Der "Millennium Challenge Account" der US-amerikanischen Regierung kämpft mit Anlaufschwierigkeiten
Um keinen Deut verringert hat sich in vielen Ländern die Armut, trotz jahrzehntelanger Entwicklungshilfe. Die neue entwicklungspolitische Initiative der Vereinigten Staaten, der “Millennium Challenge Account”, soll dafür sorgen, dass Hilfsgelder in Zukunft wirkungsvoller verwendet werden. Denn nach Ansicht der Regierung kann Hilfe erst dann ein Ergebnis zeitigen, wenn es im Empfängerland bereits eine solide Basis demokratischer und marktwirtschaftlicher Strukturen gibt. Sechzehn Länder haben die strengen Kriterien zur Förderung erfüllt und warten jetzt nur noch auf eines - dass der US-Kongress tatsächlich genügend Geld bereitstellt.
von Larry Nowels
Fünf Milliarden US-Dollar Entwicklungshilfe zusätzlich für die Dritte Welt - das hat US-Präsident George Bush im März 2002 angekündigt. Der Betrag soll im Rahmen eines neuen, innovativen Programms an wenige ausgewählte Länder gehen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie im Vergleich zu wirtschaftlich ähnlich dastehenden Staaten mehr politischen, wirtschaftlichen und sozialen Reformwillen zeigen.
Im Rahmen eines Auswahlwettbewerbs müssen diese Nationen ihre eigenen Programme erarbeiten, sie müssen benchmarks festlegen, an denen Wirkungen und Fortschritte nachprüfbar gemessen werden können, und sie müssen sich einer öffentlichen Beurteilung ihrer Leistungen stellen. Folgen dieser Ankündigung des Präsidenten die entsprechenden Schritte, dann wäre dies eine der größten Steigerungen der Aufwendungen für Entwicklungshilfe seit einem halben Jahrhundert - übertroffen nur durch den Marshall-Plan nach dem Zweiten Weltkrieg und durch die “Allianz für den Fortschritt” in Lateinamerika in den frühen sechziger Jahren.
Der “Millennium Challenge Account” (MCA), der neue Sonderfonds für “die Herausforderungen des Jahrtausends”, soll keineswegs die bisherigen Instrumente der internationalen Hilfe der USA ersetzen. Die Verfahren aber zur Bereitstellung und Vergabe von Wirtschaftshilfe würden sich grundlegend ändern, und der Fonds könnte zur Richtschnur für die künftige Entwicklungshilfe Amerikas werden. Er unterscheidet sich in verschiedener Hinsicht wesentlich von den laufenden Hilfsprogrammen. Erstens durch die Höhe des versprochenen Betrages von 5 Milliarden US-Dollar. Zweitens gibt es ein Auswahlverfahren, das Länder für erbrachte Leistungen belohnt. Das Leistungsniveau wird mit Hilfe von sechzehn objektiven Indikatoren gemessen. Drittens verspricht die Regierung, die Vergabe der Mittel von den strategischen Zielen der US-Außenpolitik abzukoppeln, die die Wahl der Empfängerländer ja oft stark beeinflussen. Ein vierter Unterschied liegt in der Auflage, dass die Länder, die die Zulassungskriterien erfüllen, selbst einreichen müssen, an denen ein breites Spektrum der Zivilgesellschaft mitgearbeitet haben muss.
Obschon im Januar 2004 vom US-Kongress gebilligt, kämpft die Initiative mit einer Reihe von Anlaufschwierigkeiten. Bislang sind zwischen Ankündigung und Startfreigabe fast zwei Jahre vergangen. In diesem Zeitraum hat das Versprechen zusätzlicher Hilfsanstrengungen ein sehr positives Echo in der Öffentlichkeit hervorgerufen. Jetzt muss die Regierung von Präsident George Bush ihren Versprechungen Taten folgen lassen. Zunächst einmal steht sie vor der Aufgabe, gut konzipierte Programme mit hohen Erfolgsaussichten auszuwählen. Dann muss sie den Kongress davon überzeugen, genügend Mittel freizugeben - und das in einer zunehmend angespannten Haushaltslage. Schließlich sieht sich das Weiße Haus vor die Aufgabe gestellt, das neue MCA-Verfahren und andere Hilfsprogramme in einer schlüssigen Gesamtstrategie für die Entwicklungshilfe der USA zusammenzuführen.
