In Sambia musste Präsident Chiluba die Begrenzung seiner Amtszeit akzeptieren - bis auf weiteres
Ende des Jahres soll in Sambia ein neuer Staatspräsident gewählt werden. Präsident Chiluba hat, damit er erneut antreten kann, das Statut seiner Partei ändern lassen und damit die Partei gespalten. Sein Versuch, auch die Verfassung des Landes zu ändern, ist aber am Widerstand aus der Bevölkerung und am Druck aus dem Ausland gescheitert. Es ist jedoch nicht sicher, dass er seine Hoffnungen auf den Machterhalt wirklich begraben hat. Die Zukunft der Demokratie in Sambia steht auf dem Spiel.
von Fredrick Mutesa
Während in Sambia die für Ende 2001 angekündigten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen näher rücken, steht die aufkeimende Demokratie vor einer harten Bewährungsprobe. Hauptstreitpunkt ist die Kampagne von Anhängern der regierenden Bewegung für Mehrparteien-Demokratie (Movement for Multiparty Democracy, MMD), die Verfassung des Landes und der MMD zu ändern, um dem Staatspräsidenten Frederick Chiluba eine dritte Amtsperiode zu ermöglichen.
Sambia ist seit 1964 unabhängig, also seit 37 Jahren. In dieser ganzen Zeit hat das Land nur zwei Präsidenten gehabt: Kenneth Kaunda von 1964 bis 1991 und Frederick Chiluba seitdem. Das Mehrparteiensystem zu Beginn der Unabhängigkeit blieb ein kurzlebiges Experiment, das Land ging bereits 1972 zu einem Einparteiensystem über. Dies wurde mit der Notwendigkeit begründet, die nationale Einheit zu festigen und sich auf die wirtschaftliche Entwicklung zu konzentrieren. Das System brachte jedoch nicht die erhoffte Entwicklung und degenerierte zu einem totalitären Personenkult um Kenneth Kaunda.
Deshalb war 1991, als erneut ein Mehrparteiensystem eingeführt wurde und die MMD die Wahlen gewann, unter der sambischen Bevölkerung die Ansicht weit verbreitet, die Regierungszeit des Staatspräsidenten solle auf maximal zwei Amtsperioden von je fünf Jahren begrenzt werden. Das wurde dann auch im Parteistatut der MMD sowie in der nationalen Verfassung verankert. Präsident Chiluba bekräftigte bei zahlreichen Gelegenheiten, dass er sein Amt nur für die verfassungsmäßige Periode von zehn Jahren ausüben und dann dem Gesetz nachkommen und damit ein gutes Beispiel für andere afrikanische Staatschefs geben wolle. Daher reagierte die Nation mit Empörung, als Eiferer von der MMD begannen, eine dritte Amtszeit für Chiluba zu fordern. Gegner dieser Forderung haben mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass eine Verfassungsänderung, die eine dritte Amtszeit des Präsidenten erlaubt, bedeuten würde, die Uhr in Sambia zehn Jahre zurückzustellen.
Mittlerweile scheint Chiluba die erste Hürde für seinen Machterhalt genommen zu haben. Auf einem umstrittenen außerordentlichen MMD-Kongress, der vom 26. April bis zum 1. Mai 2001 stattfand, wurde das Parteistatut geändert, und Chiluba wurde ohne Gegenkandidat als MMD-Präsident wiedergewählt. Seine Wiederwahl löste allerdings Proteste aus. An den beiden einzigen Universitäten des Landes, der University of Zambia und der Copperbelt University, organisierten Studenten einen Tag des friedlichen Protests, der von Demonstrationen an anderen höheren Bildungseinrichtungen unterstützt wurde.
