Century City und die Stadtentwicklung am Kap
von Rafael Marks
Südafrikanische Städte verwandeln sich rasch in archetypische postmoderne Städte und folgen somit den städtischen Entwicklungstrends weltweit. So wie die "Apartheid-Stadt" aus einer Verbindung von rassistischen Ideologien und modernistischem Funktionalismus entstand, so werden unsere neuen städtischen Räume und die städtischen Räume des neuen Südafrika durch die Verbindung von örtlichen Gegebenheiten mit globalen wirtschaftlichen und kulturellen Kräften gestaltet. Befreit vom Zugriff staatlicher Kontrolle, sind unsere Städte nunmehr dem höchst nebulösen Konzept des freien Marktes ausgeliefert. Es geht weniger um die Freiheit der Stadt als um die Freiheit des Profits.
Allein durch ihre Größe und ihre Großspurigkeit symbolisiert die rasch wachsende Century City diesen neuen Urbanismus in Südafrika, ein postmoderner Phönix, der sich seit Ende der neunziger Jahre aus einer riesigen Fläche mit fremdartiger Vegetation erhebt. Century City ist nicht nur eine weitere Entwicklung der Stadt, sondern eine Stadt in sich. Sie verbindet Einzelhandelsgeschäfte, Freizeitangebote, Büros, Wohn- und ökologische Gebiete sozusagen unter einem Dach und ist die höchste Form der Verwandlung von städtischen Räumen und Dienstleistungen in Waren. Dort gibt es keine Wohnprojekte zu niedrigen Kosten oder öffentliche Schulen oder Bibliotheken, sondern nur solche Aspekte des städtischen Lebens, die bequem neu verpackt, neu behandelt und mit einem neuen Image versehen werden können. Man kann im gleichen Komplex leben, arbeiten und einkaufen, ohne die City verlassen zu müssen, einen unwirklichen Raum bewohnen und von den Problemen jenseits ihrer Grenzen ferngehalten werden. Hier wird ein prämodernes Fantasiegebilde von Urbanismus geschaffen, und zwar mitten im Nach-Apartheid-Kapstadt. Das Ergebnis ist die höchste Form eines echten Schwindels. Doch die Auswirkungen sind alles andere als das.
Century City spielt eine nicht klar definierte Rolle in der Stadtentwicklung. In den Medien wird sie gefeiert, doch wurde hier eindeutig eine Gelegenheit verpasst, die Stadt durch eine demokratische und fortschrittliche städtische Erneuerung, durch eine echte Stärkung des öffentlichen Bereichs und durch die Schaffung einer gemeinsamen Vision und Identität umzugestalten. Mit dem stetigen Wachstum bleibt die Frage offen, wer die städtische Entwicklung in Kapstadt unter Kontrolle hat und welche Form sie annehmen sollte.
Wie bei allem in Century City ist Größe der entscheidende Faktor: Das Einkaufszentrum ist nicht nur das größte im Land mit rund 121.000 Quadratmetern Einzelhandelsfläche, 460 Geschäften und 45 Restaurants, sondern dort befinden sich auch der größte Kinokomplex ein Multiplex-Kino mit 21 Leinwänden und Platz für 4500 Menschen , das größte interaktive Wissenschaftszentrum in Südafrika, das MTN Science Centre sowie 9400 Quadratmeter mietbarer Büroraum in zwei Häuserblocks von je acht Stockwerken Höhe.
Das Ganze ist mehr als nur ein Einkaufszentrum. Den Besuchern werden ein "erweiterter Lebensstil" und vierzehn Mikroeinkaufswelten mit jeweils eigener Identität geboten, die alle verschiedene Segmente des Marktes anzapfen. Es geht nicht so sehr ums Einkaufen als um Shoppertainment, um die Unterhaltung der Kunden durch Kaufen, wo die Grenzen zwischen Einkauf, Kultur und Bildung völlig verwischt sind. Wie Martin Wragge, geschäftsführender Direktor Ende der neunziger Jahre, erläuterte, bestand die Vision darin, nicht einfach nur ein weiteres Einkaufszentrum zu schaffen, sondern eine "aufregende ganzheitliche Erfahrung", die den meisten "Lebensstilgruppen" etwas bietet. Das Einkaufszentrum ist ausdrücklich auf den Touristenmarkt ausgerichtet und verfügt wie ein Flughafen über Ankunft- und Abfahrt-Terminals für Busse, Begrüßungslounges und sonstige "Dienstleistungen für Gäste", um möglichst viele Besucher anzulocken.
