Die Armen im Süden sind Opfer einer ökologischen Aggression
Die Erderwärmung ist nicht mehr aufzuhalten. Doch sie kann und muss laut Klimawissenschaftlern durch entschlossenen Klimaschutz auf höchstens 2 Grad Celsius begrenzt werden. In den Kirchen werden die Stimmen immer lauter, die diese Forderung nachdrücklich unterstützen.
von Bernd Ludermann
So war im Juni auf dem Kirchentag in Köln der Klimawandel eins der prominentesten Themen. Die große Halle, in der drei Tage lang debattiert wurde, welche Schritte für den Klimaschutz nötig sind und welche Interessen ihnen entgegenstehen, war ständig gut gefüllt. Das Publikum brachte immer wieder seine Ungeduld mit den Trippelschrittchen der Klimapolitik zum Ausdruck.
Kirchliche Entwicklungswerke setzen in dieser Frage besondere Akzente. Denn arme Länder werden wahrscheinlich stärker und schon bei einer geringeren Temperaturerhöhung unter den Folgen des Klimawandels leiden. Zudem fehlen den Armen die Mittel für aufwändige Anpassungsmaßnahmen, etwa beim Flutschutz. Einige Partnerorganisationen des EED und von "Brot für die Welt" sehen Anzeichen dafür, dass die Erderwärmung bereits die Lebensgrundlagen armer Bevölkerungsgruppen untergräbt. Die tragen am wenigsten zur Verursachung des Problems bei und haben Grund, sich als Opfer einer ökologischen Aggression anzusehen.
Der EED, "Brot für die Welt" und die Diakonie Katastrophenhilfe unterstützen Partner im Süden bei der Anpassung an unvermeidliche Klimaänderungen, etwa bei der Katastrophenvorsorge. Sie gehören aber auch zu den Wegbereitern der Klima-Allianz. Das Bündnis tritt für Klimaschutz in Deutschland ein und spricht sich klar für darauf gerichtete strittige Maßnahmen aus, etwa in der Energie- und Verkehrspolitik. Drei Landeskirchen sind ihm bisher beigetreten.
Aus Sicht der Kirchen muss globaler Klimaschutz mit Gerechtigkeit einhergehen. Der Vorsitzende des Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber, hat in einem Appell im Mai erklärt, was das bedeutet: Die globalen Emissionen müssen sinken, zugleich aber der Pro-Kopf-Ausstoß armer und reicher Länder sich untereinander angleichen. Die reichen Länder müssen ihren Ausstoß an Treibhausgasen schneller und stärker senken als die armen und diese bei der Bewältigung der Folgen unterstützen. Huber bezeichnete es als Sünde, die nötigen Schritte zu verweigern, ohne diese allerdings genauer zu benennen.
Die Verantwortung der Reichen ist aber mehr als eine moralische Frage. Denn wirksamer Klimaschutz ist nur noch möglich, wenn die großen Schwellenländern sich beteiligen. Die sind, obwohl sie wirtschaftlich und beim Energieverbrauch aufgeholt haben, vom Wohlstand des Nordens noch weit entfernt. Sie werden nur zum Umsteuern bereit sein, wenn die reichen Staaten vorangehen und das Prinzip der Klima-Gerechtigkeit akzeptieren. Dazu gibt es keine vernünftige Alternative.
aus: der überblick 03/2007, Seite 141
AUTOR(EN):
Bernd Ludermann