Die innenpolitische Kritik an der geplanten Verfassungsänderung wurde gestützt von diplomatischen Bemühungen aus dem Ausland. Vertreter von Geberregierungen veröffentlichten eine Stellungnahme, in der sie Chilubas frühere Position befürworteten, er werde nach zwei Amtsperioden zurückzutreten. Die Präsidenten Botswanas und Südafrikas wirkten laut Berichten des südafrikanischen Rundfunks beständig auf Chiluba ein, damit Sambia nicht in die gleiche Lage wie Simbabwe geriete. Schließlich erschien Präsident Chiluba am Abend des 4. Mai 2001 im nationalen Fernsehen und verkündete, er plane keine Kandidatur für eine dritte Amtsperiode.
Obwohl die Nation daraufhin erleichtert aufatmete, blieben viele Fragen unbeantwortet. Laut den offiziellen Erklärungen der MMD, wie sie ihr Generalsekretär Michael Sata und Präsident Chiluba selbst geäußert haben, geht die Kampagne für eine dritte Amtszeit auf die Parteibasis zurück, insbesondere auf die Jugendorganisation der MMD. Kritiker und Gegner Chilubas entgegnen darauf, der Präsident selbst habe diese Bewegung inszeniert.
Der Streit begann kurz nach Chilubas Wiederwahl für seine zweite Amtsperiode im Jahr 1996. Damals kamen zunehmend Spekulationen über seine Nachfolge auf. Mehrere Anwärter wurden genannt, darunter Christon Tembo, Godfrey Miyanda, Ben Mwila, Michael Sata und der nationale Vorsitzende der Partei, Sikota Wina. Doch niemand von ihnen bestätigte, dass er Ambitionen auf das Präsidentenamt habe.
Trotzdem zeigte sich Chiluba von den Spekulationen über seine Nachfolge beunruhigt. Er reagierte mit einem Verbot, darüber zu debattieren, und begründete das damit, eine solche Diskussion würde nur zu einer Spaltung der Partei führen und von der Umsetzung der staatlichen Entwicklungsprogramme ablenken. Das Diskussionsverbot drängte jedoch das Thema lediglich in den Untergrund, statt es einer Lösung näher zu bringen. Beobachter der Vorgänge in der MMD erkannten bald zunehmende Machtkämpfe, in denen Michael Sata eine Schlüsselrolle spielte. Der Generalsekretär schien seine Position zu nutzen, um potenzielle Konkurrenten für das Amt des Parteipräsidenten zu schwächen.
Aus der ersten großen Auseinandersetzung, die Sata 1997 mit dem nationalen Parteivorsitzenden Sikota Wina führte, schien Sata gestärkt hervorzugehen. Als nächstes wendete er sich gegen den langjährigen Verteidigungsminister und angeblichen Onkel Präsident Chilubas, Ben Mwila. Diese Runde endete mit dem Beschluss des Nationalen Exekutivkomitees der MMD, Mwila aus der Partei auszuschließen. Bei den darauffolgenden Nachwahlen zum Parlament am 26. November 2000 konnte Mwilas neugegründete Republican Party (RP) keinen einzigen Sitz gewinnen. Sein Abgang schien keinen großen Schaden für die MMD zu bedeuten.
Ein weiteres Zeichen dafür, dass der Nachfolgestreit in der MMD schärfer wurde, war die Versetzung des Vizepräsidenten der Partei, Godfrey Miyanda, vom Amt des stellvertretenden Staatspräsidenten auf den unbeliebten Posten des Erziehungsministers. Viele Beobachter interpretierten dies als Schachzug, um die wachsende Popularität Miyandas unter den Wählern zu dämpfen. Miyanda galt als eine der wenigen nicht korrupten Führungspersonen der MMD und genoss deshalb viel Sympathie.
Das Hauen und Stechen innerhalb der MMD wurde begleitet von lauter werdenden Rufen aus der Jugendorganisation, Chiluba solle Parteichef bleiben und auch für eine weitere Amtszeit als Staatspräsident kandidieren. Denn es gebe es niemand anderen, der sowohl die Partei als auch die Nation führen könne. Dafür gab die Jugendorganisation drei Gründe an: Erstens habe Chiluba verschiedene Entwicklungsprogramme auf den Weg gebracht, die zu Ende zu führen er Gelegenheit haben solle. Zweitens sei Chiluba ein guter Mann, weil er Sambia zu einer christlichen Nation erklärt habe. Und schließlich sei er ein Mann des Friedens, dessen Rolle bei der Beilegung der Kriege in der Demokratischen Republik Kongo und in Angola zu Friedensprozessen in beiden Ländern geführt habe.