Das neue Programm geht davon aus, dass wirtschaftliche Entwicklung dort am besten gelingt, wo sie mit marktwirtschaftlichen und demokratischen Grundsätzen und Vorgaben verbunden ist, in Ländern also, in denen sich die Regierung für Reformprogramme engagiert, um solche Bedingungen zu schaffen. Angesichts von Misserfolgen in der Vergangenheit war in der amerikanischen Öffentlichkeit und bei ihren gewählten Repräsentanten, besonders auch in Präsident Bushs eigener Partei, eine gewisse Skepsis aufgekommen, ob Entwicklungshilfe überhaupt eine lohnende Investition sei. Andere Kritiker vertraten die Ansicht, dass die in erster Linie geostrategischen Zielsetzungen bei der amerikanischen Hilfe, vor allem in den Zeiten des Kalten Krieges, einen sinnvollen Entwicklungserfolg von vornherein untergraben würden. Diese Ansicht wurde gegen Ende der neunziger Jahre durch eine wachsende Zahl von Veröffentlichungen in der entwicklungspolitischen Literatur gestützt. Demnach gibt es kaum einen Zusammenhang zwischen der Höhe der geleisteten Entwicklungshilfe und dem Erfolg bei Wirtschaftswachstum und Armutsbekämpfung. Einige Studien belegten die größte Wirkung dort, wo das Empfängerland bereits vor Erhalt der Hilfe die erforderlichen Rahmenbedingungen geschaffen hatte.
Dass dieses neue Entwicklungshilfeprogramm aufgelegt wurde, hat auch mit den terroristischen Anschlägen auf das World Trade Centre am 11. September 2001 zu tun. Warum kam es dazu? Wie können internationale Entwicklungsprogramme helfen, derartige Aktionen in Zukunft zu verhindern. Die Frage nach einer direkten Beziehung zwischen Armut und Terrorismus ist noch nicht ausdiskutiert, fast alle aber sind sich darin einig, dass Armut als eine mögliche Ursache akzeptiert ist.
Hinzu kam ein neu erwachtes Interesse am Umfang der weltweiten Ausgaben für Entwicklungshilfe. Nämlich genau zu dem Zeitpunkt, als sich Regierungen, internationale Institutionen und Nichtregierungsorganisationen auf die Konferenz der Vereinten Nationen zur Finanzierung von Entwicklung vorbereiteten. Sie fand im März 2002 im mexikanischen Monterrey statt. Die Veranstalter wollten mit der internationalen Konferenz die Geber motivieren, die bis dahin zugesagten Hilfssummen zu erhöhen. Denn nur so könnte der in den Millenniums-Entwicklungszielen der Vereinten Nationen hoch gesteckte Anspruch einer Halbierung der Armut bis 2015 erreicht werden. Die Bush-Regierung hatte damals auf internationale Unterstützung ihres Vorschlags gehofft, in Zukunft die Hälfte der Leistungen der Weltbank an die ärmsten Länder der Welt als verlorene Zuschüsse zu geben, statt wie bisher als rückzahlbare Darlehen. Die Opposition Europas und Japans ließ diese Initiative jedoch scheitern. Und weil die Verantwortlichem im Weißen Haus unbedingt eine größere Anstrengung vorführen wollten, die das Interesse der USA an Interventionen mit friedlichen Mitteln (soft power) demonstriert, wurde der MCA-Vorschlag schnell für die Konferenz im März 2002 fertig gestellt.
Der “Millennium Challenge Account” soll andere Instrumente der internationalen Hilfe der USA nicht verdrängen oder ersetzen. Unterstützung für humanitäre Zwecke, Hilfe für schwache und zerfallene Staaten und für strategische Partner der USA laufen weiter. Ländern, die sich engagieren, um stabile Rahmenbedingungen zu schaffen, jedoch die Zulassungsbedingungen für den MCA nicht erfüllen, gilt ebenfalls ein besonderes Augenmerk. Der neue Fonds schließt eine Lücke im derzeitigen Instrumentarium. Er macht es möglich, zu einem grundlegenden Wandel zum Besseren beizutragen - mit Programmen, die als Katalysator oder als Initialzündung für den Weg eines Landes zu nachhaltiger Entwicklung dienen sollen.
