Das Khmer Rouge Tribunal hat seine Arbeit aufgenommen
Fast zehn Jahre lang rangen die kambodschanische Regierung und die Vereinten Nationen um die Einsetzung eines Strafgerichts gegen die Khmer Rouge. Erstmalig sollen mehr nationale als internationale Richter gegen einige der Hauptverantwortlichen eines weithin als Völkermord bezeichneten Verbrechens urteilen. Sie ringen derweil noch miteinander, welches Gewicht sie haben sollen.
von Jörg Menzel
Über 28 Jahre nach dem Ende ihres Regimes leben die führenden Mitglieder der Khmer Rouge nach wie vor frei in Kambodscha: Der einstige Staatspräsident Khieu Samphan, sein Außenminister Ieng Sary und der so genannte Brother No. 2, Nuon Chea, Stellvertreter des berüchtigten Anführers Pol Pot in der Parteihierarchie. Sie leben entweder in der Khmer-Rouge-Hochburg Pailin, nahe der Grenze zu Thailand, oder in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh. Ihre Namen werden zwar regelmäßig genannt, wenn es um Kandidaten für die Verfahren vor den Extraordinary Chambers in the Courts in Cambodia (ECCC) geht. Diese außerordentlichen Kammern, inoffiziell häufig Khmer Rouge Tribunal genannt, sollen in den nächsten Jahren in Phnom Penh tagen. Ob aber die Anführer jemals die kürzlich mit japanischer Finanzhilfe errichteten Zellen für Untersuchungshäftlinge im Gerichtsgelände beziehen werden, ist derzeit ebenso ungewiss wie der Fortgang dieses späten Versuchs justizieller Vergangenheitsbewältigung überhaupt.
Die Ereignisse, um die es im Khmer Rouge Tribunal gehen soll, liegen etwa dreißig Jahre zurück. Es geht um Staatsverbrechen während der Regierungszeit der Khmer Rouge zwischen dem 17. April 1975 und dem 9. Januar 1979. Hunderttausende Menschen wurden in dieser Zeit von den Khmer Rouge direkt ermordet. Nach der geläufigsten, wenn auch sehr unsicheren Schätzung verloren insgesamt 1,7 Millionen ihr Leben, mehr als ein Viertel der gesamten Bevölkerung. Roland Joffes Film The Killing Fields aus dem Jahr 1984 prägte für Jahrzehnte den Begriff und Bilder für den totalen Staatsexzess und Zivilisationsverlust, mit dem Kambodscha seither weltweit assoziiert wird.
Die Vertreter der Khmer Rouge flanierten derweil in den 1980er Jahren auf dem Parkett der Vereinten Nationen (UN) in New York, wo sie immer noch als legitime Repräsentanten Kambodschas behandelt wurden, weil man dort meinte, die Intervention Vietnams verurteilen zu müssen, die das Regime im Jahr 1979 gestürzt hatte. Zuhause in Kambodscha kämpften die Khmer Rouge mit ausländischer (auch westlicher) Hilfe aus ihren Rückzugsgebieten gegen die neue Regierung in Phnom Penh. Erst die Paris Agreements von 1991 sollten den kambodschanischen Bürgerkrieg durch ein gemeinsames Bemühen aller Konfliktparteien sowie der internationalen Staatengemeinschaft beenden. Deshalb war darin zunächst die Reintegration der Khmer Rouge in den politischen Prozess des Landes vorgesehen. Dies freilich scheiterte, und die Khmer Rouge nahmen den Dschungelkrieg wieder auf, zerfielen aber in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre in einem Prozess der Auflösung.
An eine juristische Aufarbeitung der Khmer Rouge-Verbrechen zwischen 1975 und 1979 war lange Zeit nicht zu denken. Gegen Pol Pot - das bedeutet "ursprünglicher Khmer", sein richtiger Name war Saloth Sar - und seinen Außenminister Ieng Sary wurden zwar 1979 in Phnom Penh in Abwesenheit Todesurteile verhängt. Diese konnten aber nie vollstreckt werden. Pol Pot starb 1998, wahrscheinlich an Herzversagen. Zuvor hatten ihn seine eigenen Gefolgsleute zu lebenslangem Hausarrest verurteilt, weil er einer letzten innerparteilichen Säuberung einen alten Weggefährten mitsamt Frau und Kindern hatte ermorden lassen.
