Auf dem Weg zur Demokratie
Das Gebiet des heutigen Tansania ist eine der Wiegen der Menschheit - etwa 1,8 Millionen Jahre alte Spuren menschlicher Vorfahren wurden hier gefunden. Im ersten Jahrtausend vor Christi ist das Land geprägt von Wanderungsbewegungen von Jägern und Sammlern, Hirtenbauern und Bauernvölkern.
von Eva-Maria Eberle
Die ersten Handelsrouten über den Indischen Ozean mit arabischen und persischen Händlern entstehen im 7. und 8. Jahrhundert. Vom 13. bis 16. Jahrhundert bildet sich an der Küste eine arabisch geprägte Hochkultur, die von 1500 bis 1650 unter portugiesische Herrschaft fällt. Danach bauen islamische Araber aus Oman in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf Sansibar ein bedeutendes Reich auf, das mit Sklaven vom Festland handelt. Ab 1845 wird versucht, das internationale Verbot des Sklavenhandels durchzusetzen; das Verbot der Sklavenhaltung kann erst 1922 durchgesetzt werden. Erste Missionsstationen werden 1846 und 1868 in der Kilimandscharo-Region und bei Bagamoyo eingerichtet.
Kolonialzeit
1884 Carl Peters schließt im Namen der privaten Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft "Verträge" mit lokalen Herrschern, erwirbt damit beträchtliche Landstriche an der Küste und bekommt 1885 einen Schutzbrief von Kaiser Wilhelm II.
1890 Der Helgoland-Sansibar-Vertrag steckt die Einflusssphären in Ostafrika zwischen Deutschland und Großbritannien ab: Tanganjika (das Festland Tansanias), Ruanda und Burundi werden die Kolonie Deutsch-Ostafrika, Sansibar und Pemba britisches Protektorat.
1919 Tanganjika fällt an den Völkerbund und 1920 als Völkerbundmandat (ohne Ruanda und Burundi) an Großbritannien.
1954 Gründung der Partei Tanganyika African National Union (TANU) unter der Führung von Julius Nyerere.
Tansania unter Nyerere
1961 Am 9.12. wird Tanganjika unter Premierminister Julius Nyerere in die Unabhängigkeit entlassen; Sansibar bleibt britisches Protektorat.
1962 Nyerere wird Staatspräsident.
1963 Am 10.12. wird Sansibar unabhängig; Putsch gegen den Sultan von Sansibar unter Abeid Karume, Chef der Afro Shirazi Party (ASP); Ausrufung der Volksrepublik; Aufbau einer Willkürherrschaft.
1964 Vereinigung von Tanganjika und Sansibar zur Vereinigten Republik von Tansania.
1965 Die provisorische Verfassung schreibt ein auf dem Festland von der TANU, im autonomen Gebiet von Sansibar und Pemba von der ASP getragenes Einparteisystem fest.
1967 Mit der Arusha-Deklaration werden der afrikanische Sozialismus, ujamaa und self- reliance zu Leitbildern der Politik erklärt.
1968 Nach den wichtigsten Industriezweigen und Banken werden auch Schulen verstaatlicht; bis 1973 werden ujamaa-Dörfer geschaffen.
1971 Enteignung von Mietshäusern, privaten Landwirtschaftsbetrieben und Krankenhäusern.
1972 Tödliches Attentat auf Karume. Sein Nachfolger Aboud Jumbe sorgt für die Liberalisierung Sansibars.
1973 Zwangsumsiedlung von Bauern aus verstreuten Gehöften in zentralisierte Dörfer (bis 1976).
1974 Schwere Wirtschaftskrise; Dodoma wird neue Hauptstadt Tansania.
1975 Wiederwahl Nyereres (nur er kandidierte) mit 90 Prozent der Stimmen; westliche Entwicklungshilfe wird wegen des politischen Kurses eingestellt. Die Eisenbahnstrecke von Tansania nach Sambia (TANZAM) wird mit Hilfe der Volksrepublik China vollendet.
1976 Abschaffung der privaten Geschäfte zugunsten von Kooperativläden.
1977 ASP und TANU schließen sich zur Partei der Revolution (CCM, Chama cha Mapinduzi) zusammen; die CCM wird nach der neuen Verfassung einzige Staatspartei.
1978 Einführung der allgemeinen Schulpflicht.
1978 Tansanisch-ugandischer Krieg. Er endet 1980 mit dem Sturz des ugandischen Diktators Idi Amin.
1980 Sansibar gibt sich eine eigene Verfassung und wählt sein eigenes Parlament.
1984 Ali Hassan Mwinyi (CCM) wird Nachfolger Jumbes als Präsident von Sansibar.
1985 Julius Nyerere tritt nicht zur Wiederwahl an, bleibt aber Vorsitzender der CCM; Ali Hassan Mwinyi wird zum Präsidenten Tansanias gewählt.
Reformen nach Nyerere
1986 Strukturanpassungsmaßnahmen entsprechend den Plänen von IWF und Weltbank werden eingeleitet.
1990 Nyerere gibt seinen CCM-Vorsitz ab; Mwinyi wird mit 95,5 Prozent als Staatspräsident bestätigt; Salmin Amour (CCM) wird mit 97 Prozent zum Präsidenten Sansibars gewählt.
1992 Verfassungsänderung: Die Nationalkonferenz der CCM beschließt den Übergang zum Mehrparteiensystem.
1993 Spannungen zwischen dem Festland und Sansibar; teilweise religiös motivierte Unruhen; erste freie Kommunalwahlen im Oktober; Einsetzung der Presidential Parastatal Sector Reform Commission (PSRC), die die Privatisierung der 395 Staatsbetriebe einleiten soll.
1994 Nach dem Genozid in Ruanda nimmt Tansania 550.000 Flüchtlinge auf.
1995 erste Mehrparteienwahlen. Benjamin Mkapa (CCM) wird mit 61,8 Prozent zum neuen Präsidenten gewählt; die CCM erhält 214 von 275 Sitzen im Parlament.
1998 Bombenanschläge auf die US-amerikanischen Botschaften in Nairobi und Dar es Salaam.
1999 Julius Nyerere stirbt.
2000 In den Parlamentswahlen im Oktober gewinnt die CCM die absolute Mehrheit, Mkapa wird als Präsident klar bestätigt. Auf Sansibar kommt es zu Wahlmanipulationen; neuer Präsident von Sansibar wird das CCM-Mitglied Amani Karume. Im November führt eine Dürre zu Nahrungsmittelknappheit und Stromrationierungen.
2001 Bei Demonstrationen der CUF auf Sansibar im Januar gegen die offiziellen Wahlergebnisse werden mindestens 23 Menschen getötetet; etwa 2370 fliehen nach Kenia. Im November werden Tansania von den großen Gläubigerstaaten mehr als die Hälfte der Auslandsschulden erlassen.
2002 Grundschulbildung ist wieder kostenlos. Der Schädling armyworm vernichtet in den Regionen Kilimandscharo und Arusha etwa 14.000 Hektar Getreidefelder.
Eva-Maria Eberle
aus: der überblick 02/2002, Seite 22
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Eva-Maria Eberle:
Eva-Maria Eberle ist Redakteurin beim überblick.