Hilfswerke in Somalia, einem Land ohne Staat
von Marc Engelhardt
Der Weg von Bali Doogle Airport nach Mogadischu führt über hundert Kilometer aufgerissener Asphaltpiste, auf der in regelmäßigen Abständen Schlagbäume aufgebaut sind. Mohamed, der Fahrer, hält den Tacho stets über 80. Hektisch rücken die mit Maschinenpistolen bewaffneten Jugendlichen die Blockaden zur Seite, sobald sie den heranrasenden Konvoi, drei Pick-Up-Trucks, erkennen. »Blanke Mathematik«, brummt Mohamed. »Wir haben mehr bewaffnete Männer als die, also müssen wir keinen Wegezoll zahlen.«
Willkommen in Mogadischu, der Hauptstadt Somalias, dem Land, das seit der Vertreibung des Diktators Siad Barre vor vierzehn Jahren keine Regierung mehr hat. Dreizehn Mal haben unter internationaler Regie vermittelte »Regierungen« erfolglos versucht, die Macht von Klanführern, Warlords und Businessmen am Horn von Afrika zu brechen. Übergangsregierung Nummer 14 hat sich gerade zerstritten.
Zwischen den von Kugeln zersiebten Ruinen Mogadischus blüht das Geschäft. Statt Demokratie herrscht in Somalia zügelloser Kapitalismus, und nirgends ist er so erfolgreich wie hier. Es gibt alles, wovon das restliche Afrika nur träumen kann. Wer es sich leisten kann, bekommt über diverse Handynetze glasklare und günstige Telefonverbindungen in alle Welt. Emails werden in DSL-Geschwindigkeit abgerufen. Auf den Straßen sind modernste Geländewagen unterwegs, importiert aus Dubai. Auf den meisten Kennzeichen prangt noch der Schriftzug »Vereinigte Arabische Emirate«. Dubai ist meist zweiter Wohnsitz der somalischen Businessmen, der Geschäftsleute, die alles arrangieren können, wenn der Preis stimmt. Weil das gesetzlose Somalia spätestens seit dem Abzug der UN Anfang der neunziger Jahre international geächtet ist, laufen finanzielle und sonstige Transaktionen über die Finanzmetropole im nahen Emirat. Private Fluggesellschaften bedienen die Strecke mehrmals täglich von einem der Flughäfen Mogadischus. Jeder Klan kontrolliert sein eigenes Flugfeld. Der ehemalige internationale Flughafen Mogadischus, nur wenige Minuten von der Stadt entfernt, liegt hingegen immer noch in Trümmern. Die verfeindeten Gruppen hatten sich nicht auf ein für alle Seiten lukratives Geschäftsmodell einigen können.
Neben Geld zählt Feuerkraft in Mogadischu. Nicht nur die Flughäfen, auch die von Schutt übersäten Straßen und Viertel werden von den Chefs mächtiger Klans regiert. Deren Privatarmeen treiben Geld ein und sorgen dafür, dass das Geschäft reibungslos läuft. »Selbst die Stromrechnungen werden von schwer bewaffneten Kämpfern eingetrieben«, seufzt Mohamed Nur Afrah, der in Mogadischu für die somalische Hilfsorganisation Daryeel Bulsho Guud (DBG), übersetzt etwa »Bürgerhilfe für alle«, arbeitet. Ohne Staat gibt es in Somalia natürlich auch keine staatliche Energieversorgung. Mehrere Geschäftsleute betreiben in Absprache mit den Klanchefs deshalb eigene, private Netze. Beim Kassieren der fälligen Beträge machen sie im Zweifelsfall kurzen Prozess. Die dafür nötigen Waffen sind in Mogadischu gängige Handelsware.
