Kleine Züchter in Westafrika können gegen europäische Mastfabriken nicht bestehen
Einen bemerkenswerten Erfolg hat eine Bürgerorganisation in Kamerun errungen: Sie konnte ihre Regierung bewegen, die Importe von gefrorenem Geflügel aus Europa einzuschränken.
von Bernd Ludermann
Die Importe von Tiefkühlgeflügel sind ein Musterbeispiel für widersinnige Handelspraktiken, die unter anderem von kirchlichen Werken wie dem EED und "Brot für die Welt" kritisiert werden. Denn die Einfuhr von gefrorenen Geflügelteilen aus Europa hat kleine Mastbetriebe in Kamerun ruiniert und Transporteuren, Händlern und örtlichen Futterproduzenten ihr Einkommen aus dem Wirtschaftszweig genommen. Darüber hinaus hat sich das Fleisch als Gesundheitsgefahr erwiesen, weil es nicht zuverlässig tiefgekühlt werden kann.
Importgeflügel wird in West- und Zentralafrika zu Preisen angeboten, mit denen örtliche Züchter nicht konkurrieren können: Weniger als einen Euro zahlen kamerunische Importeure für ein Kilo Hühnerteile aus dem Norden. Werden hier erneut wie früher im Fall von Rindfleisch oder Milchpulver Überschüsse mit Hilfe von Exportsubventionen künstlich verbilligt? So einfach scheint es nicht zu sein. Die Europäische Union betont, dass sie keine Exportbeihilfen für Geflügel zahlt, das nach Afrika verkauft wird, ausgenommen für Exporte nach Angola.
Doch wieso lohnen sich dann so billige Exporte? Zum einen können riesige Mastfabriken mit ihrer globalen Einkaufspolitik etwa für Küken oder Futter die Kosten pro Tier drücken. Zum anderen aber können sie Mischkalkulationen anstellen: In Europa werden kaum mehr ganze Hühner gekauft, sondern überwiegend Brust und Keule. Die können im Norden zu profitablen Preisen abgesetzt werden, so dass man übrige Teile verschleudern und insgesamt doch Gewinn machen kann. Subventionen für Exporte nach Osteuropa dürften ebenfalls in die Gesamtrechnung eingehen und daher Billigexporte nach Afrika indirekt erleichtern. Dies ruiniert die Mäster etwa in Kamerun. Dass dies zum Schaden des ganzen Landes ist und Schutzmaßnahmen nötig sind davon konnte eine Bürgerbewegung, ein Partner des EED, die Regierung Kameruns überzeugen. Das Beispiel wirft zeigt nicht nur mögliche Kosten einer Konkurrenz zwischen sehr verschieden starken Handelspartnern. Es rückt auch die Schattenseiten der globalisierten Nahrungsindustrie in den Blick. Diese ist nicht nur unter Umweltgesichtspunkten fragwürdig. Der Hunger reicher Gesellschaften nach viel und billigem Fleisch kann auch gravierende Auswirkungen auf arme Länder haben. Kirchliche Entwicklungswerke wollen daher auch zum Nachdenken darüber anregen, was wir täglich essen.
aus: der überblick 02/2006, Seite 91
AUTOR(EN):
Bernd Ludermann