João sei er hier genannt, ein Mosambikaner, der in der DDR Kenntnisse in Drucktechnik und Layout erworben hatte. Nach seiner Rückkehr in die Heimat lebte er zunächst in eher ärmlichen Verhältnissen in Maputo, bis er vor gut zehn Jahren eine Geschäftidee hatte. Diese überzeugte einen reicheren Freund so sehr, dass er João dafür Kredit gab. Das Geld investierte João in einen Farblaserdrucker eine damals ganz neue Technik , in einen modernen Scanner, in das neuste Pagemaker-Layoutprogramm einen Computer hatte Jono schon und in das Schmiergeld für einen Zollbeamten, damit er alles zollfrei importieren konnte. Er mietete einen preiswerten kleinen Laden in einem versteckten Hinterhof. Für Werbung brauchte er kein Geld auszugeben, ja konnte es gar nicht, denn sein neues Metier erforderte Verschwiegenheit. João war jetzt nämlich Quittungsmacher.
Mund-zu-Mund-Flüsterpropaganda führte ihm die Kunden zu, vor allem Vertreter westlicher Firmen und Organisationen in Mosambik. Und João fertigte Quittungen an, die fast besser waren als Originale. Etwa Übernachtungsquittungen von Hotels für Konferenzen, die nie stattgefunden hatten, oder Benzinbelege, die jeder Rechnungsprüfer weit eher akzeptiert als die Originalquittung einer Dorftankstelle, die aus simplem Karopapier besteht, auf dem in ungeübter Handschrift steht: "70 Liter Benzin Hilda."
Feste Preislisten gibt es bei João nicht, doch stehen
seine Preise in gewisser Relation zu den Summen,
die auf den Quittungen erscheinen.
In Thailand, so bekennt ein Geschäftsmann,
habe er ein Ritual kennengelernt, das hilft, auch
bei krummen Touren sein Gesicht zu wahren.
Auf keinen Fall dürfe man Geld anbieten, um den
Zuschlag für einen Auftrag zu erhalten. Das würde
den Geschäftspartner brüskieren, ihn als bestechlich
brandmarken. Man kann aber beim Verhandlungsgespräch
unauffällig einen Umschlag
zu Boden fallen lassen, dann ihn entdecken und
den Partner aufmerksam machen: "Sie haben
da etwas verloren." Der Partner wird dann den
Umschlag aufheben, hineinschauen und schnell
die Summe abschätzen, die darin enthalten ist.
Wenn sie ausreicht, wird er sich herzlich für den
Hinweis auf den Verlust bedanken. Reicht sie
nicht aus, kann er entgegnen: "Nein, das ist nicht
meins. Schauen Sie selbst mal nach, ob Sie das
nicht verloren haben." Dann lässt sich das Ritual
bei einem späteren Gespräch mit höherer Summe
wiederholen. In jedem Fall ist keiner bestechlich,
weil er nur einsteckt, was ihm ohnehin gehört.
Wer in der ukrainischen Provinz ein schwaches
Herz hat, sollte zumindest starke Nerven und noch
etwas Geld im Portemonnaie haben, wenn ihn ein
Infarkt ereilt. Denn damit der Rettungswagen rettet,
sind zunächst ein paar Zahlungen zu leisten,
wie Konrad Schuller am 21. März dieses Jahres in
einer FAZ-Reportage schildert. Der Rettungswagen
muss zum Beispiel tanken und der Tankwart
verlangt dafür Geld. Die knappe staatliche Benzinzuteilung
reicht selten, zumal ein Teil davon
vom Sanitätspersonal in ihre Privatautos umgefüllt
wurde, damit diese wieder fahrtüchtig werden.
Das ist nur recht und billig, wenn beispielsweise
die Rettungswagenbesatzung von ihrem je 70 Euro
Monatslohn bereits runderneuerte Reifen für den
Krankenwagen gekauft hat, um ihr eigenes Leben
nicht zu gefährden. Vom Staat gibt's schließlich
noch lange keine neuen Reifen. Oft bemerken die
Patienten den Griff in ihre Geldbörse kaum, wenn
sie etwa stark nach Trojnoj Eau de Cologne duften,
"das stärker als der teuerste Wodka und billiger als
der billigste Fusel ist", wie Schuller schreibt. Aber
wenn so beiden Seiten geholfen wird? Prosit
heißt übersetzt, es möge nützen.
In Liberias Behörden verschwanden laut einem
BBC-Bericht in letzter Zeit immer mehr Dinge.