Diese Argumente, um ein Verbleiben Chilubas an der Macht zu rechtfertigen, wurden natürlich von seinen Gegnern nachdrücklich infrage gestellt. Sie argumentierten, dass Regierungsprogramme nicht nur von einer Person angestoßen werden und auch ihre Durchführung nicht von einem Individuum abhängt. Kritiker außerhalb der MMD wiesen darauf hin, dass die Armut im Lande stark anwachse; das zeige, dass Chilubas Entwicklungsprogramme gescheitert seien. Das Hauptargument der Gegner einer dritten Amtszeit Chilubas war jedoch die Bedeutung der Verfassung, die nicht nach der Laune eines Einzelnen oder einer kleinen gesellschaftlichen Gruppe geändert werden sollte. Darüber hinaus erklärten sie, Moral und Integrität verlangten, dass Chiluba den Eid respektiere, in dem er geschworen hatte, die Verfassung zu ehren, zu schützen und zu verteidigen.
Die Besorgnis unter Chilubas Kritikern stieg, als er viele der neu geschaffenen Posten der Distriktverwalter mit Angehörigen der MMD-Jugendorganisation besetzte. Auf dem Papier sollten diese Beamten die Entwicklungsprogramme der Regierung in den Distrikten koordinieren. Die Posten waren gut dotiert, und ihre Inhaber erhielten brandneue Geländewagen mit Allradantrieb. Zur Überraschung vieler Beobachter setzten sich die neu eingesetzten Beamten jedoch weiterhin für eine dritte Amtszeit Chilubas ein – ein klarer Bruch der Vorschriften des Öffentlichen Dienstes, die es verbieten, dass Staatsangestellte sich in der Parteipolitik engagieren. Angeblich sollen sie Petitionen für eine dritte Amtszeit Chilubas entgegengenommen sowie auf Staatskosten Reisen von Unterstützern dieser Forderung nach Lusaka organisiert haben. Aus allen Landesteilen sind traditionelle Führer zu diesem Zweck in die Hauptstadt gereist.
Ab Februar 2001 hielt die MMD regionale Kongresse ab, um neue Funktionsträger zu wählen und den nationalen Parteikongress vorzubereiten; er sollte neue Mitglieder ins Nationale Exekutivkomitee sowie einen neuen Parteipräsidenten wählen. Das Thema einer dritten Amtszeit für Chiluba stand bei allen diesen Versammlungen hoch auf der Tagesordnung.
Als die Unterstützer einer dritten Amtszeit auf dem Regionalkongress von Lusaka gegen die Gegner verloren, zeigte sich, dass die Spaltung innerhalb der MMD sich vertiefte. Die neue Parteiführung von Lusaka wies die Forderung nach einer dritten Amtsperiode öffentlich zurück. Dies alarmierte die Befürworter, die einen Domino-Effekt für die noch ausstehenden Regionalkongresse fürchteten. Jugendliche aus dem Kupfergürtel und aus Lusaka wurden daraufhin zu diesen Regionalkongressen gekarrt mit dem ausdrücklichen Zweck, alle einzuschüchtern, die als Gegner einer dritten Amtszeit galten. In der westlichen Provinz gipfelte das darin, dass Jugendliche einige Amtsträger, die sie für Gegner einer dritten Amtszeit Chilubas hielten – darunter Minister –, an der Teilnahme hinderten. Der Staatspräsident unternahm zu keinem Zeitpunkt etwas gegen die Parteiangehörigen, die zu Gewalt und Einschüchterung gegriffen hatten. Daraus schloss die Bevölkerung, dass er selbst auf eine dritte Amtszeit aus sei und vor nichts zurückschrecken würde, um seinen Willen durchzusetzen.