Der herausragende Aspekt des Komplexes ist vielleicht der umgerechnet über 50 Millionen Euro teure Ratanga Junction-Themenpark. Dieser Park, der den Untertitel "der wildeste Ort in Afrika" trägt und "noch nie da gewesene Unterhaltung für die ganze Familie" anpreist, besteht im Wesentlichen aus Fahrten durch die unteren Regionen des afrikanischen Dschungels. In Begleitung etlicher phantastischer Charaktere wie "Felix, der belgische Wissenschaftler" und "Cherub teils Krokodil, teils Affe, teils Vogel" werden Besucher in ein Land von "Phantasie und Abenteuer" entführt. Die Fahrt geht durch Crocodile Gorge, wo man auf ein "überbleibsel des Pfahldorfes eines alten Stammes von Jägern und Sammlern" und eine abgestürzte Ratanga Air Transportation Service Dakota trifft, den Diamond Devil Run, wo Besucher in rasendem Tempo in "den alten ursprünglichen und verfallenen Förderschacht" ein- und wieder ausfahren, "den die Diamond Devil Mining Co. zur Jahrhundertwende gebaut hat". Ratanga stellt eine fiktive afrikanische Identität und Geschichte her, höchst ausdrucksstark nach Disneyland-Art.
Neben dem Ratanga-Komplex hat sich wenn auch nicht am Meer, so doch am künstlich angelegten Gewässer das Dockside-Nachtklub- und Unterhaltungszentrum angesiedelt, das sich zunutze macht, dass Kapstadt jetzt auch in die globalisierte Welt der Vermarktung von Kultur und Konzerten der Größen der Musikindustrie sowie internationalen Klubnächten eingetreten ist.
Südlich des Einkaufskomplexes liegt der Büropark. In dem Bemühen, Hightech-Unternehmen und professionelle Dienstleistungen anzuziehen, die mit der globalen Wirtschaft verbinden, wurde er als eine "intelligente Stadt" entwickelt: Diese biete "die physische und technologische Infrastruktur, um künftigen Erfordernissen von Mietern und Bewohnern gerecht zu werden". Ursprünglich war er für Büros von Großunternehmen gedacht, doch auch kleine und mittlere Unternehmen zeigen sich zunehmend interessiert, weil sie dicht an der kommerziellen Aktivität dran sein wollen, die Century City hervorbringt.
Auf dem Gelände verstreut sind mehrere Bürokomplexe, die sich die Flucht von Unternehmen aus dem Stadtzentrum in die nördlichen Vororte zunutze machen. Die erste erschlossene Fläche umfasst jetzt mindestens 30 Büroblocks; dort befinden sich die regionalen Zentralen von Unternehmen wie Nashua, PQ Africa, Discovery Health, Telkom, PricewaterhouseCooper, Vodacom, Porsche und BMW sowie mehrere andere Bürokomplexe mit Namen wie The Colosseum, Waterview Park und Century Gate. Nach Angaben von Moneyweb.co.za sollen dort bis Ende 2007 nicht weniger als 175.000 Quadratmeter Büroraum fertig gestellt sein. Fast alle diese Gebäude haben eine imitierte neoklassische (das heißt neokoloniale) Fassade gebaut. Das ist die Sprache eines architektonischen und städtischen Designs, das diesen Bezirk von anderen als etwas Besonderes abheben und der Kundschaft signalisieren soll, das es wert ist, dort sein Geld auszugeben.
