Diversifizierung von Arbeitsfeldern und Mittelbeschaffung
Das Instituto Brasileiro de Análises Sociais e Econômicas (Brasilianisches Institut für Soziale und ökonomische Analysen), kurz Ibase genannt, ist einer der wichtigsten Partner der Evangelischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe (EZE). Diese hat Ibase von Anfang an gefördert und ist heute noch der zweitgrößte einzelne Geber der brasilianischen Organisation. Obwohl ein mehrjähriges Austauschprogramm zwischen den beiden Einrichtungen vorerst nicht fortgesetzt wird, "existieren nach wie vor starke Bindungen und ein intensiver politischer Dialog, der sich vor allem aus den gemeinsamen Anliegen heraus entwickelt hat", wie Cândido Grzybowski, der Direktor der Abteilung Politik und Planung' von Ibase, während eines Besuches bei der EZE hervorhob.
von Uwe Kerkow
Die Nichtregierungsorganisation (NRO) wurde 1981 im kanadischen Exil gegründet und hat seitdem eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen. Zunächst wirkte sie vor allem an der Demokratisierung Brasiliens mit. Doch von Beginn an verstanden die Initiatoren das Projekt auch als eine politische Initiative, die "die Politik an den Sorgen der Bürger ausrichten helfen will", wie Grzybowski es ausdrückt. Heute ist Ibase ein wichtiger Partner brasilianischer Behörden und Unternehmen und deckt zunehmend auch die inländische Nachfrage nach wissenschaftlichen Dienst- und Beratungsleistungen ab.
Dabei spiegelt die Entwicklung der Organisation auch die Entwicklung der brasilianischen Gesellschaft in den letzten zwei Jahrzehnten wider. Denn es zeigte sich, daß der Einsatz für demokratische Verfahren und Institutionen, für Bürgerrechte und ausgegrenzte Gruppen auf Dauer eine sehr schmale Basis für die weitreichenden gesellschaftlichen Veränderungen bildete, die die Aktivisten von Ibase anstreben. Daher begannen sie sich bald mit Fragen der "guten Regierungsführung" auseinanderzusetzen, und 1992 kamen die Themen Armutsbekämpfung, Umwelt und Entwicklung hinzu. Heute umfaßt die Arbeit der brasilianischen NRO vier Bereiche:
Doch nicht nur die Art und der Umfang der Arbeit von Ibase haben sich verändert. Auch die Finanzierung sieht völlig anders aus als in der 80er Jahren. Bis 1990 kamen 95 Prozent aller Einnahmen als Unterstützung von Organisationen aus anderen Ländern. Heute machen diese Positionen heute nur noch ein Drittel des Haushaltes der NRO aus. "Zwei Drittel unserer Einnahmen kommen heute aus Brasilien und mehr soll es auch nicht werden", meint Grzybowski. "Wir müssen unabhängig bleiben und wollen keine Aufgaben übernehmen, die eigentlich Sache des Staates sind." Zunehmend werden deshalb auch Finanzierungsmöglichkeiten gesucht, die aus privaten Quellen schöpfen. "Es gibt jetzt ein neues Gesetz bei uns, daß Spenden an gemeinnützige Organisationen von Steuern freistellt. Wir suchen die direkte Unterstützung durch die Menschen. Seit zwei Jahren rufen wir regelmäßig zu Spenden auf." Aus Deutschland kommt Unterstützung außer von der EZE auch vom Deutschen Entwicklungsdienst, der Heinrich-Böll-Stiftung und von Brot für die Welt.
"In Zukunft werden wir mehr und mehr dazu übergehen müssen, konkrete politische Vorschläge zu entwickeln", prognostiziert Grzybowski. "Es wird nicht ausreichen, eine gute Ausbildung und Gesundheitsversorgung zu fordern wir müssen auch sagen, wie wir sie bekommen können." Dabei hätten die Partner in Deutschland zwar andere Aufgaben, sie verfolgten jedoch die gleichen Ziele: "Ihr müßt euren Einfluß auf die Weltbank und innerhalb der EU geltend machen und eine Alternative zur Dominanz der Vereinigten Staaten aufbauen. Nur wenn wir international zusammenarbeiten, haben wir in Zukunft noch eine Chance, gehört zu werden."
aus: der überblick 01/2000, Seite 133