Dienstfahrzeuge, zum Beispiel, aber auch immer
mehr Möbel und andere Materialien. Unter
der Übergangsregierung bis Ende 2005 seien jedes
Jahr Landesreichtümer im Wert von mehr als
dem Staatshaushalt in privaten Taschen gelandet,
schreibt Stephen Ellis in Current History im Mai
2006. Im Finanzministerium fehlten Anfang Februar
sogar sämtliche Beamte. Deren Verschwinden
hatte aber eine eindeutige Ursache: Liberias
neue Präsidentin, Ellen Johnson-Sirleaf hatte sie
allesamt fristlos entlassen. Die grassierende Korruption,
so begründete sie die Entlassung nach
einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung vom
3. Februar 2006, habe Liberia vor der Staatenwelt
und den Geberländern blamiert. Lange werden
die Posten aber wohl nicht vakant bleiben. Die
Stellen wurden neu ausgeschrieben, und auch
die Entlassenen können sich erneut bewerben.
Vielleicht helfen dabei auch kleine Aufmerksamkeiten.
Bei dem Chaos, das in Südafrika mancherorts in der Aktenführung herrscht, kann es schon mal vorkommen, dass etwas nicht korrekt registriert und dadurch verwechselt wird oder verloren geht. Warum sollte dann jemand keinen Finderlohn bekommen, der den richtigen Tipp gibt, um der Sache wieder habhaft zu werden?
Den "Finderlohn", von dem hier die Rede sein soll, zahlen allerdings südafrikanische Beerdigungsunternehmen an diejenigen, die auf ganz besondere Fundsachen stoßen, zum Beispiel auf eine frische Leiche. Zwar sind auch im Leichenschauhaus schon Verstorbene verlorengegangen. Aber das ist eher eine Randbemerkung in dem Dossier, das der Südafrikanische Kirchenrat (SACC) laut einem Bericht der Sunday Times vom 11. Juni 2006 gerade über die Korruption im Bestattungswesen erstellt hat. In dem Dossier geht es vor allem darum, wie dieses Gewerbe in Südafrika zu einem durch und durch korrupten Geschäftszweig verkommen ist.
Manchmal wird schon kassiert, wenn die Leiche noch gar keine ist. Polizisten, Fahrer von Unfallwagen und Abschleppunternehmer beispielsweise, nennen gegen eine lukrative Prämie einem Bestattungsunternehmer die Personalie eines Schwerverletzten, der kaum Überlebenschancen hat, damit jener als erster bei den Hinterbliebenen vorsprechen kann. Denn etwas später ist die Konkurrenz schon größer. Vor den Leichenhallen von Krankenhäusern, so heißt es in dem Dossier, fänden zwischen den Bestattern regelrechte Auktionen darüber statt, wer den Zuschlag für welchen Todesfall bekommt.
Das Dossier schildert auch, warum das Bestattungsgeschäft so lohnend sein kann. Da wird etwa ein teurer Sarg unmittelbar vor der Einäscherung gegen eine billige Holzkiste eingetauscht. So kann der Sarg erneut verkauft werden. Zumindest werden kurz vor der Einäscherung wertvolle Griffe und Beschläge von Särgen entfernt und am nächsten Sarg wieder angebracht.
Die Angehörigen wollen meistens ihre verstorbenen Familienmitglieder würde- und liebevoll auf die letzte Reise schicken. Deshalb werden die Verblichenen mit ihrem teuersten Anzug oder Kleid und oftmals mit Schmuck in den Sarg gelegt, Kinder etwa mit einem neuen Teddybären. Viel zu schade, das zu begraben oder zu verbrennen, finden viele Beschäftigte von Bestattungsinstituten oder Krematorien, und führen die wertvollen Utensilien wieder dem Wirtschaftskreislauf zu. Nicht alle von ihnen kommen allerdings so früh zum Zuge. Doch auch aus der Asche lässt sich noch Wertvolles bergen: Goldzähne etwa, oder Titan und andere bei Operationen und für Prothesen verwendete Metalle.
"Die Bestattungsindustrie ist wie ein Supermarkt geworden,
und die Beerdigungsunternehmer handeln
mit Leichen wie mit Lebensmitteln", kommentierte
Gift Morane, der für den SACC die Untersuchung
leitete, "das Gewerbe ist total verkommen".