Zusätzlich zu den Büros gibt es den Daimler-Chrysler Brand Campus mit dem Mercedes Benz Lifestyle Centre "gestaltet, um das Umfeld des Autokaufs auf ein neues Niveau anzuheben". Es soll anspruchsvollen Kunden dienen, "deren Loyalität zur Marke Mercedes-Benz nicht beim Fahrzeug aufhört, sondern die ihre Marke leben wollen". Gleich anschließend will das Chrysler Jeep Dodge Lifestyle Centre seinen Kunden, die "ein Abenteuer, ein Erlebnis erwarten und die der Philosophie ,du kannst überall hin, du kannst alles tun' anhängen". Das Konzept des "Markencampus" war Teil der globalen Initiative von DaimlerChrysler. Nach Auflösung des Weltkonzerns DaimlerChrysler stehen die Planer jetzt allerdings vor dem Problem, was mit dem Chrysler Centre geschehen soll.
Mehrere Wohnkomplexe gehören ebenfalls zu Century City. Der erste davon, Century Place, bietet "stilvolle Architektur", "eleganten Lebensstil" und eine "beispiellose Investitionsmöglichkeiten"; dieser kleine Komplex ist hinter einer videoüberwachten Zugangsschranke sicher versteckt. Ein zweiter, ähnlicher Komplex, Century View, umfasst 600 Häuser. Ein dritter Komplex, The Island Club, besteht aus 450 Luxuswohnungen am Grand Canal gegenüber dem Canal Walk Shopping Centre und verfügt über eigene Privatwasserwege und Freizeitzonen. Weitere Wohngebiete sind die Villa Italia, ein 362 Luxuswohnungen umfassender Komplex "modernen Stils", der "die Romantik, die Leidenschaft und das Ambiente eines italienischen Dörfchens bietet"; und KnightsBridge, ein 15 Stockwerke hoher Wohnturm, auf einer Privatinsel gebaut, der ein Höchstmaß an sicherem, städtischem Leben für anspruchsvolle Eigentümer bietet; ferner der Eigentumswohnungskomplex Manhattan. Darüber hinaus soll in den nächsten Jahren stufenweise ein "Dorf für Rentner" entstehen. Insgesamt wurden über 2500 Wohneinheiten fertig gestellt.
Century City insgesamt ist eine sorgfältig konstruierte Fiktion prämoderner europäischer Urbanität, die an eine Stadt vergangener Zeiten erinnert, vor der Zeit des Monopolkapitalismus und des Massenverkehrs. Vier im allgemeinen Entwicklungsplan von Century City enthaltene Visionen lassen eine Mischung von Vorbildern erkennen. Die erste ist eine Art "edwardisches London vermischt mit den Kanälen von Amsterdam". Eine gusseiserne Brücke führt über den Kanal; sie befindet sich auf einer Achse mit einem gedrungenen Obelisken, der einen bedeutenden Verkehrswendeplatz markiert. Ein Triumphbogen markiert ein Haupteingangstor zu dem Komplex, während ein "Vergnügungsdampfer" im Vordergrund auf nicht existierende Passagiere wartet. Verschiedene andere Straßenmöbel und -ausstattungen triefen von einer in Nostalgie getränkten Ästhetik.
Das zweite Bild, weniger detailliert, legt Venedig in Disneyland nahe. Ein Gondoliere und seine Gondel erscheinen und streben auf ein Einkaufszentrum zu, während ein Rest des römischen Forums unter der reinen Gewichtslosigkeit des Konzepts zusammenzubrechen droht. Ein drittes Image versucht es mit "mittelalterliches Italien trifft auf europäischen Neoklassizismus des 19. Jahrhunderts", Schinkel gestrandet in der Toskana. Schwere Monumentalarchitektur flankiert fade Steinstrukturen. Das letzte Bild schließlich zeigt eine "typische Fußgängerzone" in einem der Wohnbezirke, inspiriert von "San Gimignano, Siena, Lucca, Florenz-Toskana". Topfpflanzen in übergroßen Behältern, Springbrunnen, gusseiserne Straßenlaternen, Balkone, die auf den Verkehr hinabblicken, transportieren ein Phantasiestück von Italien zu den Wohnungen von Kapstadt.