Pol Pots Tage waren also bereits gezählt, als sich die kambodschanische Regierung 1997 an die Vereinten Nationen wandte und um Unterstützung für die Errichtung eines Tribunals zu den Verbrechen der Khmer Rouge bat. Nun begann ein langer Verhandlungsprozess. Die kambodschanische Seite wollte internationale Hilfe für ein Verfahren nach nationalem Recht, während die Vereinten Nationen ein internationales Gericht anstrebten, das nach den Vorstellungen des von UN-Generalsekretär Kofi Annan eingesetzten Expertenteams mit internationalen Richtern besetzt und außerhalb Kambodschas eingerichtet werden sollte (vgl. der überblick" 3/1999).
Als Kompromiss wurde das Konzept eines gemischten Gerichts (hybrid tribunal) entwickelt, das aus nationalen und internationalen Richtern und Staatsanwälten bestehen sollte. Hiermit allein ließe sich eine Einigung freilich nicht erreichen, beharrten doch beide Seiten auf ihrem jeweils maßgeblichen (sprich: mehrheitlichen) Einfluss. Für Kambodscha war dies offiziell eine Frage nationaler Souveränität, für die Vereinten Nationen eine der Gewährleistung internationaler Standards. So entstand dem Vernehmen nach auf Initiative des US-Senators John Kerry das Konzept der super majority, gemäß dem die Mehrheit der Richter Kambodschaner sind, für Entscheidungen aber jeweils qualifizierte Mehrheiten erforderlich sind, um Entscheidungen gegen den Block der internationalen Richter unmöglich zu machen.
Im Jahr 2002 verloren die Vereinten Nationen zwischenzeitlich die Geduld und erklärten das Unternehmen für gescheitert. Alsbald kehrten sie freilich nach Intervention maßgeblicher Staaten wie China sowie der UN-Generalversammlung an den Verhandlungstisch zurück. Einigermaßen überraschend wurde dann Anfang 2003 ein Übereinkommen erzielt. Dann dauerte es aber noch einmal drei Jahre, bis die kambodschanischen Rechtsgrundlagen angepasst waren, bis bei zahlreichen internationalen Gebern das Geld für das avisierte Budget in Höhe von 56 Millionen US-Dollar weitgehend eingeworben, ein Gerichtsgebäude gefunden sowie Richter und Staatsanwälte ausgewählt waren.
Die Vereidigung der Richter im Sommer 2006 - gewissermaßen der eigentliche Auftakt für das Tribunal - wurde sodann überschattet durch den Tod von Ta Mok, einem der Hauptkandidaten für ein Verfahren und einer von lediglich zwei bereits inhaftierten Personen. Ta Moks Tod erinnerte die Öffentlichkeit daran, dass es aufgrund des Alters der in Rede stehenden Personen fünf vor zwölf für die Verfahren ist, diese also jetzt stattfinden müssen oder nie stattfinden werden.
Warum es überhaupt so lange bis zum Verfahrensbeginn dauerte und wer für den säumigen Beginn verantwortlich ist, bleibt umstritten. Während die einen eine andauernde Verzögerungsstrategie der kambodschanischen Regierung anprangern, weisen andere auch auf fehlerhaftes Vorgehen auf Seiten der Vereinten Nationen hin.
Für die Arbeit des Tribunals ist ein Zeitrahmen von drei Jahren geplant. Innerhalb dessen sollen Ermittlungen sowie die erstinstanzlichen und gegebenenfalls zweitinstanzlichen Verfahren abgeschlossen werden. Verfolgt werden sollen nur Straftaten der Khmer Rouge, nicht diejenigen sonstiger Parteien, und nur solche zwischen April 1975 und Januar 1979. In Rede stehen Völkermord (Genozid), Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und einige weitere Verbrechen gegen internationale Rechtsgüter sowie gegen das nationale Strafrecht der Vor-Khmer-Rouge-Zeit. Vor Gericht gestellt werden sollen nur senior leaders und Kader, die hauptverantwortlich für die Verbrechen des Regimes sind.
