Präsident Mbeki stellt Loyalität über Leistung
Die Entscheidung von Präsident Thabo Mbeki, die stellvertretende Gesundheitsministerin Nozizwe Madlala-Routledge zu feuern, ist nur schwer zu fassen. Denn man kann sich in der derzeitigen Phase seiner Präsidentschaft kaum etwas vorstellen, was drastischer belegen könnte, dass er die Politik seines Insider-Kreises höher stellt als den Dienst am Volk.
von Mondli Makhanya
Einen leichten Hoffnungsschimmer hat er allerdings geweckt, als er ihr in dem Entlassungsbrief vorhielt, dass sie kein team player sei. Wir können nur annehmen, dass sie das nicht war, weil sie sich dem Kabinetts-Code der Speichelleckerei widersetzte.
Mbekis Kabinett bietet gesicherte Anstellung für Loyalisten egal, wie gesund und wie fähig sie sind. Die bekannte Schwäche der Gesundheitsministerin Manto Tshabalala-Msimang für Alkohol wurde stillschweigend geduldet, während sie aktiv die Regierungspolitik zu HIV/AIDS mit ihren unwissenschaftlichen Vorbehalten unterhöhlte, und sie hat die Nation zum Gespött gemacht mit einer komischen Fehlinterpretation von gesunder Diät. Sie hat Krankenhäuser bankrott gehen lassen und Pläne vermasselt, Medikamente zu verbilligen das alles hat viele Menschenleben gekostet.
Präsident Mbeki hat dem Parlament unlängst gesagt, Minister könnten nicht individuell für unzulängliche Leistung verantwortlich gemacht werden. Solch einen Tadel sollte das gesamte Kabinettsteam auf sich beziehen. Das erklärt wahrscheinlich seine Toleranz gegenüber Innenministerin Nosiviwe Mapisa-Nqakula, Strafvollzugsminister Ngconde Balfour und Kommunikationsministerin Ivy Matsepe-Casaburri, die allesamt spektakulär versagt haben.
Mbeki hat schlechte Leute zu Ministern ernannt und verteidigt sie bis ins Absurde, weil er keinen Fehler zugeben kann. Er hat an Polizeichef Jackie Selebi festgehalten trotz dessen völlig unakzeptabler Freundschaft zu bekannten Gangstern und hat seine Kabinettskollegen so eingeschüchtert, dass sie die Tragödie leugnen, die sich in Simbabwe entfaltet. Madlala-Routledge brachte Hoffnung in die trübe Lage des Gesundheitswesens, obwohl sie als Stellvertreterin nicht Mitglied im Kabinett ist. Sie hat die Regierung und den ANC herausgefordert, indem sie das komplizenhafte Schweigen zu der Seuche, die tagtäglich hunderte junger Leben ausmerzt, nicht mitmachte. Während ihre Chefin sich in der Schlange derjenigen, die auf eine Lebertransplantation warten, vordrängelte, hat sie zusammen mit dem derweil amtierenden Minister Jeff Radebe und Vizepräsidentin Phumzile Mlambo-Ngcuka neues Leben in die dahinsiechenden Anti-HIV/AIDS-Programme gepumpt. Als dann herauskam, dass East Londons Frere- Krankenhaus eine der am schlechtesten funktionierenden Einrichtungen ist, ist sie selbst hingefahren, um das nachzuprüfen, und hat nicht vertuscht, was sie sah. Während sie Trost zu spenden wusste, haben Tshabalala-Msimang und der Präsident den Müttern von ohne Not gestorbenen Babies zu erklären versucht, dass ihnen doch statistisch gesehen nichts außergewöhnliches widerfahren sei.
Madlala-Routledge ist keine Mutter Teresa. Es heißt, dass sie herausfordernd sei, dass es nicht leicht sei, mit ihr zu arbeiten, und dass sie nicht sehr respektvoll mit Autoritäten umgehe. Aber das sind Eigenschaften, mit denen ein fähiger Führer umgehen können sollte, wenn sie offensichtlich mit Mut und Kompetenz gekoppelt sind. Mbeki hat in diesem einfachen Test seiner Führungsfähigkeit versagt. Unterlegen, hat er sie feige gefeuert. Die Entlassung dieser Frau, die kein Blatt vor den Mund nimmt, am Vorabend des Frauentages, hat seine ohnehin blasse Rede am Folgetag über die Rechte und den Status von Frauen in Südafrika vollends unglaubwürdig gemacht.
Er ist unbeherrscht gegen eine Frau vorgegangen, die ihm Paroli geboten hat. Das lässt an seinem Vorschlag zweifeln, dass als nächstes eine Frau ins Präsidentenamt kommen sollte. Eine starke Frau? Der Präsident ist berechtigt, Minister und ihre Stellvertreter zu heuern und zu feuern. Wenn er durchweg diese Autorität genutzt hätte, einen Standard der Exzellenz statt der Untertänigkeit zu stärken, hätte man seine Entscheidung akzeptiert. Ohne solch ein politisches Zeugnis war es offenkundig nur der Groll dessen, der politisch den starken Mann markiert.
Mbeki zog zur Begründung ihre offizielle Reise nach Spanien im Juni heran, deren Genehmigung er am Tag ihrer Abreise entzogen hatte. Aber wenn es um eine unnötige Reise gegangen wäre, dann hätte er gegen die Vizepräsidentin vorgehen müssen, als sie auf Regierungskosten Freunde zur Urlaubsreise nach Abu Dabi mitnahm, oder den Parlamentssprecher Baleka Mbete, der einen Privatjet gemietet hat, um an der Inauguration der Präsidentin in Liberia teilzunehmen, oder den stellvertretenden Innenminister Malusi Gigaba, der Regierungsfahrzeuge benutzt hat, um Gefährten zu Projekten zu bringen, die mit der Regierung nichts zu tun haben.
Wenn es um irgendwelche nicht enthüllte Korruption gegangen wäre, dann hätte er oder der ANC ebenso scharf gegen Parlamentsmitglieder vorgehen müssen, die sich betrügerisch am Reiseetat des Parlaments bedienten, und gegen all die Stadträte, Bürgermeister, hohe Staatsbedienstete und durch Gleichstellung an Pfründe gelangte Geschäftsleute, die das System zugunsten ihres eigenen rechtswidrigen Profits manipuliert haben. Wenn es darum ging, dass sie auf die Berichte über das Frere-Krankenhaus reagierte, dann Gott hilf! Es ist an der Zeit, dass beherzte Männer und Frauen im ANC das verteidigen, was ihnen am Herzen liegt, dass sie diesen als Loyalität maskierten Code durchbrechen.
Mbeki verdient große Anerkennung für vieles, was er gemacht hat, aber sein Vermächtnis löst sich auf wie des Kaisers neue Kleider. Wenn sein Maß für seine Leistung die Lobpreisung seiner Kleider ist, müssen wir fragen: Können wir uns noch weitere zwei Jahre leisten?
aus: der überblick 03/2007, Seite 140
AUTOR(EN):
Mondli Makhanya
Mondli Makhanya ist Chefredakteur der südafrikanischen Zeitung
"Sunday Times".
Wir entnehmen diesen Kommentar
der Ausgabe vom 12. August 2007 mit freundlicher
Genehmigung der Redaktion.