Die Länder mit der besten Leistung werden nach ihrem Abschneiden in drei Bereichen ausgesucht. Da ist zunächst rechtschaffene Regierungsführung, das heißt die Förderung von good governance, die Bekämpfung der Korruption, die Achtung der Menschenrechte und die Pflege der Rechtsstaatlichkeit. Zweitens werden die Investitionen zugunsten der Menschen beurteilt, also die Bereitstellung angemessener Gesundheitsversorgung, von Bildungsmöglichkeiten und anderer Leistungen, um eine gesunde und gebildete Bevölkerung zu fördern. Der dritte Bereich beurteilt, wie Wirtschaftspolitik gestaltet und umgesetzt wird. Sie soll so ausgerichtet sein, dass sich Eigeninitiative und Unternehmergeist entfalten können. Sie soll sich für frei zugängliche Märkte und stabile Haushalte einsetzen und Spielräume für wirtschaftliches Wachstum eröffnen.
Die Länderauswahl ist weitgehend, aber nicht ausschließlich, an die Leistungen eines Landes in diesen drei Bereichen gebunden, die anhand von insgesamt 16 Indikatoren gemessen werden. Hierzu zieht man Informationen heran, die nicht von der US-amerikanischen Regierung stammen. In vielen Fällen sind das Daten der Weltbank. Länder, die bei der Hälfte der Indikatoren in jedem der drei Prüfungsfelder überdurchschnittlich abschneiden, kommen in die engere Wahl. Mit anderen Worten: Ein Land muss im Bereich rechtschaffene Regierungsführung bei drei der sechs Indikatoren überdurchschnittlich abschneiden, bei zwei von vier im Bereich der Investitionen zugunsten der Menschen und schließlich bei drei von sechs in der Wirtschaftspolitik. Es gibt allerdings einen Indikator, der wichtiger ist als alle anderen: Er misst das Engagement eines Landes zur Bekämpfung von Korruption. Eine unzureichende Leistung in diesem Punkt führt zum Ausschluss aus dem Wettbewerb, unabhängig von den Ergebnissen in den anderen Bereichen.
Hat ein Land die Leistungsprüfung anhand der 16 Indikatoren bestanden, ist damit beileibe noch keine Finanzierungszusage verbunden. Die ausgewählten Kandidaten müssen zunächst Programmvorschläge unterbreiten, so genannte MCA-Compacts. Diese sollen zuvor im Land mit wichtigen gesellschaftlichen Gruppen, darunter die Zivilgesellschaft, diskutiert worden sein. Die Programme können von Land zu Land in Umfang, Zielrichtung oder Spezialisierungsgrad variieren. Die Bewertung orientiert sich daran, ob das Programm geeignet ist, die jeweiligen nationalen Ziele für wirtschaftliches Wachstum und Armutsbekämpfung zu erreichen. Aber auch andere Aspekte gehen in die Beurteilung ein. Die Programme sollen eine Laufzeit von etwa drei bis fünf Jahren haben, und das Finanzierungsvolumen soll in etwa dem der größten Geber des Landes entsprechen. Dies wird in der Regel dazu führen, dass die Wirtschaftshilfe der USA für die Teilnehmerländer beträchtlich zunimmt.
Der Kongress hat die neue Initiative im Januar 2004 gebilligt. Damit kann die dreijährige Einführungsperiode dieses Jahr beginnen. Im Jahr 2004 ist die Teilnahme auf diejenigen 75 ärmsten Länder beschränkt, die berechtigt sind, Darlehen zu günstigen Bedingungen bei der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA) der Weltbank aufzunehmen und in denen das Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung unter 1.435 US-Dollar liegt. Im Jahr 2005 wird die Liste der Berechtigten auf alle Länder erweitert werden, deren Pro-Kopf-Einkommen unter diesem Betrag liegt. Damit kommen etwa zwölf weitere Staaten hinzu. Länder mit einem Pro-Kopf-Einkommen bis zu einer Obergrenze von 2.975 US-Dollar können sich ab dem Jahr 2006 um MCA-Gelder bewerben.
Um den MCA zu managen, wurde die “Millennium Challenge Corporation” (MCC) gegründet, eine unabhängige Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie ist klar getrennt von den Ministerien, vom Schatzamt und von der amerikanischen Entwicklungshilfeorganisation USAID. Die MCC und der Auswahlwettbewerb der begünstigten Länder werden von einem Aufsichtsgremium, dem “Board of Directors”, überwacht. Dort führt der Außenminister den Vorsitz. Mitglieder sind der Finanzminister, der Leiter von USAID, der Vertreter der US-Regierung für Handelsangelegenheiten und der Generalbevollmächtigte der MCC. Vier weitere Mitglieder des Gremiums werden aus Vorschlagslisten des Kongresses ernannt. Ihre Ernennung muss vom Senat bestätigt werden.