Aus der Perspektive des Völkerstrafrechts wird mit Spannung erwartet, wie das Tribunal mit dem Völkermord-Tatbestand verfahren wird. Zwar werden wenige Regime umgangssprachlich so selbstredend mit Völkermord in Verbindung gebracht wie die Khmer Rouge, juristisch ist die Sache freilich schwierig. Denn die klassische Definition des Völkermords durch die Völkermordkonvention der Vereinten Nationen erfasst nicht den politischen Mord, selbst wenn er massenhaft begangen wurde. Historiker argumentieren, die Khmer Rouge hätten auch spezifische Gruppen avisiert, deren Verfolgung den Völkermordvorwurf begründe: die Minderheit der muslimischen Cham, buddhistische Mönche, die vietnamesische Minderheit. Ob sich solche Vorwürfe gegen den jetzt Angeklagten verdichten lassen, erscheint aber fraglich. Zudem ändern sie nichts daran, dass die Khmer Rouge vor allem echte oder vermeintliche politische Gegner beziehungsweise den Klassenfeind im Visier hatten.
Millionen Menschen wurden aus den Städten auf das Land getrieben, dort als "neue Menschen" besonders harter Arbeit ausgesetzt und schließlich ermordet beziehungsweise dem Tod durch Entkräftung oder nicht behandelte Krankheiten überlassen. Akademiker und Experten aller Art waren Opfer - so etwa Sprachlehrer, Ärzte, Juristen oder die zahlreichen Restaurateure in Angkor. In dem Foltergefängnis Tuol Sleng wurden nicht zuletzt Kader der Khmer Rouge selbst Opfer der unter Verfolgungswahn leidenden Führung. Die Paranoia des Systems ließ dessen Kampf in einem Angriff auf das eigene Volk enden, den man umgangssprachlich häufig als Auto-Genozid bezeichnet hat.
Strafrechtlich mag es sich gleichwohl "nur" um Verbrechen gegen die Menschlichkeit handeln. Da diese genauso strafbar sind wie Völkermord (in beiden Fällen ist die lebenslange Freiheitsstrafe die vorgesehene Höchststrafe), nutzt ein solches mögliches Ergebnis den Angeklagten nichts. Es mag aber die mediale Öffentlichkeit bewegen; denn hier herrscht häufig die Vorstellung, dass es irgendwie Genozid sein muss, wenn es richtig schlimm ist.
Gut ein halbes Jahr nach der Vereidigung der Richter und Staatsanwälte stellt sich die Situation Anfang Februar 2007 alles andere als einfach dar. Auf einem einwöchigen Plenum hatten die Richter und Staatsanwälte im November 2006 über einen Katalog von Verfahrensregeln beschließen wollen, die nicht zuletzt mit Blick auf das unzulängliche kambodschanische Strafverfahrensrecht für notwendig gehalten wurden. Das Treffen wurde allerdings überschattet von Berichten über Spannungen zwischen der kambodschanischen und der internationalen Seite und endete ohne Ergebnis. Man hat nun ein Arbeitsteam gebildet, das die maßgeblichen Fragen diskutieren und klären soll, um zu einer Verabschiedung der Verfahrensregeln zu gelangen. Wann eine solche Einigung erreicht sein wird, ist noch nicht abzusehen.
Unmittelbar nach dem erfolglosen Plenum musste auch ein Trainingsprogramm abgesagt werden, das die International Bar Association (Internationale Anwaltskammer) für kambodschanische Rechtsanwälte hatte durchführen wollen. Denn die kambodschanische Anwaltskammer erklärte das Training mangels Abstimmung mit ihr für rechtswidrig und drohte teilnehmenden Rechtsanwälten disziplinarische Schritte an. Gleichzeitig beanstandete die kambodschanische Bar Association die Einrichtung und Tätigkeit eines Büros innerhalb der UN-Verwaltung beim Tribunal, das die Verteidigung unterstützen soll.