Wer nicht zu den Reichen zählt, muss früh aufstehen. Wenn die Sonne aufgeht über den Minaretten, stehen Kinder und Alte, Männer und Frauen schon Schlange am Brunnen von Argentina, einem der Stadtviertel Mogadischus. Geduldig warten sie, bis sie selbst oder aber ihr Vieh an der Reihe ist, um mit einem der kostbarsten Güter Mogadischus versorgt zu werden: Trinkwasser. Ein wummernder Dieselmotor pumpt Liter um Liter an die Oberfläche. »Bevor die Pumpe in Betrieb genommen wurde, musste ich mit meinen Ziegen jeden Tag zehn Kilometer laufen, um sie zu tränken«, lächelt Muallim Omar, einer der Ältesten von Argentina. Seit einigen Monaten ist die Pumpe in Betrieb. Rund 1000 Familien und ihre Herden profitieren davon. Aus den hoch gelegten Wasserhähnen wird das Wasser auch in »Tankwagen« gefüllt, von Eseln gezogene Karren, auf denen mit Stricken wacklige Fässer befestigt sind. So gelangt das Trinkwasser zu Bewohnern in weiter entfernt liegenden Stadtteilen.
Gebaut hat den Brunnen die Hilfsorganisation DBG. Ihr Geld stammt zum überwiegenden Teil von der »Diakonie Katastrophenhilfe« und »Brot für die Welt«. Seit fünf Jahren bohrt DBG neue Brunnen in bedürftigen Stadtteilen. Die Versorgung der Mittellosen mit Wasser gehört zu der Art von Aufgaben, die in Mogadischu nicht die Businessmen, sondern Hilfsorganisationen übernehmen: Viel Arbeit, wenig Profit. Wie die wenigen anderen Hilfsorganisationen, die Mogadischu noch nicht verlassen haben, arbeitet DBG mit den Bewohnern der Stadtviertel zusammen. Sie übernehmen den Betrieb des Brunnens und kassieren für das Wasser vorher abgestimmte Preise. Von den 1000 somalischen Shilling, die Muallim Omar für das Tränken seiner Herde zahlt, kauft die Gemeinde vor allem Diesel und repariert, was nötig ist. Der Gewinn ist gering. Auch deshalb wird der Brunnen von Geschäftsleuten und Klanführern toleriert.
Mohamed Nur Afrah erinnert sich noch gut an den ersten, erfolglosen Versuch, die Wasserversorgung Mogadischus als Ganzes in Stand zu setzen. Vor dem Zusammenbruch des Staates in den achtziger Jahren wurde die Hauptstadt aus zehn Tiefbrunnen im Norden versorgt. Mehr als 50 Kilometer weit wurde das Wasser nach Mogadischu geleitet, weil das Grundwasser unter der Stadt nur von minderer Qualität ist. »1997 sind wir hingegangen und haben die Tiefbrunnen wieder in Schuss gebracht. Dann haben wir die Leitungen repariert, den ganzen Weg von Afgooye bis Mogadischu.« Von der deutschen Firma, die ursprünglich am Bau der Brunnen beteiligt war, hatte DBG die benötigten Konstruktionsskizzen erhalten. Auch die Bundesregierung bezuschusste das Projekt. Umsonst. »Als wir die Wasserrohre, die durch Mogadischu führen, reparieren wollten, haben die Klans uns gestoppt.« Der Gewinn, den die Helfer in Aussicht stellten, war zu gering. Die Bauarbeiten wurden eingestellt.
Thierry Grobet kennt Geschichten wie diese aus eigener Erfahrung. Der Schweizer ist stellvertretender Leiter der Somalia-Mission des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (ICRC). Geleitet wird die Arbeit in Somalia von Kenias Hauptstadt Nairobi aus. Grobet und seine 14 Kollegen reisen regelmäßig hin und her. Ein- bis zweimal die Woche geht ein Flieger im Auftrag des Roten Kreuzes. In Mogadischu sorgen gut zehn Verbindungsleute dafür, dass der Kontakt zur Zentrale in Nairobi nicht abbricht. »Im vergangenen Jahr haben wir für Hilfe in Somalia mehr als 18 Millionen Euro ausgegeben, damit gehört das Land noch immer zu unseren Top 10.« Das Rote Kreuz und seine Schwesterorganisation, der Somalische Rote Halbmond, finanzieren zwei Krankenhäuser in der Hauptstadt. Viele andere Projekte, so Grobet, sind vergleichsweise klein und werden oft auf Initiative der Bewohner begonnen. So regeneriert das Rote Kreuz alte Brunnen oder chlort Trinkwasser, um den Ausbruch von Epidemien wie Cholera zu vermeiden. Neue Brunnen bohrt die Organisation hingegen nicht. »Wir wollen vermeiden, Feindschaften zwischen den Klans zu erzeugen, in dem wir dem einen Brunnen bohren und dem anderen nicht.« In solchen Fällen haben gegnerische Kräfte schon neue Brunnen wieder zugeschüttet oder bewaffnete Milizen entsandt. 1998 wurden Mitarbeiter des Roten Kreuzes in Somalia gekidnappt. Etwas Vergleichbares will Grobet um jeden Preis verhindern.
