern ihr Engagement in Simbabwe. Haben Sie den Eindruck, dass sie gehen, wenn sie am meisten gebraucht werden?
Ja, ohne Zweifel. Jetzt ist genau der Zeitpunkt, an dem sie eigentlich standhalten sollten. Die NGOs in Simbabwe benötigen Solidarität, Unterstützung für die Förderung der nachhaltigen Entwicklung und auch Nothilfe. Denn man kann nicht mit Menschen, die Hunger leiden, darüber reden, wie wichtig nachhaltige Entwicklung, Lernen und Änderungen der eigenen Einstellung sind.
aus: der überblick 04/2007, Seite 104
AUTOR(EN):
Die Fragen stellte Bernd Ludermann.