Der Streit darum, ob und wie nicht-kambodschanische Verteidiger vor dem Tribunal tätig werden können, ist nach wie vor nicht ausgeräumt. Dass eine solche Beteiligung aber nötig ist, wird von internationaler Seite zu Recht als wesentlich für ein faires Verfahren angesehen schon angesichts der internationalen Kompetenz auf der Seite der Strafverfolgung und Richter.
Nach dem schwierigen Beginn sehen sich manche Kritiker bereits bestätigt, dass das gesamte Konzept zum Scheitern verurteilt sei, weil es die kambodschanische Seite mit dem Verfahren nicht ernst meine, oder es zu verzögern trachte. Auch wenn man die Situation weniger pessimistisch bewertet, gibt der langsame Start doch Anlass zur Sorge, zumal einstweilen nicht einmal absehbar ist, wann die Verfahren selbst ins Rollen kommen. Diskussionen über den Zeitpunkt einer ersten Anklageerhebung und die Frage, wie viele Verfahren es geben wird, erscheinen als reine Spekulation. Nach verbreiteter Auffassung dürften es kaum mehr als zehn werden, vielleicht deutlich weniger.
So ist es im Falle des Außenministers der Khmer Rouge Ieng Sary fraglich, ob es zu einer Anklage gegen ihn kommt, weil er 1996 im Gegenzug für den Austritt aus dem Bürgerkrieg Amnestie erhalten hatte. Das Gesetz weist dem Gericht die Aufgabe zu, über Bestand und Umfang dieser von Parlament und König bestätigten Amnestie zu entscheiden.
Auch die Beweislage ist nicht einfach. Der einstige Staatspräsident der Khmer Rouge, Khieu Samphan, etwa behauptet nachdrücklich, nur formale Autorität besessen zu haben und von den Verbrechen des Regimes kaum etwas gewusst, jedenfalls aber nicht in sie involviert gewesen zu sein. Nur ein Kandidat hat sich zu seinen Taten bekannt und ist derzeit in Haft: Kaing Khek Iev, genannt Duch, der Kommandant des Foltergefängnisses Tuol Sleng mit der damaligen Bezeichnung Sicherheitsgefängnis S-21, in dem circa 14.000 Personen gefoltert und getötet wurden, und das nur sieben Häftlinge überlebt haben sollen. Aufgrund der in Tuol Sleng gefundenen Dokumente ist auch die Beweislage gegen Duch ungewöhnlich gut.
Auch grundsätzlich wird gefragt, ob das Konzept des Tribunals Sinn macht. Kambodschas König-Vater Norodom Sihanouk, der die Politik seit den 1940er Jahren bis in die jüngere Zeit maßgeblich mitprägte, hat auf seiner Internetseite, über die er heute mit dem Volk kommuniziert, empfohlen, das Geld statt dessen für Bewässerungsanlagen oder Ähnliches auszugeben. Zwar legen die veröffentlichten Meinungsumfragen bislang nahe, dass eine Mehrheit der Bevölkerung die Verfahren befürwortet. Das spricht immerhin gegen die von westlichen Autoren bisweilen verbreitete Annahme, dass die öffentliche Befürwortung gerichtlicher Verfahren nicht zu einer buddhistisch geprägten Kultur passe. Doch offensichtlich findet sich auch viel Skepsis, sei es hinsichtlich der Fähigkeit des Gerichts zu unabhängiger Rechtsfindung, sei es mit Blick auf die nur sehr kleine Anzahl avisierter Verfahren.
Doch ein Pluspunkt ist nicht zu übersehen: Das Tribunal beschäftigt die kambodschanische Öffentlichkeit und trägt so schon jetzt zu einem offeneren Umgang mit der Vergangenheit des Landes bei. Zahlreiche nichtstaatliche Organisationen (NGOs) haben so genannte outreach-Programme aufgelegt, die Informationen zum Tribunal und zur Zeit der Khmer Rouge in der Bevölkerung verbreiten und dieser ein Gefühl der Partizipation vermitteln sollen. Zwar hat das Konzept einer Wahrheitskommission in Kambodscha trotz gelegentlicher Diskussion nie Fuß gefasst, die Ereignisse um das Tribunal bieten aber Gelegenheit für eine intensivere Befassung mit dieser lange verdrängten dunkelsten Zeit kambodschanischer Geschichte.