Inzwischen hatte die Bewegung gegen eine dritte Amtsperiode Chilubas an Stärke gewonnen. Die erste organisierte Opposition außerhalb der MMD gegen eine Verfassungsänderung drückte sich in den Resolutionen eines Treffens aus, das gemeinsam organisiert wurde vom Juristenverband Law Association of Zambia (LAZ), dem Komitee der nichtstaatlichen Organisationen (Non-Governmental Organization Coordinating Committee, NGOCC) und den drei großen Kirchengruppen Episcopal Conference of Zambia (ECZ), Christian Council of Zambia (CCZ) und Evangelical Fellowship of Zambia (EFZ). Das Treffen führte Prominente aus Sambias Politik und Zivilgesellschaft zusammen und wurde nach dem Restaurant, wo es abgehalten wurde, Oasis Forum genannt. Es verurteilte alle Pläne, die Staatsverfassung zu ändern, um Präsident Chiluba eine dritte Amtszeit zu ermöglichen. Die Teilnehmer forderten Chiluba auf, zu seinem Wort zu stehen und nach dem Ende seiner zweiten Amtsperiode abzutreten.
Die Oasis-Konferenz wandte sich auch gegen den Vorschlag, ein landesweites Referendum über die Streitfrage abzuhalten. Das fordern einige Bürgergruppen, um die Meinung der Bevölkerung über eine Verfassungsänderung festzustellen. Diese Gruppen stehen im Verdacht, von Befürwortern der dritten Amtszeit in der MMD gesponsort worden zu sein. Gegen ein Referendum führte das Oasis-Forum an, dass bereits 1972, 1991 und 1995 drei Kommissionen zur Überarbeitung der Verfassung die Ansichten der Bevölkerung über die Verfassung erfragt hatten; sie waren einstimmig zu dem Schluss gekommen, dass die Sambier eine Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten auf zwei Wahlperioden wollten.
In dieser gespannten Atmosphäre berief die MMD für den 24. März ein Treffen des Nationalen Exekutivkomitees ein, um den nationalen Parteikongress vorzubereiten. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Debatte bereits Opfer unter den Gegnern einer dritten Amtszeit Chilubas gefordert: Weil sie diese ablehnten, waren zwei Kabinettsmitglieder und zwei stellvertretende Minister entlassen worden. Und der stellvertretende Staatspräsident Christon Tembo und der Vizepräsident des MMD Godfrey Miyanda – beide auch Offiziere der Armee – hatten öffentlich gegen die Kampagne für eine dritte Amtszeit Stellung genommen, und der Justizminister Vincent Malambo hatte sich ihnen angeschlossen. Wie die Presse meldete, endete die Sitzung des Nationalen Exekutivkomitees ohne klares Ergebnis: 13 Mitglieder hätten sich gegen die dritte Amtszeit ausgesprochen, 26 dafür.
Der Generalsekretär des MMD, Michael Sata, kündigte nun den nationalen Parteikongress für den 26. bis 29. April an. Die Fraktion der Gegner einer dritten Amtszeit warf ihm daraufhin vor, er habe das Datum ohne Genehmigung des NEC festgesetzt und die vorgeschriebene Prozedur für die Einladung der MMD-Mitglieder nicht eingehalten. Als die Listen der Delegierten für den Parteikongress veröffentlicht wurden, wurde dem Generalsekretär vorgeworfen, er habe Amtsträger aus Distrikten und Ortsgruppen übergangen, die eine dritte Amtszeit ablehnten, und die Listen aus den Parteiorganen der unteren Ebenen so manipuliert, dass auf dem Kongress eine Mehrheit für eine dritte Amtszeit gesichert wäre.