Erst etliche Monate später als geplant, konnte der “Millennium Challenge Account” seine Arbeit aufnehmen: Es fehlte ein von der Regierung für das Jahr 2003 zugesagtes Testprogramm. Dann verzögerte sich die Verabschiedung der gesetzlichen Grundlagen zur Gründung der MCC. Schließlich hat sich der Kongress eine 90-Tage-Frist ausbedungen, um die Vorlagen zu prüfen und darüber zu beraten, bevor mit dem Auswahlwettbewerb begonnen werden konnte. Trotzdem waren Ende Januar 2004 alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, um die MCC ins Leben zu rufen. Am 6. Mai 2004 gab das Direktorium die Auswahl von 16 Ländern als Teilnehmer am MCA-Programm für das erste Geschäftsjahr bekannt. In den kommenden Monaten werden Umsetzungsmaßnahmen vor allem in folgenden Bereichen abzuwickeln sein: die Entscheidung über Programmvorschläge für das Jahr 2004, die Auswahl der Länder für das Jahr 2005, und schließlich wird noch die Frage, wie MCC und USAID in Zukunft Länder bei der Vorbereitung auf künftige Leistungsprüfungen unterstützen werden, die die Zulassungskriterien knapp verfehlt haben oder die als Schwellenländer einzuordnen sind. Weiter stehen auf der Tagesordnung die Abstimmung zwischen den Programmen der MCC und denen der USAID sowie die Budgetzuteilungen für das Jahr 2005 durch den Kongress.
Schon in ihrer Gründungsphase musste sich die MCC mit Vorschlägen auseinandersetzen, die der Kongress und die Öffentlichkeit während der Anhörungs- und Beratungsperiode vorgelegt hatten. Umfangreiche Anregungen waren eingegangen, wie man die Auswahlkriterien für Kandidatenländer erweitern oder ändern könnte. Letztendlich aber nahm das Direktorium gegenüber dem Erstentwurf, der 15 Monate vorher vorgelegt worden war, nur einige kleinere Änderungen bei Standards und Methoden vor. Dabei ging es in erster Linie um eine Erweiterung der Auswahlkriterien auf die Themen Behindertenrechte, Umweltschutz, Achtung von Arbeitnehmerrechten und soziale Investitionen, vor allem zugunsten von Frauen und Mädchen. Anstatt die Leistungsindikatoren nun zu erweitern oder anzupassen, beschloss die MCC, sich auf die Auswertung zusätzlicher Informationsquellen zu beschränken, darunter der jährliche Bericht des State Department zur Lage der Menschenrechte und Statistiken zur Einschulungsrate bei Mädchen. Keines dieser neuen Kriterien wurde jedoch zu einem vollen Indikator aufgewertet.
In Anbetracht der Breite und der Vielfalt der Vorschläge, die im Rahmen der öffentlichen Debatte um die MCC und im Kongress vorgebracht wurden, sind viele Beobachter erstaunt, dass die MCC keine tiefer gehenden Änderungen bei den Auswahlkriterien und Methoden vorschlug. In einigen Fällen wurde die Frage gestellt, ob die Regierung alternative Lösungen mit ausreichendem Ernst untersucht habe, und ob die MCC künftigen Änderungsvorschlägen überhaupt zugänglich sein würde. In der Öffentlichkeit und im Kongress wurde gefordert, dass die existierenden Datenquellen überarbeitet oder neue Erhebungen durchgeführt werden müssten, um das Engagement der Kandidatenländer hinsichtlich Behinderter, Umweltschutz, Arbeitnehmerrechte und sozialer Investitionen sowie Genderpolitik gezielt zu messen. Alle diese Themen könnten im weiteren Lauf des Jahres 2004 Gegenstand gesetzgeberischer Vorschriften werden.
