"Im nahen Osten sinnvoll eigesetzt" - ein Gespräch mit Monika Huber
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat nach den Terroranschlägen in New York Sondermittel für ein Anti-Terror-Programm aufgelegt. Monika Huber, die Leiterin des Ressorts Ausland im EED, erläutert, warum sich der EED an dem Programm beteiligt.
von Bernd Ludermann
Hat der EED Sondermittel des Anti-Terror-Programms erhalten?
Ja, und zwar bisher 1,25 Millionen Euro für 2002. Dies sind alles kurzfristige Mittel, die bis Ende des Jahres ausgegeben sein müssen. Deshalb haben wir auch nicht mehr beantragt. Wir arbeiten ja langfristig. Am Stabilitätspakt Afghanistan haben wir uns nicht beteiligt, weil wir in dem Land keine Partner haben und so schnell keine Partnerbeziehungen aufbauen konnten.
Hat das BMZ mit der Vergabe dieser Mittel Bedingungen verbunden?
Es gelten dieselben Kriterien wie für den Einsatz der Mittel durch das BMZ selbst. Das Geld soll entweder in Krisenländern vor, während oder nach Krisen ausgegeben werden; oder in labilen Staaten; oder in Ländern, die das friedliche Zusammenleben verschiedener Volksgruppen fördern; oder in ganz oder teilweise islamisch geprägten Ländern. Fachlich kommen zum Beispiel Ernährungssicherung, Aufbau von demokratischen Strukturen und Zivilgesellschaften, Förderung von Menschenrechtsarbeit und Rechtsstaatlichkeit, Trauma- und Versöhnungsarbeit und Förderung von Frauen und Jugendlichen in islamischen Ländern in Frage.
Hatte der EED Bedenken, Geld aus einem Sondertopf zur Terrorbekämpfung zu nehmen?
Wir haben in der Tat darüber debattiert, ob wir dadurch in ein Sicherheitskonzept eingebunden werden, das von unseren Forderungen nach Gerechtigkeit losgelöst ist. Es sah kurze Zeit so aus, als würde Sicherheit das übergreifende Ziel der Politik, dem alle anderen Bereiche untergeordnet werden, so dass das Ziel, soziale Gerechtigkeit zu schaffen, dabei untergeht. Diese Bedenken sind aber durch die Verwendungskriterien ausgeräumt worden.
Wofür setzt der EED die Sondermittel ein?
Im Nahen Osten. Wir wollten die Mittel erstens in einem Konflikt einsetzen, bei dem sich alle einig sind, dass man etwas tun muss. Es ist klar, dass es ohne Lösung für diesen Konflikt nicht mehr Sicherheit für wen auch immer geben wird. Zweitens sind die Partner des EED und auch der Missionswerke dort stark unter Druck. 1,25 Millionen sind nicht so viel Geld, dass man es weltweit verteilen sollte, deshalb haben wir es auf den Nahen Osten konzentriert, insbesondere auf Versöhnungs- und Menschenrechtsarbeit in Israel und Palästina. Auch die Programme der Partner in Ägypten werden berücksichtigt.
Kann das denn in der gegenwärtigen, äußerst gespannten Lage in Nahost den Konflikt dämpfen?
Das muss man längerfristig sehen. Im Augenblick können wir kaum zur Beendigung der Auseinandersetzungen beitragen; unsere Partnerorganisationen können nur eingeschränkt arbeiten. Aber irgendwann muss und wird es Deeskalation oder eine Art Waffenstillstand geben. Unsere Partner halten bis dahin die Stellung. Man muss sie stützen, damit sie morgen wieder etwas tun können. Die Menschenrechtsarbeit in Israel und Palästina muss und kann schon jetzt verstärkt werden.
Verstärken die Sondermittel im wesentlichen nur, was der EED ohnehin tut?
Bisher ja. Das kann ja nicht verkehrt sein; das meiste, was das BMZ als Vorbeugung gegen Terror anrät, machen wir seit langem. Wir fragen uns aber auch, wo wir etwas ändern sollten. Erstens arbeiten wir vorwiegend in christlich geprägten Ländern, wo wir mit Kirchen sozusagen natürliche Partner haben. Wir sollten überlegen, ob wir stärker in islamischen Ländern fördern. Zweitens sollten wir uns mehr mit Religion als Identifikationsfaktor in Konflikten auseinandersetzen. Drittens sollten wir Entwicklungsarbeit noch stärker als jetzt schon mit Friedensarbeit verbinden. Und viertens sollten wir die Dialoge mit Partnern im Süden genauer, analytischer und ehrlicher führen, uns um den Transport von Einsichten und Meinungen in beide Richtungen bemühen.
aus: der überblick 02/2002, Seite 124
AUTOR(EN):
Bernd Ludermann :
Bernd Ludermann war viele Jahre Redakteur beim "überblick". Er arbeitet jetzt als freier Journalist in Hamburg und betreut unter anderem als Redakteur die Forum-Seiten im "überblick".