Seit der Jahreswende 2002/2003 befindet sich Kenias früherer Oppositionschef Mwai Kibaki in the driver's seat, wie es auf Englisch so schön heißt. Mit einer Kampagne gegen Korruption konnte er bei den Wahlen den langjährigen Regierungschef Daniel arap Moi besiegen und lenkt nun mit seiner Koalitionsregierung aus einem bunten Spektrum von Parteien die Geschicke des Landes. Wer auf dem Fahrersitz sein will, muss natürlich auch das geeignete Fahrzeug dafür haben. An Fahrzeugen mangelt es der Regierung Kibaki inzwischen offenbar nicht mehr. Wie die nationale Menschenrechtskommission und die kenianische Sektion von Transparency International in einer Ende Januar 2006 erschienenen gemeinsamen Studie über Verschwendung bei der neuen Regierung herausgefunden haben, hat die Regierung zwischen Januar 2003 und September 2004 umgerechnet rund 9,4 Millionen Euro für Luxuslimousinen ausgegeben, darunter 57 Mercedes Benz Limousinen und 42 Toyota Landcruiser Geländefahrzeuge.
Mit der für diese Autos ausgegebenen
Summe, so die beiden Organisationen, hätte acht
Jahre lang der Gundschul-Unterricht für 25.000
Kinder finanziert werden können. Aber vielleicht
will die Regierung die Kinder ja im Mercedes zur
Schule bringen.
Nigerias Vizepräsident Atiku Abubakar dürfte nicht gerade glücklich darüber sein, dass 90.000 US-Dollar quasi eingefroren sind, die ihm ursprünglich seitens des US-Kongressabgeordneten William Jefferson zugedacht waren. Jefferson kontrolliert ein Technologieunternehmen, das gerne Geschäfte mit Nigeria machen würde.
Ein US-Gericht in Greenbelt, Maryland, hat laut
International Herald Tribune vom 8. Juni 2006 jetzt
Dokumente veröffentlicht, die zeigen, dass Jefferson
geplant habe, an Abubakar insgesamt eine
halbe Million US-Dollar in Bar zu zahlen, damit
seine Geschäftsvorhaben von der nigerianischen
Regierung wohlwollend geprüft würden. Abubakar
habe mindestens 50 Prozent Anteil am
Gewinn der Jefferson-Firma verlangt. Doch vielleicht
hätte Jefferson anders vorgehen müssen.
Denn als das FBI im vergangenen August sein
Haus in Washington, D. C., durchsuchte, fand
es besagte 90.000 Dollar Bargeld in seiner Tiefkühltruhe.
Und jetzt dürfte wohl das gesamte
Abubakar zugedachte Geld eingefroren sein.
Anfang 2006 in Kamerun: ein führender Mitarbeiter des öffentlichen Rundfunks, ein halbes Dutzend leitender Angestellter von Staatsbetrieben und viele Mitarbeiter, ein ehemaliger Direktor des Schatzamts und sogar der Minister für Wasser und Energie wurden wegen Korruption und Unterschlagung von öffentlichen Geldern sowie Fälschung festgenommen. In der Presse wetteifern zwei Hitlisten miteinander: Die erste nennt namentlich die 42 korruptesten hohen Beamten; die zweite benennt 300 Geschäftsmänner, die besonders geschickt und im großen Stil den Zoll betrügen. So berichtete die französische Tageszeitung Libération vom 24.03.2006.
Ende 1999 in Kamerun: der Minister für Post und Telekommunikation, weitere führende Mitarbeiter des Ministeriums, ein Direktor der Sozialversicherung und der Staatssekretär im Präsidentenamt sitzen im Gefängnis wegen Korruption, Unterschlagung von öffentlichen Geldern usw. So berichtete die FAZ vom 23.12.1999.
Sieben Jahre sind dazwischen vergangen und was ist passiert? Präsident Paul Biya war und ist an der Macht. Die "Antikorruptions-Aktion" von 2006 hat Anfang des Jahres stattgefunden, also kurz bevor die Entscheidung über den Erlass eines Teils der Schulden Kameruns im Rahmen des Entschuldungsprozesses für arme Länder fällig war. Die Aktion 1999 erfolgte wenige Tage vor der Entscheidung des Internationalen Währungsfonds, Kredite für Kamerun freizugeben, und während die Weltbank Hilfsanträge für das Projekt der Erdöl-Leitung zwischen Tschad und Kamerun prüfte.
Im Index der Korruptionswahrnehmung von Transparency International (TI) belegte Kamerun im Jahr 1999 den letzten Platz. Im Index für das Jahr 2006 befindet sich Kamerun immer noch unter den 25 Prozent der korruptesten Länder.
du/oj
aus: der überblick 02/2006, Seite 56