Langsam nimmt er Form an, der heftig diskutierte neue Evangelische Entwicklungsdienst EED. Vier Vorstandsmitglieder des Vereins stehen mittlerweile fest:
von Ilse Preiss
In einer Sitzung Anfang November in Leipzig bestellte der Aufsichtsrat Konrad von Bonin, Hartmut Bauer, Christoph Dehn und Wilfried Steen für die Leitungsaufgaben. Das Männerquartett soll im neuen Jahr um eine fünfte Person ergänzt werden. Auch die Standortfrage hat der Aufsichtsrat unter Führung des Braunschweiger Landesbischofs Christian Krause entschieden: Sitz und Betriebsstätte des EED wird Bonn sein. Der Eintrag ins Vereinsregister ist beantragt; der Vollzug bildet die rechtliche Grundlage dafür, daß der neue EED eine Geschäftsstelle einrichten und seine Arbeit aufnehmen kann.
Die Gründung des EED treibt - im Auftrag der EKD - ein "kommissarischer Vorstand" voran. Hartmut Bauer (EZE), Christoph Dehn (DÜ) und Wilfried Steen (KED) bereiten als Geschäftsführer ihrer Organisationen gleichzeitig den EED-Start vor. Den Vorsitz im Führungsgremium soll dann, so der Wunsch des Aufsichtsrates, Konrad von Bonin übernehmen, ein "gelernter" Jurist, der derzeit als Studienleiter beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Fulda arbeitet. Wunsch des Aufsichtsrates ist es außerdem, auch eine Frau in den EED-Vorstand zu bestellen - und zwar eine, die gleichzeitig den missionstheologischen Arbeitsbereich der neuen Organisation abdeckt.
Wie sich die Geschäftsbereiche genau auf die fünf Vorstandsmitglieder verteilen werden, steht noch nicht fest. Ebensowenig ist bislang die Frage entschieden, ob das Leitungsgremium - wie das jetzige Geschäftsführer-Kollegium der AG KED - nach dem Konsensprinzip arbeiten oder eher hierarchisch strukturiert sein soll. Das Binnenverhältnis im Vorstand wird eine Geschäftsordnung regeln, über die der Aufsichtsrat im neuen Jahr entscheidet.
Etwas mehr Klarheit gewinnen kann der Aufsichtsrat wahrscheinlich schon während einer Klausurtagung Ende Januar über den Zuschnitt der Geschäftsbereiche. Geplant sind zwei Ressorts mit den Arbeitstiteln "Inland/Entwicklungspolitik" und "Übersee". Im ersten wird alles verortet, was mit Lobbyarbeit für das Thema Eine Welt zu tun hat, insbesondere die Aktivitäten in den Bereichen Bildung, Publizistik und Medien (einschließlich Rückkehrerarbeit). Im zweiten will die kirchliche Entwicklungshilfe neue Wege gehen: Die Personelle und die Finanzielle Hilfe sollen zusammengefaßt werden (mit regionaler und sektoraler Gliederung). Neben den beiden großen Ressorts wird es wohl eine Stabsstelle mit den Aufgaben einer Grundsatzabteilung geben. Die Details werden nach dem Willen des Aufsichtsrats im Zuge eines Organisations- und Entwicklungsprozesses mit den Mitarbeitenden festgelegt.
Stichwort Mitarbeitende: Bis spätestens 30. Juni 2001, beschloß der Aufsichtsrat, muß auch die örtliche Zusammenführung des EED in Bonn vollzogen sein. Wilfried Steen, der die "Geschäftsführung" des 16köpfigen Gremiums übernommen hat: "Da sind natürlich noch viele Fragen offen".
Juristisch wie inhaltlich noch zu klären ist überdies beispielsweise, was aus dem Verein Dienste in Übersee wird, bei dem im Moment das Recht liegt, Entwicklungshelfer/innen zu entsenden. Die gesetzlich geregelte Rechtsträgerschaft kann nicht auf den EED übertragen werden. Um nicht umsatzsteuerpflichtig zu werden, möchte man Dienste in Übersee zudem in eine gemeinnützige GmbH umwandeln.
Nach wie vor offen ist ebenfalls die Frage, wann und wie sich Brot für die Welt, das Aushängeschild der evangelischen Entwicklungszusammenarbeit, der neuen Organisation an-schließt. Denn mit DÜ, EMW, EZE und KED faßt die EKD ja nur vier der "fünf Finger" der bisherigen Arbeitsgemeinschaft Kirchlicher Entwicklungsdienst im EED zusammen. "Brot" bleibe zunächst integraler Bestandteil des Diakonischen Werkes der EKD, doch die Synode in Leipzig habe "massiv darauf gedrungen", daß die Stuttgarter mittelfristig zum EED stoßen, berichtet Wilfried Steen. Die Synode 2001 erwarte einen Bericht des Kirchenamtes, welche Anstrengungen unternommen wurden, um Brot für die Welt in den EED zu integrieren.
Kurzfristig will man die Zusammenarbeit über eine Kooperationsvereinbarung regeln. Sie soll auch die Grenzen der Aktivitätsbereiche beider Organisationen abstecken. Einerseits ist für alle Beteiligten klar, daß es in der Spendenwerbung keine Konkurrenz für "Brot" geben kann und darf. Andererseits aber kann und will der EED nicht grundsätzlich auf Spenden verzichten und muß angesichts der Mittelknappheit verstärkt neue Finanzquellen erschließen, etwa durch Sponsoring.
Steen: "Der EED soll nicht zum Spaltpilz
für den kirchlichen
Entwicklungsdienst werden.
Im Gegenteil: Wir wollen die Zusammenarbeit
möglichst intensivieren".
Nicht nur, daß in der Öffentlichkeit zwei konkurrierende Organisationen kaum zu "verkaufen" wären: Allein schon aus finanziellen Gründen muß die evangelische Entwicklungshilfe ihre Kräfte bündeln. Denn die Leipziger Synode bestätigte zwar ausdrücklich den Beschluß von Bad Salzuflen und bat die Landeskirchen dringend, die Mittel für den kirchlichen Entwicklungsdienst nicht unter die 100-Millionen-Grenze sinken zu lassen. Doch für 1999 kann die AG KED - wie im vergangenen Jahr - wahrscheinlich wieder nur mit einem Betrag von rund 92 Millionen Mark rechnen.
Die AG KED beendet Ihre Existenz zum 31. Dezember 1999 nach nahezu dreißig Jahren Tätigkeit durch den Austritt von Brot für die Welt. Damit entsteht eine Übergangszeit, in der die bestehenden Organisationen weiterhin in bewährter Weise zusammenarbeiten. Obwohl der Eintrag des neuen EED beantragt ist, kann der Vollzug dauern. Spätestens Mitte des nächsten Jahres, hofft der Aufsichtsrat, werde die rechtliche Selbständigkeit erreicht sein - je früher, desto besser. Der Öffentlichkeit soll die neue Organisation allerdings schon vorher vorgestellt werden. Wilfried Steen: "Wir haben die Hoffnung, daß der Startschuß mit der ersten Mitgliederversammlung am 1. März 2000 fallen kann".
aus: der überblick 04/1999, Seite 119