Am 6. Mai 2004 beschloss das Direktorium der MCC, dass 16 Länder für eine finanzielle Unterstützung in Frage kommen. Diese Endauswahl spiegelt eine Entscheidungsfindung wieder, die sich einerseits eng an die Ergebnisse bei den Leistungsindikatoren hält, daneben jedoch auch einen Ermessensspielraum nutzt, um zusätzliche Kriterien heranzuziehen. Zehn der Länder erfüllen die verbindlichen Vorgaben, bei mindestens der Hälfte der Indikatoren in jedem der drei Politikfelder und im Bereich der Korruptionsbekämpfung besser abzuschneiden als der Durchschnitt ihrer Mitbewerber. Das Direktorium hat darüber hinaus aber auch untersucht, ob ein Land bei einem der Indikatoren deutlich unter dem Durchschnitt liegt, und ob ergänzende Informationen vorgelegt wurden, um die Bewerbung zu unterstützen. Alle zehn Länder bestanden auch diese Zusatzprüfungen.
Bei zehn weiteren Ländern machte das Direktorium der MCC dagegen von seinem Ermessensspielraum Gebrauch. In drei Fällen wurden Länder zugelassen, die zwar die Basiskriterien erfüllten, die jedoch bei jeweils einem der Indikatoren extrem schwache Werte erzielten. Zur Begründung wurde auf neu eingeleitete politische Reformen oder positive Trends verwiesen. Kap Verde beispielsweise erreichte beim Indikator für Handelspolitik schlechte Werte. Das Direktorium berücksichtigte jedoch in seiner Bewertung die Fortschritte des Landes auf dem Weg zur Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation und bei der Einführung einer Mehrwertsteuer, die einen Abbau von Importzöllen ermöglichen wird. Lesotho schnitt beim Kriterium des erforderlichen Zeitrahmens für eine Gründung schlecht ab, hat aber eine neue Zentralstelle eingerichtet, um Unternehmensgründungen zu unterstützen. Sri Lanka blieb hinsichtlich seiner Finanzpolitik weit unter dem Durchschnitt. Doch die jüngsten Trends lassen darauf schließen, dass die Regierung Fortschritte bei der Bekämpfung ihres Haushaltsdefizits macht.
Auch bei den drei Ländern Bolivien, Georgien und Mosambik wich das Direktorium von einer engen Anwendung der Auswahlkriterien ab, weil die Regierungen nachweislich Korrekturmaßnahmen in den jeweiligen Bereichen eingeleitet hatten, die unter den erforderlichen Werten lagen. In Bolivien und Georgien sind die Regierungen seit weniger als einem Jahr an der Macht. Sie haben jedoch bereits Institutionen zur Korruptionsbekämpfung aufgebaut. Mosambik hat der Bewertung des Direktoriums zufolge ebenfalls Forschritte bei der Korruptionsbekämpfung und im Gesundheits- und Bildungswesen erzielt. Die Auswahl von Bolivien und Georgien wirft die Frage nach dem Zusammenspiel mit anderen zentralen Anliegen der amerikanischen Außenpolitik auf. Schließlich hatte man ja versprochen, dass der Auswahlprozess für den MCA frei von solchen Überlegungen ablaufen werde. Bolivien ist ein wichtiger Partner der USA bei der Drogenbekämpfung im Andengebiet. Georgien steht im Krieg gegen den Terrorismus an vorderster Front. Beide wurden auf die Liste der qualifizierten Länder gesetzt, obwohl sie die Kriterien des MCA streng genommen nicht erfüllen.
Auf der anderen Seite hat das Direktorium der MCC vier Länder nicht in die Auswahl aufgenommen, die zwar die Leistungskriterien insgesamt erfüllten, jedoch bei einem oder mehreren Indikatoren deutlich unter dem Durchschnitt lagen. Das Direktorium war in diesen Fällen nicht davon überzeugt, dass die jeweiligen Regierungen geeignete Maßnahmen ergriffen hätten, um ihre Leistung zu verbessern. Bhutan, Mauretanien und Vietnam nahmen zwar die Hürde beim Punkt Korruptionsbekämpfung und erzielten in der Kategorie “rechtschaffenes Regieren” bei der Hälfte der Indikatoren überdurchschnittliche Ergebnisse. Hingegen bei den Indikatoren für politische Rechte und bürgerliche Freiheiten schnitten sie sehr schlecht ab, und Vietnam auch in den Feldern Bürgerbeteiligung und Rechenschaftsstrukturen. Guyana war das vierte Land, das nicht zugelassen wurde, obwohl es die Kriterien formal erfüllte. Es erhielt eine besonders schlechte Bewertung für seiner Steuerpolitik.
