In einem entwickelten Land kann man zu jeder Tages- und Nachtzeit im Warmen sitzen, lesen und schreiben, telefonieren und sich fortbewegen. Das scheint uns so selbstverständlich, dass wir die Voraussetzung dafür kaum noch bemerken: die Versorgung mit moderner Energie. Doch viele Menschen in armen Ländern, vor allem auf dem Land, haben weder Strom noch Öl, Kohle oder Gas. Dies ist sowohl ein Anzeichen ihrer Armut als auch eine Ursache dafür, dass sie der Armutsfalle nicht entkommen. Wer zum Beispiel nur mit Holz kochen und heizen kann, verbringt viel Zeit mit dem Sammeln und wird vom Rauch oft krank. Wo es kein Licht gibt, können Kinder nach der Feldarbeit keine Schulaufgaben erledigen. Für das Pumpen und Aufbereiten von Wasser wird Strom oder Dieseltreibstoff benötigt, und ohne Strom können Hospitäler keine Impfstoffe kühlen.
Die Energieversorgung zu verbessern, ist deshalb ein wichtiger Teil der Entwicklungsförderung. Nicht jede Art Energieversorgung ist hier aber gleich gut. Die Weltbank hält die Elektrifizierung mit Hilfe zentral geplanter Stromnetze und Großkraftwerke, die sie selbst lange gefördert hat, inzwischen für in vielen Ländern gescheitert. Für die Entwicklung der Landgebiete sind dezentrale Lösungen auf der Grundlage von Wind, Sonne und Biomasse oft die preisgünstigste Lösung. Ökologisch gesehen sind erneuerbare Energien ohnehin die beste Wahl.
Doch viele Entwicklungs- und Schwellenländer nutzen dieses Potenzial nicht konsequent. Zum Teil liegt das daran, dass da, wo die Wirtschaft und damit der Wohlstand wächst, der Energiebedarf besonders stark zunimmt. Kurzfristig kann hier nicht auf Öl, Gas und Kohle verzichtet werden. Doch die Länder des Südens orientieren sich auch am Vorbild der Industrieländer - an deren fossiler Energiewirtschaft und ihrer anscheinend erfolgreichen Technik. Wenn aber Inder, Chinesen und Brasilianer soviel Öl und Kohle verfeuern wie der Norden, führt das in die Klimakatastrophe. Die Energiewende muss deshalb in den Industrieländern beginnen. Sie ist technisch und wirtschaftlich möglich und wäre ein mindestens ebenso wichtiger Beitrag zur Entwicklungsförderung wie alle Hilfszahlungen.
DIE REDAKTION