Einsatz gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus
Regine Norden ist es um Verständigung und Begegnung zwischen den Kulturen zu tun. Sie hat ihre Auslandseinsätze als gegenseitiges Lernen erlebt und setzt sich dafür auch in Deutschland ein besonders gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus.
von Bernd Ludermann
Norden ist Lehrerin für Biologie und Sport, seit kurzem auch für Erdkunde. Reisen nach Südafrika, Mittelamerika und in die USA ließen sie Mitte der 1970er Jahre zu dem Entschluss kommen, eine Tätigkeit in der Entwicklungshilfe zu suchen. 1987 fand sie während einer Reise eine Anstellung bei der Organisation der ostkaribischen Staaten im Rahmen eines von der GTZ geförderten Projekts zur Umweltbildung in der Karibik. Regine Norden schulte dort unter anderem Bibliothekarinnen und entwarf Material für Kinderferienprogramme. 1992 kam sie zurück nach Lübeck und ging dann von 1997 bis 2000 mit "Dienste in Übersee" (DÜ) nach Nordthailand. Hier war sie Beraterin beim Christlichen Verein Junger Menschen (YMCA), der im Norden Thailands einem Gebiet von Minderheitenvölkern (hill tribes) unter anderem Bewusstseinsbildung über Umweltfragen und biologische Landwirtschaft sowie Gemeinde-Forsten fördert.
Die Vorbereitung für den Einsatz mit DÜ lobt Regine Norden als umfassend und zugeschnitten auf das, was sie wissen musste. Trotzdem kam sie, wie sie sagt, in Thailand "manchmal an die Grenze ihrer Anpassungsfähigkeit". Kulturelle Verhaltensunterschiede und die strengen sozialen Hierarchien, auch im YMCA, machten ihr zu schaffen. Mit ihrer eher direkten Art lief sie da öfter auf. Und als es ihr gelang, zu unteren Mitarbeitenden freundschaftliche Beziehungen zu knüpfen, beeinträchtigte das ihr Verhältnis zu den Mitgliedern der Leitung. Sie musste sich auch dagegen wehren, vorwiegend als zusätzliche Arbeitskraft eingesetzt zu werden. Sie wollte ja Kenntnisse und Ideen vermitteln, von denen die Organisation auch nach ihrer Rückkehr noch profitiert.
Als Beamtin konnte Norden nach den Auslandseinsätzen in den Schuldienst zurück. Die berufliche Wiedereingliederung war daher kein Problem. Einen Schrecken versetzte ihr aber die fremdenfeindliche Gewalt zu Haus : Kurz nach ihrer ersten Rückkehr 1992 aus der Karibik wurden in Mölln, ihrer Geburtsstadt, und in Rostock tödliche Brandanschläge auf Zugewanderte verübt. Die Synagoge Lübecks direkt hinter Regine Nordens kleinem Haus wurde 1993 zweimal in Brand gesetzt.
Norden startete daraufhin ein Anti-Rassismus-Projekt an ihrem Gymnasium. Schülerinnen und Schüler sollten publikumswirksam etwas für ihresgleichen tun ein Fest, eine Radiosendung, Russisch lernen. Zugewanderte wurden eingeladen, daran mitzuwirken. Die jungen Leute aus der Schule engagierten sich, und das Projekt gewann einen bundesweiten Preis der Karl-Kübel-Stiftung. Es war, so Norden, "eine Auswirkung meines Einsatzes in der Karibik. Danach war mir klar: Das Miteinander der Kulturen zu fördern, das ist mein Weg. Ich möchte in Deutschland die Schätze weitergeben, die ich durch meine Erfahrungen gesammelt habe, gerade an meine Schüler."
Nach der zweiten Rückkehr aus Thailand muss sie allerdings feststellen, dass das schwieriger geworden ist. Ihre Angebote jüngst etwa ein Kurs "Welt im Wandel" an der Realschule, an der sie seit 2003 unterrichtet finden kaum noch Interesse. Die Kinder sind schwerer zu motivieren, bilanziert sie mit einer gewissen Enttäuschung.
Doch am Ideal vom Miteinander der Kulturen hält Norden fest. Nach dem Einsatz in Thailand hat sie Deutschkurse an der Volkshochschule gegeben, vor allem für Zugewanderte aus Russland, darunter viele Juden. Vor dem jüngsten Irak-Krieg hat sie angeregt, dass Anwohner ihrer kleinen Straße diese zur Friedensstraße erklärten. Praktisch alle haben mitgemacht, die Straße war von Plakaten mit "Frieden" in mehreren Sprachen überspannt. Und die jung gebliebene 57-Jährige pflegt einen Kreis von Freunden aus verschiedenen Ländern. Gern möchte sie noch einmal nach Übersee auch wieder nach Asien, nachdem sie den Zusammenprall der Kulturen dort einmal durchlebt hat.
aus: der überblick 03/2004, Seite 117
AUTOR(EN):
Bernd Ludermann :
Bernd Ludermann war viele Jahre Redakteur beim "überblick". Er arbeitet jetzt als freier Journalist in Hamburg und betreut unter anderem als Redakteur die Forum-Seiten im "überblick".