Dass der Auswahlprozess einige Kontroversen hervorrufen und für einige Überraschungen sorgen würde, war zu erwarten, insbesondere wo das Direktorium der MCC seinen Ermessenspielraum in Anspruch nahm, wie das bei der Auswahl für das Jahr 2004 der Fall war. So erntete die Entscheidung, Timor-Leste (Ost-Timor) nicht zuzulassen, verschiedentlich Kritik. Timor-Leste - ein junger Staat, der auf zahlreichen Gebieten beeindruckende Fortschritte vorzuweisen hat - fiel im Bereich wirtschaftliche Freiheit durch. Das lag unter anderem daran, dass es für zwei Indikatoren keine Daten vorgelegt hatte. Manche wollten Kenia wegen des Engagements der neuen Regierung im Bildungsbereich und ihrer Anstrengungen bei der Bekämpfung der Korruption auf der Liste der Qualifizierten sehen. Albanien, Malawi und die Republik Moldau hätten sich aufgrund ihrer allgemeinen Leistung qualifizieren können, wenn sie nicht im Bereich Korruption sehr knapp unterhalb der Zulassungsschwelle gelegen hätten. Weil Bolivien trotz unzureichender Leistungen bei der Korruptionsbekämpfung zugelassen wurde, - als Entschuldigung wurde angeführt, dass die Fehlermarge bei diesem Indikator für eine präzise Messung der Leistung in der Gruppe nahe dem Mittelwert zu hoch ist -, muss sich das Direktorium darauf einstellen, dass die Öffentlichkeit verlangt, dass seine Entscheidungen besser nachzuvollziehen sein müssen.
Trotz dieser Debatten über die Zulassung einzelner Länder scheint der Auswahlprozess Bedenken in zwei wesentlichen Bereichen ausgeräumt zu haben. Frühere Analysen hatten Befürchtungen genährt, dass Afrika in der Endauswahl unterrepräsentiert sein werde. Man vermutete, dass es nicht mehr als drei Teilnehmerstaaten aus dieser Region schaffen würden. Tatsächlich aber sind es nunmehr acht afrikanische Staaten. Das ist die Hälfte der Qualifizierten des ersten Jahres. Viele hatten Sorge, dass es eine Länderauswahl geben würde, bei der geostrategische Überlegungen den Ausschlag geben. Dabei liegt ja gerade eine der attraktivsten Eigenschaften der MCA-Initiative darin, auf sicherheitspolitische Erwägungen bei der Auswahl zu verzichten. Die Wahl von Bolivien und Georgien scheint den Bedenkenträgern hier zunächst Recht zu geben. Andererseits: Hätte das Auswahlgremium seinen Ermessensspielraum genutzt, um Indonesien in den Kreis der qualifizierten Länder aufzunehmen, dann wäre es noch viel heftiger kritisiert worden. Dafür nämlich, dass die Entscheidung in erster Linie auf Jakartas Rolle im Krieg gegen den Terrorismus beruhe, weniger auf seinem Abschneiden in den Politikfeldern im engeren Sinn. Indonesien hat alle Bewerbungshürden genommen, nur nicht die der Korruption.
Der nächste Schritt für die 16 qualifizierten Länder heißt, Programmvorschläge zu erarbeiten, und diese mit der MCC zu verhandeln. Nur Programme, die sich eng auf die Ziele Wirtschaftswachstum und Armutsbekämpfung beziehen, werden finanzielle Unterstützung erhalten. Es wird nicht erwartet, dass alle 16 Länder erfolgreiche Programmvorschläge vorlegen werden.
Wenn die MCC auch durchaus zugesteht, dass die Vorschläge inhaltlich voneinander abweichen, erwartet sie doch, dass gewisse Pflichtthemen behandelt werden. Zuerst muss das Land darlegen, welche Strategie es für wirtschaftliches Wachstum und Armutsbekämpfung verfolgt, die dabei auftretenden Hindernisse aufzeigen, wie es diese mit MCA-Hilfe überwinden und welche Ziele es im Verlauf der Programmdurchführung erreichen will. Dann muss erläutert werden, wie der Vorschlag im Dialog zwischen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft entstanden ist, wie das Programm gesteuert und sein Fortschritt erfasst wird und wie die Maßnahmen fortgeführt werden, wenn das Programm ausgelaufen ist. Es muss gezeigt werden, wie das Programm mit Aktivitäten anderer Geber auf dem gleichen Feld koordiniert wird. Schließlich muss das Land sinnvolle Beispielprojekte schildern und einen mehrjährigen Finanzplan vorstellen. Nicht zuletzt muss die Regierung des Bewerberlandes ihren Willen bekunden, in Zukunft bei den MCA-Leistungsindikatoren noch besser abzuschneiden.
