"Für die nötige Beratung fehlen uns die Mittel"
Der EED würde gern Partnerschaftsgruppen besser beraten, wenn er dafür das Personal hätte. Projekte von ihnen zu übernehmen, wäre aber keine gute Idee, erklärt Wilfried Steen, der beim EED in Bonn die Ressorts Entwicklungspolitik und Inland sowie Fachkräfte und Stipendien leitet.
von Bernd Ludermann
Halten Sie es für eine gute Idee, dass Entwicklungswerke wie der EED und "Brot für die Welt" Kirchenpartnerschafts-Gruppen beim Management von Projekten beraten?
Die Idee ist grundsätzlich gut. Wenn wir das Personal dafür hätten, würden wir diese Beratung gerne leisten. Aber dem EED fehlen schlicht die Möglichkeiten, sie sachgerecht und mit etwas Zeit für die Ratsuchenden durchzuführen.
Wer könnte das eher leisten? Etwa die Missionswerke?
Die Missionswerke können das sicher besser, weil die sich schon länger mit der Beratung von Partnerschaftsgruppen befassen. Aber auch sie haben das Problem, dass überall Personal eingespart wird und für die Beratung zu wenig Kräfte zur Verfügung stehen.
Fürchten Sie, dass viele Partnerschaftsgruppen mangels Beratung Projekte beginnen, deren Folgen sie nicht übersehen?
Ja. Aus den Anfragen, die solche Gruppen an uns richten, stellen wir immer wieder fest, dass Gruppen sich gemeinsam mit ihren Partnern in Übersee auf Projekte einlassen, ohne die Folgekosten zu bedenken. Nach einiger Zeit steht dann nicht mehr genug Geld für den Kindergarten oder die kleine Schule zur Verfügung, und guter Rat ist teuer.
Sollten der EED oder "Brot für die Welt" Projekte, die das Vermögen einer Partnerschaftsgruppe übersteigen, von diesen übernehmen?
Nein. Das entspricht nicht unserer Arbeitsweise. Die Projekte von Partnerschaftsgruppen sind nicht in erster Linie als Entwicklungsprojekte gedacht und deshalb anders zugeschnitten als die des EED. Ich bin überzeugt, dass am besten die Partnerschaftsgruppen selbst und ihre Partner in Übersee diese Art Projekte managen können. Allerdings wäre es sinnvoll, dass sie dabei besser beraten werden als bisher.
Warum passen denn diese Projekte nicht zur Arbeitsweise des EED?
Die Projekte des EED werden in der Regel gemeinsam mit professionellen Partnern in Übersee durchgeführt seien es Partnerkirchen oder andere Organisationen. Wir fördern nicht direkt zum Beispiel einzelne Kindergärten oder Gesundheitsstationen. Auch "Brot für die Welt" tut das nicht. Mit unserem schmalen Personalbestand sind wir gar nicht in der Lage, so kleinteilig zu arbeiten, wie das nötig wäre, wenn wir jedes einzelne Partnerschaftsprojekt von hier aus fördern und betreuen sollten noch dazu in Abstimmung mit den zahlreichen einzelnen Partnern in Übersee. Das ist aufgrund der Aufgabenbeschreibung, die uns unsere Mitgliedskirchen gegeben haben, nicht möglich.
Befürchten Sie, dass Partnerschaftsprojekte mit dem EED um die Mittel des Kirchlichen Entwicklungsdienstes (KED) in Konkurrenz treten?
Das befürchten wir allerdings. Zum Beispiel stellt meine Heimatgemeinde in Braunschweig einen Teil der Weihnachtskollekte nicht mehr für "Brot für die Welt" zur Verfügung, sondern für Hilfsprojekte in Afghanistan. Und in der Kirche im Rheinland, wo aufgrund der dezentralen Kirchenverfassung die Gemeinden über Kirchensteuermittel entscheiden können, setzen manche Gemeinden Geld daraus für Partnerschaftsprojekte ein. Das fließt dann nicht in den zentralen KED-Topf, der für die Förderung unserer Partner bitter nötig ist.
Helfen Partnerschaftsgruppen nicht, den entwicklungspolitischen Anliegen des EED in der Kirche und der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen?
Ja. Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Die Partnerschaftsgruppen sind ein Schatz der Kirche. Sie setzen sich für Aktionen zugunsten weltweiter Gerechtigkeit ein, und aus ihnen wachsen viele entwicklungspolitisch bewusste Menschen in kirchliche Verantwortung hinein. Der Ausschuss für entwicklungspolitische Bildung und Publizistik (ABP) des EED fördert im Rahmen seiner begrenzten Mittel auch diese Gruppen, er berät sie und ermutigt sie, in ihrem Engagement für weltweite Gerechtigkeit nicht nachzulassen. Wir müssen alles tun, um Partnerschaftsgruppen zu unterstützen und die Motivation ihrer Mitglieder aufrecht zu erhalten.
Aber wie soll das funktionieren, wenn die Werke, die Beratung anbieten sollten, sämtlich nicht das Personal dafür haben?
Das frage ich mich auch. Im Augenblick müssen wir ehrlich sagen: Ohne zusätzliche Kräfte ist eine sinnvolle Förderung und Beratung von Partnerschaftsgruppen nicht möglich. Wir müssen versuchen, durch Umschichtung von Mitteln oder Gewinnung von neuem Geld hier mehr zu tun. Denn die Partnerschaftsgruppen erinnern unsere Kirche daran, dass sie eine im Kern ökumenische Kirche ist.
aus: der überblick 02/2004, Seite 98
AUTOR(EN):
Bernd Ludermann :
Bernd Ludermann war viele Jahre Redakteur beim "überblick". Er arbeitet jetzt als freier Journalist in Hamburg und betreut unter anderem als Redakteur die Forum-Seiten im "überblick".