Im Zentrum des sich rasch ausweitenden "Stadtentwicklungsprojekts" wurde ein 16 Hektar großes Feucht- und Naturschutzgebiet mit einer ständigen und einer saisonalen Wasserfläche angelegt. Die Schaffung dieses Naturschutzgebiets war eine Vorbedingung der Provinzregierung für die Gewährung der Erschließungsrechte für Century City.
Die Entwicklung, die hier stattfindet, hat jedoch auch kritische Stimmen auf den Plan gerufen. Der Verlust des traditionellen öffentlichen Bereichs ist ein viel kommentiertes und viel beklagtes Phänomen, hier und im Ausland. Zwar war die Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Raum schon immer unklar, doch heute haben sich die Grenzen zunehmend verwischt. Mit der Verwendung des Begriffs "kollektiver Raum" beschreibt der spanische Architekturkritiker Sola-Morales "öffentliche Räume, die für private Aktivitäten genutzt werden, oder private Räume, die eine kollektive Nutzung ermöglichen". Einkaufszentren und Themenparks sind diese neuen Räume sicher, sauber, ohne unangenehme Überraschungen, doch voller verborgener Verheißungen. Als Zentrum des Vorstadtlebens bieten sie einen gemeinsamen Verbraucherbrennpunkt für ansonsten gestaltlose Vororte. Abgeschottet von den Realitäten des täglichen Lebens sind diese eskapistischen Kokons, diese Wunschgebilde, der neue öffentliche Bereich geworden, rassisch gemischte Treffpunkte der neuen südafrikanischen Mittelschichten. Visuelle Kultur, räumliche Überwachung und privates Management machen Einkaufszentren zu einem idealen Typ von neuem öffentlichem Raum: Städte haben den Raum noch nie so effektiv kontrollieren können wie es jetzt die private Unternehmenskultur tut.
In Südafrika war das Konzept des "öffentlichen Bereichs" sozial und rassisch stets weniger klar definiert als im Westen, und im paranoiden Sozialgefüge haben überwachte und sichere Umfelder einen wachsenden Markt gefunden. Sichtbare Sicherheit gilt als wichtiger Teil des erfolgreichen Marketings einer jeden größeren Geschäfts- oder Wohnungsbauentwicklung in diesem Land, und die fragmentierte städtische Szenerie ist mit diesen privatisierten öffentlichen Räumen übersät. Von "mit Toren versehenen Wohnkomplexen" bis Büroparks, von "Technologie-Parks" bis "Unternehmensparks", von Einkaufszentren bis Themenparks spiegeln diese Entwicklungen eine zunehmende Obsession mit Sicherheit und Überwachung wider. Wie der Historiker Mike Davis bereits 1990 in Los Angeles beobachtete, ist die "Obsession mit physischen Sicherheitssystemen und damit einhergehend mit der architektonischen Regulierung von sozialen Schranken zu einem Zeitgeist der städtischen Umstrukturierung, einem Hauptaspekt im neu entstehenden Umfeld des Bauens in den neunziger Jahren geworden. Auf der schlechten Seite der Postmodernität stellt man eine beispiellose Tendenz fest, das städtische Design, die städtische Architektur und den Polizeiapparat in einem einzigen, umfassenden Sicherheitsbemühen zu verbinden".
Century City ist ein Paradebeispiel für diese "Hochsicherheits-Stadt". Sie ist ein neuer Stadtstaat innerhalb einer Stadt. In einer postmodernen Umkehr der mittelalterlichen städtischen Morphologie wurden die Stadtmauern in die Stadt hineingebracht. Diese neuen Stadtmauern definieren und schützen nicht länger ein städtisches Kollektiv, sondern schließen einen Teil der Bewohner aus und privilegieren die Anderen, die von den Verbrechen und dem Schmutz außerhalb ihrer Grenzen abgeschirmt werden. Mit Zustimmung der öffentlichen Behörden hat Century City den öffentlichen Bereich der Stadt verringert und nicht erhöht. Das hat tiefgreifende Folgen für die städtischen Bürgerrechte und die öffentlichen Rechte.