Die USA planen, auch denjenigen Ländern zu helfen, die sich bisher nicht qualifizieren konnten, die jedoch entschlossen sind, ihre Reformen umzusetzen. Damit sollen Anreize geschaffen werden, in den Bereichen mit schwachen Leistungen Fortschritte zu erzielen, um im Jahr 2005 besser für den Wettbewerb um MCA-Mittel gerüstet zu sein. Die MCC hat bis zu 40 Millionen Dollar für Länder bereitgestellt, die einen Platz auf der Liste der Qualifizierten für das Jahr 2004 knapp verfehlt haben. Diese Länder an der Bemessungsgrenze sind allerdings noch nicht benannt. MCC und USAID werden eine gemeinsame Strategie für Hilfsmaßnahmen in diesen Ländern entwickeln, die allerdings kaum vor der Auswahlrunde des Jahres 2006 Wirkung zeigen dürften.
In welcher Form USAID an der MCA-Initiative mitwirken soll, ist eine nach wie vor ungeklärte Frage. Die Gesetzgebung zur Gründung der MCC verpflichtet deren Generalbevollmächtigten, sich mit USAID abzustimmen. USAID ist angehalten, ihre Programme so zu gestalten, dass sie einen wesentlichen Beitrag zur Vorbereitung eines Landes auf den Wettbewerb um die MCA-Förderung leisten. Vertreter von MCC und USAID haben versichert, dass die beiden Institutionen eng zusammenarbeiten werden, ohne bisher jedoch die genauen Modalitäten dieser Kooperation bekannt zu geben. USAID unterhält in 13 der 16 qualifizierten Länder Niederlassungen. Sie könnten mithelfen, die MCC-Programme in den Bereichen Vertragswesen, öffentliches Beschaffungswesen und Wirkungsbeobachtung umzusetzen.
Eine andere Frage ist, wie USAID die eigene Arbeit in den MCA-Ländern anpassen wird, insbesondere in Ländern, in denen die Organisation im Vergleich zu den Aktivitäten anderer Geber kleinere Programme abwickelt. Da die MCA-Programme zu den größten Hilfsprogrammen eines Landes zählen sollen, wird das Volumen der USAID voraussichtlich sehr deutlich hinter dem der MCC zurückbleiben. So lagen beispielsweise die Ausgaben des amerikanischen Hilfsprogramms in der Mongolei in den vergangenen Jahren bei insgesamt zehn bis zwölf Millionen Dollar jährlich und damit bei weniger als einem Viertel der japanischen Wirtschaftshilfe für dieses Land im Jahr 2002. In Ghana, Senegal und Sri Lanka führt USAID größere Programme durch, gibt aber immer noch wesentlich weniger aus als andere Länder und multilaterale Institutionen. Vertreter von USAID lassen erkennen, dass die Organisation ihre Programme in MCA-Ländern weder einstellen noch einschränken, ihre Ausgaben aber auch nicht erhöhen würde. USAID will sicherstellen, dass ihr Tun gut mit den MCA-finanzierten Aktivitäten abgestimmt wird.
Die Bush-Regierung wird erhebliche Schwierigkeiten haben, bis zum Jahr 2006 die anvisierten fünf Milliarden Dollar für das MCA-Programm bereitzustellen. Viele Beobachter bezweifeln, dass ausreichend Mittel zur Verfügung stehen werden, um in jedem Land, das auf der Auswahlliste steht, MCC-Programme finanzieren zu können. Besonders kritisch wird es dann, wenn das Auswahlgremium auch im Jahr 2005 Sonderregelungen zulässt und damit mehr Länder auf die Liste setzt, als dies bei strenger Anwendung der Kriterien der Fall wäre. Wenn die hohen Erwartungen, die man geweckt hat, dann nicht erfüllt werden können, dürfte das Programm weit weniger Anreiz ausüben und das gesamte MCA-Konzept in Frage stellen.
