Sierra Leone und Liberia gehören zu den ärmsten Ländern der Welt. Die benachbarten westafrikanischen Staaten haben grausame Bürgerkriege hinter sich, in denen Rebellentrupps immer wieder im jeweils anderen Land ein Rückzugsgebiet oder Unterstützung fanden.
von Bernd Ludermann
Rund zehn Jahre wurde das Leiden dort in Amerika und Europa kaum beachtet. Man überließ die Versuche, Frieden zu stiften, der westafrikanischen Staatengemeinschaft ECOWAS. Erst nachdem Soldaten der Friedenstruppe von Rebellen angegriffen und zu Geiseln genommen worden waren, weitete der UN-Sicherheitsrat die Friedensmission so aus, dass sie wirksam eingreifen konnte. Das trug im Jahr 2000 zur Beendigung des Krieges in Sierra Leone bei. Der von den UN geschätzte Nothilfe-Bedarf des Landes wurde von den Geberstaaten noch 2002 nur zu rund der Hälfte gedeckt. Erst 2003 endete der Krieg in Liberia auch hier beeinflusst von verspätetem internationalem Druck und gesichert von einer UN-Mission.
Die Diakonie Katastrophenhilfe hat in Westafrika schon während der Kämpfe Hilfe geleistet. In Liberia wird weiterhin Nothilfe gebraucht, etwa in den Flüchtlingslagern. Der Übergang zum Wiederaufbau ist in Sierra Leone, wo auch "Brot für die Welt" Projekte unterstützt, schon etwas weiter so jedenfalls der Eindruck von Helge Bendl, der Westafrika vor kurzem besucht hat.
Beide Länder brauchen langfristig Hilfe. Damit ist es aber nicht getan. Auf lange Sicht benötigen sie ebenso wie die anderen ärmsten Länder bessere internationale Rahmenbedingungen, die ihnen erlauben, die einheimische Produktion zu entwickeln. Ihre Chancen würden stark verbessert, wenn die reichen Nationen ihr Agrardumping beenden und armen Ländern einen Absatzmarkt eröffnen würden.
Für viele der ärmsten Länder ist Zucker ein wichtiges Produkt. Es gehört in der Europäischen Union (EU) zu den am stärksten geschützten Agrarwaren. Die Produktion in Europa mit Hilfe von Preissenkungen zu verringern, stößt jedoch nicht nur bei den betroffenen Rübenbauern auf Widerstand. Es ist auch sehr fraglich, ob es den ärmsten Ländern nützt und nicht nur Staaten wie Brasilien und Thailand, die Zucker am billigsten anbieten können. Der EED, der sich auch für faire Handelsbedingungen einsetzt, hat deshalb eine Reise von Zucker-Fachleuten nach Uganda organisiert. Sie hat gezeigt, dass Zuckerproduzenten in Europa und in den ärmsten Ländern in vieler Hinsicht ähnliche Interessen haben. Mit schlichtem Freihandel scheint keinem von beiden geholfen. Garantierte Einfuhrmengen zu gestützten Preisen würden manchen der ärmsten Länder mehr nutzen.
aus: der überblick 03/2005, Seite 69
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Bernd Ludermann