Die private Stadt verstärkt die städtische Segregation und Exklusivität, indem sie die Wohlhabenden privilegiert, die Armen jedoch wirksam marginalisiert. Das geschieht auf dreierlei Art: erstens dadurch, dass die Mobilität des Autos unterstrichen wird. Century City befindet sich an der Autobahn N1 und ist somit eindeutig auf das Auto und den Individualverkehr ausgerichtet. Der Schlüssel zum Einkaufszentrum ist Bequemlichkeit und Zugänglichkeit. Es ist das erste Einkaufszentrum im Land, in dem Besucher direkt von der Autobahn zum Parkplatz am Haupteingang fahren können, ohne auf eine einzige Ampel oder eine Stoppstraße zu stoßen. Die Rampe hat Platz für 9200 Autos, ferner gibt es 3500 Parkbuchten für Ratanga Junction und viele Hunderte von Stellplätzen für den Büropark.
Das öffentliche städtische Verkehrssystem hingegen bleibt unterfinanziert, und die Mehrheit der Bevölkerung kann sich keine Autos leisten. Die Fahrzeuge des öffentlichen Nahverkehrs können nur bis zum öffentlichen Verkehrskreuz von Century City bei der Ratanga Road fahren, wodurch vermieden wird, dass "von außen kommende öffentliche Verkehrsdienstleistungen" durch den Komplex hindurch fahren. Der "öffentliche" Verkehr innerhalb von Century City erfolgt über ein internes Pendelsystem, das vom Grundeigentümerverband von Century City verwaltet wird.
Die zweite Form, den Ausschluss zu gewährleisten, ist die private Sicherheit. Eine Videoüberwachungsanlage sorgt für die Sicherheitsaufsicht und die Verkehrsüberwachung, während ein zentralisiertes Überwachungszentrum 24 Stunden am Tag besetzt "und bereit ist, auf jede Situation zu reagieren". Der Überwachungsraum, "das Nervenzentrum von Century City", steht in Funkkontakt zu Sicherheitspatrouillen in der ganzen Anlage. Die Sicherheitskräfte patrouillieren zu Fuß, mit dem Fahrrad und in gekennzeichneten und nicht gekennzeichneten Fahrzeugen. Darüber hinaus sind gewisse Bezirke in Century City fernüberwacht und die Kontrollräume 24 Stunden am Tag besetzt. Zusätzlich zu den privaten Sicherheitskräften und einem besonders eingerichteten Team für Spezialwaffen und -taktiken (SWAT), beide von allen Mitgliedern des Grundeigentümerverbandes finanziert, verfügt Century City über ein Kontingent der südafrikanischen Polizei, für die im Bezirk eine besondere Polizeiwache eingerichtet wurde.
Die dritte Methode zur Gewährleistung der Exklusivität ist das Grundkonzept: die allumfassende Kommerzialisierung des städtischen Bereichs. Der Hauptzweck des ganzen Komplexes ist es, den Konsum zu erleichtern, Wünsche und Phantasien zu erzeugen, die durch Kauf und Verkauf befriedigt werden können. Century City ersetzt einen echten öffentlichen Bereich durch ein simuliertes Phantasiegebilde und verbindet das Einkaufen unauflöslich mit Unterhaltung und Vergnügen.
Die städtische Erfahrung wird letztlich reduziert auf einen Moment des Warenverkehrs, der Personen mit genug Geld vorbehalten ist.
Die private Stadt hat auch bedeutende Folgen für die städtische Verwaltung. Ohne Bürgerbeteiligung und ohne dass der Bebauungsplan vor der Genehmigung in der Öffentlichkeit groß bekannt gemacht wurde, ist dieses bedeutende Stück städtischen Landes der Kommunalbehörde und somit dem öffentlichen Bereich entzogen worden. Die Kontrolle der Entwicklung des Komplexes bleibt fest in den Händen der Rabie Property Group, die Century City im Jahr 2004 von der Erschließungsgesellschaft Monex gekauft hat. Sie erbringt die Dienstleistungen für das verbleibende Land, das unterteilt und verkauft wird. Alle neuen Eigentümer sind verpflichtet, einem Grundeigentümerverband beizutreten, dem sie auch regelmäßige Gebühren zahlen.