Der Kongress hat 994 Millionen US-Dollar für das MCA-Programm bereitgestellt. Für das Jahr 2005 wird ein Antrag auf 2,5 Milliarden geprüft. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass er in vollem Umfang bewilligt wird. Das liegt nicht an fehlender Unterstützung für den MCA, sondern am wachsenden Haushaltsdefizit der USA. Es gibt nicht genug Geld für Programme der US-Innenpolitik, und der Kongress gibt der internationalen HIV/AIDS-Initiative des Präsidenten Vorrang. Im Jahr 2005 wird letztere 2,8 Milliarden US-Dollar beanspruchen. Die Haushaltsdebatten werden noch einige Monate weitergehen. Bislang sind für den Titel MCA aber lediglich 1,25 Milliarden Dollar bewilligt. Außerdem befindet sich ein Gesetzentwurf im Umlauf, der die MCC verpflichten würde, die Programme mit einer Laufzeit von drei bis fünf Jahren im Jahr der Unterzeichnung voll durchzufinanzieren, statt mittels mehrerer, über die Gesamtlaufzeit verteilter Budgetzuweisungen. Diese Vorschrift könnte zur Folge haben, dass die MCC in den Jahren 2004 und 2005 die Zahl der zu fördernden Programme reduzieren muss, weil zuwenig Geld bewilligt wird.
Mit der Qualifizierung für das Programm sei noch keineswegs eine Finanzierungszusage verbunden. Darauf weisen Vertreter der MCC stets hin. Die Qualität der Vorschläge bildet die Grundlage, auf der das Direktorium über die Finanzierung entscheidet. Und es ist durchaus möglich, dass die MCC nicht mit allen zulassungsfähigen Ländern auch Durchführungsvereinbarungen abschließt. In einem Bericht vom März 2004 schätzt der Rechnungshof des Kongresses, dass die MCC mit einer Mittelzuteilung von 3,5 Milliarden Dollar (der Summe aus bewilligten Mitteln für 2004 und beantragten Mitteln für 2005) nur 8 bis 13 von den vorgeschlagenen Programmen ausreichend finanzieren könnte. Wenn der Kongress die Mittel kürzt, - und alles sieht danach aus - wird die MCC nicht in der Lage sein, Programme so ausreichend zu finanzieren, dass davon ein messbare Wirkung auf Wirtschaftswachstum und Verminderung der Armut zu erwarten ist. Das wiederum könnte dazu führen, dass der Kongress das Auswahlverfahren für den MCA erneut prüft und nach Möglichkeiten sucht, die Zahl der qualifizierten Länder in Zukunft zu begrenzen.
Sowohl in den USA als auch im Ausland fand die MCA-Initiative große Zustimmung. Viele Kritiker der Entwicklungspolitik von Präsident Bush - eingeschlossen die traditionellen Befürworter von Entwicklungshilfe bei den Demokraten - waren angenehm überrascht von der Absicht, die Ausgaben der USA für Entwicklungshilfe, insbesondere für die Armutsbekämpfung und Förderung des Wirtschaftswachstums, zu erhöhen. Republikaner, die die Nützlichkeit von Entwicklungshilfe bisher äußerst skeptisch beurteilten, schätzen an dieser Initiative die Vorgabe, dass Hilfe an ein hohes Leistungsniveau und nachprüfbare Erfolgsnachweise gebunden sein soll. Auch die internationale Gemeinschaft begrüßt die Initiative, ist allerdings noch etwas unentschieden, ob denn nun der MCA mit den Millenniums-Entwicklungszielen vereinbar ist oder aber mit ihnen konkurriert.
Das Zulassungsverfahren für den MCA muss an die Gegebenheiten der aktuellen Haushaltssituation angepasst, die Programmauswahl auf Vorschläge mit hohen Erfolgsaussichten beschränkt werden, wenn die Initiative ihre politische Unterstützung in den USA nicht verlieren will. Das Weiße Haus wird nachweisen müssen, dass der MCA ein neues, zusätzliches Instrument der Entwicklungszusammenarbeit ist, und nicht etwa eines, das erhebliche finanzielle Einschnitte bei laufenden Programmen zur Folge hat. Weiter wird zu zeigen sein, wie sich der MCA in eine Gesamtvision der wirtschaftlichen Zusammenarbeit einfügen wird. Ihren ersten Test wird die Regierung bestehen müssen, wenn in der zweiten Hälfte des Jahres 2004 die ersten Programmvorschläge zur Umsetzung ausgewählt werden.
aus: der überblick 03/2004, Seite 36
AUTOR(EN):
Larry Nowels:
Larry Nowels ist Experte für Außenpolitik im Forschungsdienst des US-Kongresses.