Je näher der Parteitag rückte, desto lauter versuchten die Befürworter einer dritten Amtszeit die Gegner einzuschüchtern. Diese wurden mit Gewalt bedroht, sollten sie sich am Versammlungsort sehen lassen. Godfrey Miyanda und Vincent Malambo hatten bereits angekündigt, sie wollten gegen Präsident Chiluba für den Posten des Parteichefs kandidieren. Dazu kam es aber nicht, da fanatische Anhänger Chilubas die beiden sowie eine Gruppe Gleichgesinnter einschließlich Vizepräsident Christon Tembo hinderten, den Veranstaltungsort zu betreten. Ein Minister wurde tätlich angegriffen, mehrere andere angerempelt und herumgestoßen. Versuche, Präsident Chiluba zum Eingreifen zu bewegen, blieben erfolglos – der Präsident war nicht zu sprechen. Die Gegner der dritten Amtszeit hatten keine andere Wahl, als nach Hause zu gehen. Wie erwartet beschlossen die verbliebenen Delegierten, das Parteistatut zu ändern, und Chiluba wurde als Parteichef wiedergewählt.
Nun erreichte die Opposition gegen eine Verfassungsänderung ihren Höhepunkt. Die Organisatoren des Oasis-Forums reisten durch die Provinzhauptstädte, um die Bevölkerung gegen die Änderung zu mobilisieren, die Chiluba eine Wiederwahl erlauben würde.
Die Wiederwahl Chilubas zum MMD-Präsidenten fachte die Spekulationen an, dass er auch den höchsten Posten des Staatschefs erneut anstreben werde. Das Land befand sich in äußerster Anspannung, da der Widerstand gegen die Kampagne wuchs. Anscheinend haben dann der Widerstand von innen und außen sowie diplomatische Bemühungen der Staatschefs der Region zusammengenommen Chiluba zum Rückzug bewegt. Am Abend des 4. Mai 2001 trat er im staatlichen Fernsehen auf und erklärte, er werde sich nicht um eine dritte Amtszeit als Staatspräsident bewerben und es werde kein Referendum für eine Verfassungsänderung stattfinden.
Inzwischen hatte die Fraktion der Gegner einer dritten Amtszeit nach dem vergeblichen Versuch, Zugang zum Parteikongress zu erhalten, eine vorläufige gerichtliche Verfügung gegen ihren Parteiausschluss erwirkt. Trotzdem ordnete der Parteikongress an, 22 Mitglieder, davon 21 Parlamentsabgeordnete einschließlich Godfrey Miyanda, Christon Tembo und Vincent Malambo, aus der Partei auszuschließen. Das Ergebnis des Rechtsstreits steht noch aus. Die Ausgeschlossenen legten nun dem Vorsitzenden des Parlaments eine Petition vor, die die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Chiluba forderte und von 65 Abgeordneten des 158-köpfigen Parlaments unterstützt wurde. Das Gesuch um Amtsenthebung führt sieben Vorwürfe gegen Chiluba an, darunter Korruption und Wirtschaftssabotage.
Der Parlamentsvorsitzende hätte nun nach dem Gesetz innerhalb von 21 Tagen das Parlament einberufen müssen, das sich während des MMD-Kongresses in Ferien befand, doch er hat diese Frist verstreichen lassen. Präsident Chiluba hat in einem durchsichtigen Versuch, seine Gegner zu schwächen, das Kabinett aufgelöst und aus dem Kreis der Parlamentarier neue Minister ernannt. Durch die Ernennung von insgesamt 54 Ministern und stellvertretenden Ministern hat er die Anzahl jener Parlamentsmitglieder erhöht, von denen er Unterstützung erwarten kann. Das neu zusammengesetzte Kabinett wird denn auch von seinen Kritikern unter Anspielung auf die offensichtliche Mittelmäßigkeit seiner Mitglieder als »Regierung für Anfänger« verspottet.