Diese Art von Schattenkabinett ist in Südafrika nicht ungewöhnlich. Körperschaften, Hauseigentümerverbände, öffentlich/private Partnerschaften, quasiöffentliche Institutionen und sonstige, im Wesentlichen private Systeme haben das Vakuum gefüllt, das der Staat nach seinem Rückzug hinterlassen hat. Und sie sind in der Regel wie Konzerne organisiert und tragen Namen, die ihre Macht keinesfalls erkennen lassen sie können quasi Steuern erheben, Gesetze erlassen und die Einhaltung von Vorschriften erzwingen. Das Ziel dieser Organisationen ist, wie die Anthropologen James Holston und Arjun Appadurai in ihrem Buch Cities and Citizenship ausführen, "die öffentlichen Räume und Dienstleistungen zu privatisieren und Bebauungsvorschriften durchzusetzen, die die Unerwünschten fernhalten".
Der Grundeigentümerverband von Century City ist ein solches Organ. Er sorgt dafür, dass alle neuen Entwicklungen einer Reihe von Regeln und Vorschriften entsprechen, und für die Einhaltung eines ästhetischen Architekturkodexes (einen anfangs von den Direktoren von Monex vorgeschriebenen neokolonialen Stil). Und er ist verantwortlich für die internen Sicherheitsvorkehrungen, die Wartung und alle Dinge, die mit der Verwaltung von Century City zusammenhängen.
Doch obwohl alles Land letztlich in den Händen oder unter der Kontrolle der Rabie Property Group bleibt, wurde der Bau von Zubringerstraßen und Dienstleistungen von der Regierung subventioniert. Die Genehmigung des Bebauungsplans und die Erschließung des Geländes wurden von einer finanziellen Vereinbarung zwischen dem Stadtrat und der Erschließungsgesellschaft über Partnerschaften für die Erbringung von Dienstleistungen und den Bau von Straßen abhängig gemacht. Der Stadtrat war verantwortlich für die Finanzierung und die Bereitstellung von externen technischen Diensten, während sich der damalige Eigentümer Monex verpflichtete, einen Beitrag zu diesen Kosten in Form einer Erschließungsabgabe zu leisten und alle internen Dienste zu finanzieren. Diese sollen in Teilzahlungen in Höhe von insgesamt rund 14 Milliarden Rand (zurzeit etwa 1,5 Milliarden Euro) in einem Zeitraum von zehn Jahren erbracht werden und alle künftigen externen Dienstleistungen von Century City abdecken wie Kanalisation und Verkehrsstraßen. Und die Hälfte der Kosten von Sable Way, einer Autobahnauffahrt und -abfahrt der N1, die den Hauptzugang zu dem Komplex bildet, wurde von den öffentlichen Behörden bestritten. Das ist fast ein Viertel des gesamten Haushalts der Provinz für Wohnungsbau und Kommunalverwaltung.
Century City ist nicht die verdichtete, integrierte, ausgewogene Stadt des Metropolitan Spacial Development Framework, in dessen Rahmen man sich bemüht, die Post-Apartheid-Stadt mit sinnvollen öffentlichen Räumen und einem rekonstruierten städtischen Gefüge neu zu schaffen, sondern ein sorgfältig konstruiertes Gebilde, wo, abgeschnitten von den Realitäten der Stadt jenseits, das Vergnügen des Betrachters seine kritische Urteilsfähigkeit aufhebt. Es handelt sich nicht so sehr um Verdichtung, sondern um Disneyfizierung. Der Schriftsteller Kevin McNamara hat es einmal treffend ausgedrückt: Diese Entwicklungen tragen zum Niedergang der Zivilgesellschaft bei, indem Armut, Obdachlosigkeit und Minderheitenkulturen unsichtbar gemacht werden.
aus: der überblick 03/2007, Seite 12
AUTOR(EN):
Rafael Marks
Rafael Marks ist Architekt und arbeitet in London. Er hat in Ostafrika
und in Südafrika gearbeitet und an Hochschulen in
Kapstadt und London gelehrt.
Ein Vorläufer dieses Artikels war sein Kapitel "Places of Desire" in dem Buch "Limits to Liberation after Apartheid, herausgegeben von
Steven L. Robins, Ohio University Press 2005.