Wenn Hilfe irgend jemandem parteiisch erscheint, geraten Mitarbeiter von Hilfsorganisationen schnell ins Fadenkreuz der angeblich Benachteiligten wortwörtlich. Das macht die Arbeit in Mogadischu besonders gefährlich. Während internationale Geldgeber sonst gerne ihre Logos präsentieren, arbeiten sie in Mogadischu möglichst unauffällig. Dienstwagen werden in Mogadischu gemietet, nicht gekauft. Internationale Angestellte fliegen selten und nur für wenige Tage ein. Jede Hilfsorganisation braucht und beschäftigt eigene Sicherheitskräfte. Die Vereinten Nationen (UN) haben für Mogadischu die höchste Sicherheitsstufe verhängt. Seit Jahren ist keiner ihrer Bediensteten in der somalischen Hauptstadt gewesen.
Für die »Diakonie-Katastrophenhilfe« koordiniert seit zehn Jahren Jürgen Prieske die Somalia-Arbeit. »Wir haben den harten Weg gewählt und uns über die Jahre als eine von einzelnen Klan-Fraktionen unabhängige Kraft etabliert«, beschreibt der 46-Jährige seine Arbeit. Inzwischen sind Mitglieder aller Klans im Büro des DiakoniePartners DBG beschäftigt, das zu Anfang bei Spannungen immer mal wieder innerhalb von Stunden geräumt und dann verlegt werden musste. »Unsere Politik ist: Kein Klan wird bevorzugt, keiner benachteiligt.« In der Praxis, in der ungezählte Förderanträge von diesem und jenem Klan auf den Tischen der DBG-Mitarbeiter landen, ist das eine ständige Herausforderung, ein Tanz auf dem Rand des Vulkans.
In einem Land ohne Staat gibt es auch keine staatliche Ausbildung. Nur rund 15 Prozent der somalischen Kinder, so schätzen die UN, besuchen eine Schule. In Mogadischu eröffneten Eltern 1994 die Umul-kura, in der heute 3000 Kinder unterrichtet werden zuvor hatte es in der Hauptstadt jahrelang keine einzige Schule gegeben. Vor seinem Sturz 1991 hatte Diktator Siad Barre bereits die meisten Schulen geschlossen, um Geld in die Armee zu stecken. Der Rest musste dichtmachen, als der Staat in sich zusammenbrach. In vielen Stadtvierteln haben Kinder seit Jahrzehnten keinen Unterricht mehr bekommen. Bis heute werden die wenigen Schulen überwiegend von Eltern finanziert. »Manchmal gibt es auch einen Gönner, etwa einen Geschäftsmann, der seinem Viertel die Lehrergehälter spendiert«, erklärt DBG-Mann Nur Afrah. Seine Organisation bezahlt den Bau von Schulgebäuden nur dann, wenn die Finanzierung des Unterrichts von somalischer Seite aus gesichert ist. Die Eltern müssen zudem für den Schulbesuch zahlen, im Regelfall etwa einen US-Dollar im Monat.