Beim Documentation Center of Cambodia, einer aus einem Programm der Yale University in den USA hervorgegangenen NGO, werden seit Jahren und mit Blick auf eine mögliche gerichtliche Verwertung Dokumente und Beweise gesammelt und aufgearbeitet. Die Ergebnisse werden dann veröffentlicht. Gerade jüngere Menschen erfahren heute anlässlich des anstehenden Tribunals etwas über ein Thema, das in den meisten Schulen und Familien tabuisiert ist, wobei die Verdrängung psychologische Nachwirkungen jener Zeit nicht gemildert hat.
Nicht zuletzt wird die Hoffnung formuliert, dass mit dem Tribunal zumindest symbolisch ein Zeichen gegen die "Kultur der Straflosigkeit" gesetzt werden kann, die Kambodscha seit Jahrzehnten prägt. Der stellvertretende Premierminister Sok An, in der Regierung zuständig für das Tribunal, sagte kürzlich, das Gericht solle ein Modell für Kambodschas Gerichte werden. Das wird man nicht allzu wörtlich nehmen dürfen, denn schon von seiner Personal- und Finanzausstattung her ist das Tribunal gänzlich atypisch für Kambodscha. Immerhin kann es aber gewisse Vorbildfunktionen entfalten mit Blick auf die Wahrung bestimmter Verfahrensstandards und dem Bemühen um gerechte Entscheidungen in einem Land, in dem die Justiz zu den am wenigsten respektierten Institutionen überhaupt zählt.
Für die Entwicklung des Internationalen Strafrechts handelt es sich trotz der schwierigen Rahmenbedingungen um einen Testfall. Denn erstmals ist hier ein internationalisiertes Gericht am Werk, das im Wesentlichen unter nationaler Kontrolle operiert. Gewissermaßen im Gegensatz zur in Kambodscha häufig geübten Kritik, ein solches Tribunal sei schlicht zu teuer, mag man darauf hinweisen, dass sein geplanter Gesamtetat weit geringer ist als auch nur die jährlichen Ausgaben für die Tribunale zu Jugoslawien und Ruanda, deren Gesamtlaufzeit jeweils Milliarden kostet, ebenfalls mit zum Teil zweifelhaftem Erfolg.
Die anstehenden Verfahren in Kambodscha werden - selbst wenn sie doch noch relativ gut verlaufen sollten - den Opfern der Khmer Rouge weder volle Gerechtigkeit widerfahren lassen noch deren Wunden heilen, sie werden die Bevölkerung nicht voll über die Geschichte aufklären, sie werden das Justizsystem nicht vom Kopf auf die Füße stellen. Aber sie werden vielleicht in jedem dieser Bereiche ein Stück Bewegung bringen - wenn die beteiligten Stellen ihrer jeweiligen Verantwortung gerecht werden.
Die Chancen, dass die Verfahren - abgesehen von der Aburteilung einiger Staatskrimineller eines vergangenen Regimes - auch gesellschaftliche Funktionen erfüllen werden, stehen gut, da sie inmitten Kambodscha stattfinden und kambodschanische Stellen mitverantwortlich sind. Dass die hiermit verbundenen größeren Chancen nicht ohne Risiko zu haben sein würden, lag aufgrund der Umstände von Anfang an auf der Hand. Das erste halbe Jahr hat endgültig ins Bewusstsein gerufen, welche Schwierigkeiten zu meistern sind.
aus: der überblick 01/2007, Seite 34
AUTOR(EN):
Jörg Menzel
Jörg Menzel ist promovierter Jurist und seit November 2003 im Rahmen deutscher
Entwicklungszusammenarbeit als Rechtsberater des "Center for International Migration and
Development" (CIM) beim Senat des Königreichs Kambodscha beschäftigt. Er hat zu dem
Thema einen längeren Artikel mit dem Titel "Ein Strafgericht für die Khmer Rouge" in der
Zeitschrift "Verfassung und Recht in Übersee" Heft 4/2006 geschrieben.