Der Blick von außen
Mitte Februar veranstalteten Dienste in Übersee (DÜ) und die Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH) einen viertägigen Workshop, in dem die ersten Erfahrungen mit dem Zivilen Friedensdienst (ZFD) gemeinsam mit Projektpartnern diskutiert und ausgewertet wurden. Zudem wollte man neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf dem schwierigen Gebiet der friedlichen Konfliktbearbeitung ausloten.
von Uwe Kerkow
Aus dem Norden waren an der Veranstaltung neben den beiden kirchlichen Entsendeorganisationen noch der Weltfriedensdienst und die Peace Brigades International beteiligt.
"Neu an dem Workshop ist, dass wir zum ersten Mal ein Treffen mit unseren Projektpartnern zu diesem Thema durchführen", erklärte Michael Steeb, Geschäftsführer der AGEH. "Und nachdem die Programme im Rahmen des ZFD jetzt ein Jahr laufen, können wir auch die ersten Eindrücke sammeln." Insgesamt werde der Anteil der ZFDler etwa ein Zehntel der von der AGEH entsandten Fachkräfte ausmachen. "Jetzt sind 19 Stellen bewilligt", präzisierte Steeb, "und vier weitere beantragt. Doch besetzen konnten wir erst sechs Plätze - fünf weitere Bewerber befinden sich noch in der Vorbereitung und gehen demnächst raus". Auch DÜ-Geschäftsführer Christoph Dehn bedauerte, dass zur Zeit noch zu wenig geeignete Bewerber und Bewerberinnen zu finden seien. "Es handelt sich um ein ganz neues Anforderungsprofil", legte Dehn dar. "Wir verzeichnen zwar ein großes Interesse an der Arbeit. Aber wenn wir uns nicht ganz sicher sind, dass die Person auch wirklich geeignet ist, schicken wir lieber überhaupt niemanden."
Die Erfahrungen im ersten Jahr des Zivilen Friedensdienstes beurteilten beide Geschäftsführer positiv. Der Schwerpunkt der Arbeit liege, so Dehn, "in der weniger heißen Phase nach Abklingen der gewaltvollen Auseinandersetzungen". Die positive Bewertung der bisherigen Erfahrungen wurde auch von Teilnehmern aus Projekten in Palästina und Uganda bekräftigt. Rt. Rev. John Baptist Odama, der Erzbischof von Gulu in Norduganda, berichtete aus seiner Region, die von der Lords Resistance Army (LRA) seit 15 Jahren terrorisiert wird. Hier betreibt die katholische Kirche zusammen mit der AGEH ein Projekt mit drei Komponenten: Traumatisierten Menschen, unter denen auch viele Kinder sind, wird psychosoziale Hilfe angeboten, es finden Friedens-Workshops für Erwachsene und Friedenserziehung in den Schulen statt; auf nationaler Ebene sind die Kirchen in der Friedenskommission vertreten und versuchen darüber hinaus in Gesprächen zwischen der LRA und der Regierung zu vermitteln.
Viveca Hazboun arbeitet im Guidance and Training Center for the Child and the Family in Bethlehem. Sie betont die Bedeutung nachsorgender Friedensarbeit in Palästina: "Eine von unserem Zentrum durchgeführte Studie hat ergeben, dass 50 Prozent der palästinensischen Bevölkerung unter kriegsbedingten Stress-Symptomen leidet." Daher liegt der Schwerpunkt des Zentrums auch auf die psychosozialen Unterstützung der Opfer - unter ihnen 800 Kinder. Ergänzt wird diese Arbeit durch die Ausbildung weiterer Fachkräfte und Forschungsvorhaben. Für Hazboun ist besonders wichtig, dass eine Person von außerhalb vor Ort ist und die Supervision und die Weiterbildung der einheimischen Fachkräfte übernimmt. Dabei komme es darauf an, die Distanz zum Konflikt vor Ort kreativ zu nutzen und "mit dem Blick von außen" Anstöße zu geben, die den Einheimischen nur allzu leicht entgingen.
aus: der überblick 01/2001, Seite 151
AUTOR(EN):
Uwe Kerkow :
Uwe Kerkow ist freier Journalist in Bonn.