In Mogadischu haben Mädchen es besonders schwer, eine vernünftige Ausbildung zu bekommen. Faduma Adan hatte Glück. Die heute 33-Jährige hat vor zwei Jahren ihr Betriebwirtschaftsstudium abgeschlossen. Sie ärgerte sich darüber, dass so wenig für die Ausbildung somalischer Frauen getan wurde und entschloss sich, etwas dagegen zu unternehmen. In dem Haus, das sie seitdem angemietet hat, sind heute fünf Klassenräume eingerichtet. Unterrichtet wird Englisch, Mathematik, Schneiderei, Hauswirtschaft und der Umgang mit Computern. 49 Schülerinnen besuchen die begehrten Kurse im Schichtbetrieb. 50 weitere Frauen sollen bald folgen. Männer hingegen müssen draußen bleiben. »Frauen haben hier in Mogadischu die größten Probleme, also müssen sie auch besonders gefördert werden«, begründet die verschleierte Adan ihre Initiative. Viele Frauen sind Witwen und allein erziehende Mütter. Nur die wenigsten haben eine Ausbildung, viele können weder lesen noch schreiben. »Dabei werden in Mogadischu dringend qualifizierte Arbeitskräfte gesucht«, versichert Faduma Adan. Nach sechs Monaten etwa sind ihre Schülerinnen in der Lage, Kleider zu nähen. Örtliche Schneidereien nähmen die Absolventinnen mit Kusshand. »Die Ausbildung am Computer dauert zwar dreimal so lange, dafür können die Frauen dann aber nicht nur mit Office-Programmen umgehen, sondern auch programmieren.« Das können in Mogadischu, wo das Geschäft mit neuen Technologien boomt, die wenigsten. Wenn nicht unterrichtet wird, finden in den Klassenzimmern praktische Kurse zur Geburtsvorbereitung oder zum Umgang mit Kindern statt. Leer steht Faduma Adans Schule nie.
Auf den engen Gassen, die von Adans Schule zum alten Martini-Hospital führen, stapelt sich der Müll. Meterhoch türmt sich die undefinierbare, stinkende Masse auf den Straßen. Ziegen klettern über die verrottenden Berge, auf der Suche nach Fressbarem. Um Müllentsorgung kümmert sich niemand in Mogadischu. Hinter den Mauern des 1911 von den Italienern erbauten Krankenhaus-Komplexes beginnt dagegen eine andere Welt. Kinder spielen im sonnigen Innenhof der großzügigen und gepflegten Anlage. Im Schatten alter Bäume sitzen Bewohner zusammen, manche im Gras, die Krücken neben sich, andere im Rollstuhl. In Martini haben sich die Behinderten von Mogadischu eine neue Heimat errichtet. »Die meisten von uns sind Kriegsversehrte aus dem Ogaden-Krieg«, stellt Ali Hassan Abukhar die Gemeinschaft vor. Diejenigen, die wie Abukhar 1977 gegen Äthiopien gekämpft haben, genießen bis heute hohes Ansehen in der Bevölkerung. Deshalb lassen die Klan-Milizen Martini in Ruhe. Zu mehr aber ist niemand bereit.
Abukhar ist 50, war Inspekteur in Siad Barres Armee und sitzt wegen seiner Kriegsverletzung im Rollstuhl. Wenn er spricht, blitzen seine Augen und Begeisterung liegt in seiner Stimme. Hassan Abukhar ist ein Mann, der Dinge nach vorne treibt. »Wir haben uns inzwischen Jobs geschaffen, mit denen wir einige Kosten hier tragen können.« Vor gerade mal sieben Jahren stand Martini kurz vor dem Zusammenbruch. Nachdem die UN das zerrissene Land 1995 verlassen hatte, waren ohnehin nur noch gelegentlich saudische Hilfslieferungen nach Martini gekommen. Als die auch noch ausblieben, wurde die Lage kritisch. Schwerstbehinderte vegetierten auf nackten Steinfußböden vor sich hin. Die 150 Kriegsversehrten und ihre Großfamilien hatten kein Essen mehr. Viele waren krank, als Folge von Unterernährung oder weil nur ungefiltertes Wasser zur Verfügung stand. Als ein somalischer Arzt schließlich die Not mitbekam, wurde geholfen. Er trommelte so lange bei internationalen Gebern, bis es den Behinderten besser ging.
