Arme sterben im Durchschnitt jünger. Ein Grund dafür ist, dass sie selten medizinische Behandlung in Anspruch nehmen, weil es die in ihrer Nähe nicht gibt oder sie dafür kein Geld erübrigen können. Nicht zuletzt können sie keine Medikamente kaufen.
von Bernd Ludermann
Denn selbst wichtige Medikamente sind in armen Staaten auf dem Lande schwer erhältlich. Gesundheitsposten oder Apotheken, die sie fachgerecht vorhalten und vertreiben können, sind außerhalb der Städte dünn gesät. Kirchliche Gesundheitsdienste tragen besonders in Afrika südlich der Sahara dazu bei, diese Lücke zu füllen häufig mit Hilfe von Partnern im Norden, darunter Missionswerke, "Brot für die Welt" und der EED.
Auch ein besseres Angebot an Medikamenten ändert aber nichts daran, dass sie für große Teile der armen Bevölkerung unerschwinglich sind. Kaum jemand hat eine Krankenversicherung, die einen Teil der Kosten übernimmt. Eine besondere Belastung sind chronische Krankheiten und natürlich Aids: Die lebensverlängernde Behandlung mit anti-retroviralen Medikamenten, die ständig genommen werden müssen, kann sich kaum ein Afrikaner leisten, obwohl Afrika von Aids wie auch von Malaria besonders betroffen ist.
Kirchen und kirchliche Werke gehören deshalb zu denen, die betonen: Alle Menschen haben ein Recht auf angemessene medizinische Behandlung. Dazu gehören die nötigen Medikamente. Das deutsche Aktionsbündnis gegen Aids, dem auch "Brot für die Welt" und der EED angehören, fordert daher die Pharma-Unternehmen auf, armen Ländern Medikamente zum Herstellungspreis anzubieten auch neue, patentgeschützte. Und es verlangt mehr Entwicklungshilfe für das Gesundheitswesen armer Länder.
In der Tat wird in den ärmsten Ländern der Zugang zu Medikamenten noch eine Weile von ständigen internationalen Hilfen abhängen. Besonders teuer ist die Aids-Behandlung: Der globale Hilfebedarf dafür sowie für Aids-Prävention wird für 2007 auf etwa 15 Milliarden US-Dollar geschätzt. Wenn die Industrieländer ihre Entwicklungshilfe auf das lange versprochene Niveau von 0,7 Prozent ihres Sozialprodukts anheben, ist das auch finanzierbar.
Die Forderung nach mehr Hilfe ist berechtigt. Allerdings werden auch für die Verwirklichung anderer Menschenrechte etwa auf Wasser, Bildung oder Nahrung hohe Summen an Entwicklungshilfe eingefordert. Zudem müsste man die Wirtschaftskraft armer Länder so stärken, dass sie ihre Sozialdienste irgendwann selbst tragen können. Der zutreffende Verweis darauf, dass medizinische Behandlung ein Menschenrecht ist, ist daher keine ausreichende Antwort auf die Frage, wofür man die verfügbare Hilfe am besten einsetzt zum Nutzen der Menschenrechte insgesamt.
aus: der überblick 03/2006, Seite 91
AUTOR(EN):
Bernd Ludermann