Nachruf auf Carlos Lächele
von Heinz Klein
Carlos war evangelischer Theologe und Studienleiter in der Erwachsenenbildung an der Evangelischen Akademie Bad Boll, als er 1977 zu Dienste in Übersee (DÜ) stieß. Seit Januar 1979 war er der wichtigste freiberufliche Kursleiter bei DÜ- Kursen. Über 25 Jahre wirkte er als Pädagoge für DÜ und später für den EED an einem breiten Fächer von Bildungsveranstaltungen mit etwa an Kursen, in denen sich Fachkräfte auf den Einsatz in Übersee vorbereiteten, an Kursen für Fachkräfte nach ihrer Rückkehr oder an pädagogischen Fortbildungen.
Auch für Regionalseminare in Übersee, bei denen dortige Partnerorganisationen mit Fachkräften in ihrer Region zusammenkamen, war er als pädagogischer Leiter und Begleiter gefragt. Sein entwicklungspolitisches Fachwissen, seine Kenntnisse in der themenzentrierten Interaktion und sein Einfühlungsvermögen haben über ein Vierteljahrhundert lang die Vorbereitungs- und Rückkehrarbeit bei DÜ entscheidend geprägt. Weit über tausend DÜ- Fachkräfte und deren Familienangehörige dürften von ihm Orientierungshilfe erfahren haben auf ihrer Wanderung zwischen den Kulturen. Auch die DÜ-Bildungsarbeit ist untrennbar mit seinem Namen verbunden.
Interkulturelle Kommunikation stand im Zentrum der Arbeit von Carlos Lächele. Sie war für ihn weit mehr als eine Methode: Sie mit Offenheit, Aufrichtigkeit, Geradlinigkeit, Solidarität und Verständnis zu füllen war sein Lebensthema, seine Leiden- schaft und seine Grundüberzeugung. Eine zentrale Aufgabe der Seminare war für ihn die Besinnung auf die eigenen Werte, Traditionen und Prägungen.
Das pädagogische Repertoire etwa Moderation, Konfliktbearbeitung und Kreativitätsförderung beherrschte Carlos virtuos. Aber er wandte es in einer völlig unprätentiösen, bescheidenen Art und voller Achtung gegenüber anderen an. In seinen Seminaren trieb er keine pädagogischen Spielchen, sondern legte die Karten auf den Tisch. Um seine Souveränität musste er dabei nicht fürchten. Denn er stand für klare Positionen und besaß Rückgrat. Seinen Mitmenschen begegnete er aufrichtig, offen und mit gewinnendem Charme. Liebe, Gerechtigkeit auch zwischen den Geschlechtern , Friede und Bewahrung der Schöpfung waren Eckpfeiler seiner Grundwerte. Dafür setzte Carlos Lächele sich leidenschaftlich ein, daraus leitete sich sein Handeln ab. Er scheute dabei keine streitbare Auseinandersetzung, blieb aber immer fair und rücksichtsvoll. Er lebte vor, anderen mit Achtung und Anstand zu begegnen. Carlos hatte ein sehr feines Gespür für die Befindlichkeit des anderen und ging damit offen und zugleich behutsam um. Auch in ernsten Gesprächen spiegelte sein Gesicht das Lächeln seiner Seele wider. Mit ihm zu sprechen hatte etwas befreiendes. Seine schwäbische Sprache war schnörkellos ehrlich und wurde verstanden. Er brachte die Menschen dazu, sich mit ihren innersten Beweggründen auseinanderzusetzen.
Im komplexen und konfliktträchtigen Beziehungsgeflecht zwischen DÜ, der Fachkraft und der überseeischen Partnerorganisation wusste Carlos allen Seiten wertvolle Orientierungshilfen zu geben, auch wenn dies für den einen oder die andere manchmal unbequem oder schmerzhaft sein konnte. Latente Konflikte ließ er nicht auf sich beruhen, sondern legte sie offen.
Mit Carlos in Seminaren zusammenzuarbeiten war für mich jedes Mal erfrischend, motivierend und eine große Bereicherung. Es machte einfach Freude. Das trifft sicher für die meisten meiner ehemaligen DÜ-Kolleginnen und Kollegen zu. Man konnte sich Carlos blindlings anvertrauen und sich auch einmal bei ihm anlehnen, wenn man unsicher oder verzagt wurde. Auf Carlos war Verlass. Und es machte ungeheuren Spaß, mit ihm zu lachen und zu feiern.
Im Jahr 2002 beendete Carlos Lächele seine Tätigkeit für den EED. Danach brachte er sein Wissen aus der interkulturellen Bildung in Gender-Qualifizierungen für Erwachsenenbildner und -bildnerinnen zahlreicher bundesweiter Organisationen ein.
"Carlos lebt weiter, wenn wir Dinge so tun, wie er sie getan hat. Wenn wir so miteinander umgehen, wie er mit uns umgegangen ist", so die Schlussworte seines Freundes Henning Melber bei der Trauerfeier an seinem Sarg. Mit seiner Frau und Kollegin Gerrit Kaschuba, allen Angehörigen und vielen Freunden und Freundinnen teilen wir die tiefe Trauer und den Schmerz über seinen Tod. Gott behüte Dich, lieber Carlos.
aus: der überblick 03/2007, Seite 158
AUTOR(EN):
Heinz Klein
Heinz Klein war von 1973 bis 2002
Mitarbeiter von DÜ bzw. des EED
und mit Carlos Lächele befreundet.