Vor zwei Jahren begannen die Männer von Martini damit, nähen zu lernen. Vier Monate dauerte sein Training, erzählt Aidu Hassan, der seine Beine seit einem Gefecht kaum mehr bewegen kann. Trotzdem braucht er inzwischen nur noch zehn Minuten, um an den chinesischen Singer-Imitationen ein Moskitonetz zu nähen. An Durchhaltevermögen und Unternehmergeist fehlt es Hassan nicht. Beides braucht er, denn das Geschäft läuft bislang schlechter als gedacht. Statt wie geplant 4800, sind bislang erst 800 Moskitonetze verkauft. »Das Problem ist, dass einige Hilfsorganisationen damit begonnen haben, Moskitonetze zu verschenken.« Ali Hassan Abukhar ärgert sich vor allem darüber, dass die Netze aus Übersee und nicht aus lokaler Produktion stammen. Und das, obwohl die Netze aus Martini von gleicher Qualität sind. »Damit zerstören die doch alles, was wir uns hier wieder aufbauen wollen.« Mit Flugblättern will Abukhar jetzt vor Malaria warnen und für die Netze aus Martini werben. Außerdem hat er neue Ideen. Die Schneider sollen lernen, wie man Hosen und Hemden näht. Auch wie man Seife herstellt, will die Gruppe lernen.
Eine »Ökonomie ohne Staat« nennt der US-amerikanische Anthropologe Peter Little Somalia. Er versucht, das Phänomen zu beschreiben, warum Mogadischu auch nach 14 Jahren Gesetzlosigkeit noch funktioniert gegen alle Regeln. Dazu reicht ein Blick ins Portemonnaie. Wer auf dem Markt einkauft, kann mit diversen Währungen bezahlen. Dollars sind akzeptiert, ebenso die alten somalischen Schillinge, die schon zur Zeit der Barre-Diktatur im Umlauf waren. Den gleichen Wert haben zudem die neuen somalischen Schillinge, die nur durch einen besonders dreisten Trick in den Währungskreislauf gelangten. Die Scheine waren noch unter der Barre-Diktatur im Ausland gedruckt, aber niemals ausgeliefert worden. Einige somalische Geschäftsleute taten sich Jahre später zusammen und kauften das Geld komplett auf als Altpapier. In Mogadischu brachten sie die neuen Scheine in Umlauf, mit Erfolg. Besonders erstaunlich, so Little: Trotzdem sei der somalische Schilling nie so stabil gewesen wie in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre. Und das ohne Zentralbank oder Goldreserven.
Ebenso gut wie Bargeld schließlich ist Khat, eine Droge, von der jeden Tag ganze Flugzeugladungen im Wert von hunderttausenden Euro umgeschlagen werden. Die Blätter und jungen Triebe eines Baumes, der vor allem im Norden Kenias angebaut wird, haben eine aufputschende Wirkung. Spätestens ab der Mittagszeit zerkauen die meisten somalischen Männer ein frisch importiertes Blatt nach dem anderen. Weil Khat, das in Kenia Mira'a genannt wird, seine Wirkung nach spätestens 24 Stunden verliert, ist das von mächtigen Klanführern beherrschte Millionengeschäft ein Lauf gegen die Zeit. Viele Milizen lassen sich gar nicht erst mit Geld, sondern direkt mit Khat auszahlen. Weite Fahrten werden in Mogadischu deshalb vormittags erledigt. Denn wenn die ersten Khat-Ladungen die Milizen Mogadischus erreicht haben, steigt die Gefahr von willkürlichen Schießereien. Die täglich neuen Einschusslöcher in den Ruinen Mogadischus sind stumme Zeugen.
aus: der überblick 03/2005, Seite 44
AUTOR(EN):
Marc Engelhardt
Marc Engelhardt lebt in Nairobi und arbeitet von dort als freier Afrika-Korrespondent unter anderem für den Evangelischen Pressedienst (epd) und die ARD.