Chilubas Ankündigung, er wolle Ende des Jahres abtreten, ist als Sieg für die Zivilgesellschaft und die engagierten Verteidiger der Verfassung gewertet worden. Dennoch ist immer noch Skepsis darüber weit verbreitet, wie aufrichtig er ist. Seine Kritiker vertreten die Ansicht, Chiluba sei lediglich von öffentlichem Druck aufgehalten worden. Darin liegt wohl ein Körnchen Wahrheit. Schließlich wurde auf Kosten der genehmigten Budgets der Ministerien eine Menge Geld in die Kampagne für eine dritte Amtszeit investiert.
Die MMD-Regierung ist heute nur noch ein Schatten jener Partei, die 1991 einen Erdrutschsieg gegen die United National Independence Party (UNIP) von Kenneth Kaunda erzielte. Solange die MMD so gespalten bleibt, stehen ihre Chancen für einen erneuten Wahlsieg Ende des Jahres schlecht. Chiluba hat, um seine persönliche Macht zu festigen, im Laufe der Jahre alle Andersdenkenden aus der Partei geworfen. Abgesehen von der UNIP sind alle wichtigen Oppositionsparteien Abspaltungen vom MMD und Früchte von deren politischer Intoleranz. Die jüngsten Parteiausschlüsse könnten der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt. Die einstige Elite der Partei steht nun gegen sie. Es ist unvorstellbar, dass die Reste der MMD Wahlen gewinnen können – zumindest nicht freie und faire Wahlen.
Wie sieht also die Zukunft der Demokratie in Sambia aus? Das hängt von einer Anzahl von Faktoren ab: Wie wird der Konflikt innerhalb der MMD gelöst? Welche Rolle spielt die Zivilgesellschaft? Wie stark sind die Oppositionsparteien? Und welche Haltung nehmen die Sicherheitskräfte ein?
Die Zukunft der Demokratie in Sambia wird wesentlich davon bestimmt, wie die Konflikte in der MMD gelöst werden. Die Prinzipien der Kontrolle und Machtbalance im Staat, besonders die Gewaltenteilung, stehen auf dem Spiel. Die zweiundzwanzig aus der Partei ausgeschlossenen Gegner einer dritten Amtszeit haben sowohl an die Justiz als auch an die Legislative appelliert, in ihren Fall entsprechend der Verfassung einzugreifen. In beiden Gremien wird das Ergebnis nicht nur von den vorgebrachten Beweismitteln abhängen, sondern auch von der Beziehung zwischen den drei Pfeilern der Staatsgewalt. Die Exekutive ist das stärkste ihrer drei Organe. Es bleibt abzuwarten, ob der Parlamentsvorsitzende und die Frauen und Männer der Judikative sich gegen die Exekutive stellen werden.
Falls der verfassungsmäßige Weg für die Zweiundzwanzig und ihre Anhänger scheitern sollte, haben sie die Möglichkeit, eine eigene politische Partei zu gründen. Um einschätzen zu können, wie erfolgversprechend ein solcher Schritt wäre, muss man die Situation der Opposition in Sambia näher betrachten.
Gemessen daran, wie jung die Demokratie in Sambia ist, wirkt die Anzahl der Parteien im Land – es sind über dreißig – beeindruckend. Nur zwei oder drei der Oppositionsparteien sind aber tatsächlich ernst zu nehmen. Die UNIP ist die älteste Partei Sambias und als eine der wenigen allgemein bekannt. Ihre Popularität ist allerdings seit ihrer Wahlniederlage 1991 im Sinken begriffen. Darüber hinaus ist sie seitdem von Führungsstreitigkeiten geplagt; in den vergangenen zehn Jahren hat sie vier Vorsitzende verschlissen. Der gegenwärtige Parteichef Tilyenji Kaunda ist der Sohn von Kenneth Kaunda, und es wird allgemein bezweifelt, ob er die Schuhe seines Vaters wirklich ausfüllen kann. Die UNIP wird kaum in der Lage sein, die nächste Regierung zu stellen; ihr haftet das Stigma an, die Partei von gestern zu sein.
