Mitte 2006 wird in Deutschland die Endrunde der Fußball-Weltmeisterschaft ausgetragen. Zugleich findet in Potsdam eine WM-Endrunde von anderer Art statt: die Finalrunde eines Turniers zwischen gut 200 WM-Schulen, deren Teams je eine Fußball-Nation repräsentieren.
von Bernd Ludermann
Anders als bei der richtigen WM geht es den Schulen in erster Linie darum, dass Schülerinnen und Schüler sich mit Fairness auseinandersetzen. Und das im Kleinen wie im Großen: Zum Thema gehören nicht nur das Verhalten auf dem Platz, sondern auch die Fairness im Umgang miteinander sowie faire Beziehungen zwischen Arm und Reich, zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Deshalb beteiligt sich Brot für die Welt an diesem Projekt mit dem Titel Fair Play for Fair Life.
Der Ansatzpunkt scheint gut gewählt. Den WM-Schulen ist dadurch, dass sie ihre Finalrunde in den ersten Tagen der richtigen WM austragen, hohe öffentliche Aufmerksamkeit sicher. Noch wichtiger ist, dass Sport geradezu als Symbol für Fairness gilt. Diese Assoziation kennt jedes Kind. In Wirklichkeit ist aber fraglich, wie fair es gerade in der Welt des Profi-Fußballs zugeht. Das Verhalten auf dem Platz ist das kleinste Problem: Da sorgt der Schiedsrichter dafür, dass die Regeln befolgt werden, es sei denn er ist korrupt (das ist bisher die Ausnahme). Doch die Art, wie Spitzenfußballer und schlimmer noch vielversprechende junge Spieler, oft aus armen Ländern, international gesucht und verschachert werden, hat mit Fairness nichts zu tun. Auch dass die meisten Fußbälle, die in reichen Ländern verkauft werden, in armen Ländern und gegen wenig Lohn von Kindern genäht werden, ist offensichtlich ungerecht. Das Projekt WM-Schulen regt Kinder an, über solche Fragen und über ihr eigenes Verhalten nachzudenken.
Auch der Politik können faire Verfahren entscheidend sein besonders bei Wahlen wie jüngst in Liberia. Der Urnengang dort soll dem Land nach Jahren des Bürgerkrieges wieder eine legitime Regierung geben. Die Kirchen des westafrikanischen Landes haben sich für saubere Wahlen eingesetzt, und der EED hat sie dabei mit deutschen Wahlbeobachtern unterstützt. Am Urnengang selbst war wenig zu beanstanden; das und die Wahlbeteiligung von fast drei Viertel zeigen, welchen Wert die Bevölkerung dem Verfahren beimisst. Ob es den erhofften Neuanfang bringt, ist jedoch offen. So ist eine Reihe von mutmaßlichen Kriegsverbrechern ins Parlament gewählt worden. Und die erste Runde der Präsidentschaftswahlen gewann George Weah, ein millionenschwerer früherer Profi-Fußballer. Die Stichwahl im November hat er dann jedoch gegen Ellen Johnson-Sirleaf verloren. Die Liberianer haben damit als erste Nation in Afrika eine Frau zum Staatsoberhaupt gemacht.
aus: der überblick 04/2005, Seite 81
AUTOR(EN):
Bernd Ludermann