Die Zambia Republican Party (ZRP) unter der Führung von Ben Mwila ist aus der Fusion der Republican Party und der Zambia Alliance for Progress (ZAP) von Dean Mun’gomba entstanden. Der Zusammenschluss ist weniger als ein Jahr alt, und schon scheint die erneute Trennung nur noch eine Frage der Zeit zu sein.
Die National Christian Coalition (NCC) des ersten sambischen Tele-Evangelisten Nevers Mumba besitzt einigen Einfluss in Teilen der Pfingstkirchen. Ein ernsthafter Mitbewerber bei den bevorstehenden Wahlen ist sie jedoch noch nicht. Nevers Mumba ist eine redegewandte und charismatische Persönlichkeit, dessen Motto von Führerschaft mit Integrität vielen Menschen aus dem Herzen sprechen mag. Trotzdem gilt er als Neuling in der Politik.
Die United Party for National Development (UPND), geführt von einem ehemaligen Geschäftsführenden Direktor des Konzerns Anglo- American, Anderson Mazoka, hat immerhin sechs Sitze im Parlament und ist damit die Oppositionspartei mit der stärksten Vertretung dort. Mazoka hat bei Teilen der Intelligenz einen guten Ruf. Seine Forderung nach besserem ökonomischem Management setzt an der Wurzel der Entwicklungsprobleme an. Auch seine sozialdemokratische Ausrichtung kommt an – kein Wunder angesichts der weit verbreiteten Armut im Land. Er muss aber erst noch beweisen, dass er genug Wähler außerhalb seiner Heimatregion ansprechen kann.
Wenn die zweiundzwanzig ausgeschlossenen MMD-Mitglieder sich entscheiden sollten, eine eigene Partei zu gründen, werden sie damit wahrscheinlich die Zersplitterung der ohnehin geschwächten Opposition weiter vorantreiben. Sie haben zwar einige der besten Juristen und politischen Strategen des Landes in ihren Reihen. Es ist aber zweifelhaft, ob sie in der verbleibenden kurzen Zeit bis zu den Wahlen viel Terrain gewinnen können.
Die Zivilgesellschaft hat eine wichtige Rolle dabei gespielt, Chiluba zum Rückzug zu bewegen. Das Oasis-Forum besteht als lockere Organisation weiter, die über wichtige nationale Themen berät. Es äußert sich als Gewissen der Nation, und der Einfluss seiner Mitglieder sollte nicht unterschätzt werden. Die jüngsten Enthüllungen über weit verbreitete Korruption in der Regierung, besonders die Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten in der Finanzierung des MMD-Parteikongresses, dürften die Bedeutung des Oasis-Forums noch stärken. Wenn die Wahlen wie vorgesehen stattfinden, wird dem Forum die Rolle des Königsmachers zufallen.
Schließlich ist die Haltung der Sicherheitskräfte in Sambia zu bedenken. In der Vergangenheit hat sich das sambische Militär aus der Politik herausgehalten – abgesehen davon, dass gelegentlich höhere Offiziere mit politischen Ämtern bedacht wurden. Nun sind zwei von ihnen, Christon Tembo und Godfrey Miyanda, von zivilen Politikern angegriffen worden. Das wirft die Frage auf, ob sich das Militär neutral verhalten wird.
Sambia ist eine brüchige Demokratie, die inmitten von wirtschaftlichem Durcheinander und sozialen Krisen lavieren muss. Die Unruhe in der Bevölkerung wächst, seit mehr als 80 Prozent der Bevölkerung in Armut leben. Die Aufdeckung von schamloser Korruption in der Regierung Chiluba heizt die Feindseligkeit an. In der Debatte um die dritte Amtszeit des Präsidenten haben die Sambier die Macht des Volkes wiederentdeckt. So könnte am Ende doch die Bevölkerung über das Schicksal der sambischen Demokratie entscheiden.
aus: der überblick 02/2001, Seite 72
AUTOR(EN):
Fredrick Mutesa:
Dr. Fredrick Mutesa ist Dozent am Seminar für Entwicklungspolitik der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften an der University of Zambia in Lusaka.