In der Karibik wollen Einheimische und Touristen gut aussehen
Frauen, die etwas auf sich halten, gehen in der Dominikanischen Republik in den Kosmetiksalon. Warum soll man sich auch selbst die Nägel feilen und lackieren, wenn die Fachfrau das viel besser kann? Und auch Urlauber, Männer und Frauen, lassen sich im Ferienort Cabarete im Salon von Lucy Kinsch verschönern, um auf der Flaniermeile angenehm aufzufallen.
von Andrea Tapper
Draußen: die Hitze, feucht und schwül-warm. Drinnen: Sieben Quadratmeter angenehm temperierte Glückseligkeit. Zwei Deckenventilatoren fächeln kühle Luft auf Gesicht, Arme und Beine. Wohltuend massiert Lucy die Kopfhaut. Das Interieur: Schwarze Korbmöbel auf weiß gekacheltem Boden, zwei Frisörstühle, zwei Waschsessel. Eine stattliche Sammlung verschiedener Haarbürsten in einem weißen Porzellan-Schwan auf schwarzer Frisierkommode; alles picobello aufgeräumt und gepflegt. Nicht größer als ein Zeitungskiosk ist das Schönheitsparadies von Lucy Kinsch. Und eigentlich auch nur eine Bretterbude - äußerlich betrachtet. Doch der Salon Lucymar, kaum fünfzig Meter vom Meer entfernt, an der Hauptstraße des kleinen Surfer-Örtchens Cabarete, gilt als erste Adresse in Sachen Schönheitspflege. Während die Urlauber traditionelle Anwendungen wie Heilmassagen oder die sagenumwobene Noni-Frucht als Schönheitselixier wählen, bevorzugen die Dominikanerinnen importierte westliche Mittel. Lucy packt eine Lieferung Hair-Relaxer - das chemisch glättende Gegenteil einer Dauerwelle - aus. “Mein Salon war der erste hier”, berichtet die adrette Inhaberin stolz. Das war vor 15 Jahren. Heute konkurrieren rund ein Dutzend Salons estética auf kaum fünfhundert Metern Flaniermeile in Cabarete, von Einheimischen wie Urlaubsgästen gleichermaßen besucht. Lucy hat zwei Töchter und ist seit zwanzig Jahren mit einem deutschen Montagearbeiter verheiratet. Mit ihm, der bei Erdölförderanlagen und Raffinerien arbeitet, hat sie einige Jahre in Frankreich, Deutschland und dem Irak verbracht - und immer ihr kleines selbstständiges Kosmetik-Geschäft nebenher unterhalten. Damit hat sie genug verdient, um ein Grundstück und ein Restaurant in ihrer Heimat direkt am Surfer-Strand von Cabarete zu erwerben. Doch mit dem Pächter, einem Deutschen, habe sie muchas problemas, viel Ärger, klagt sie beim Haareföhnen. Also steht Dona Lucy mit ihren 52 Jahren immer noch täglich im eigenen Salon, statt sich auf dem sanften Ruhekissen ihres Immobilienbesitzes auszuruhen. Dafür gilt sie als eine der erfahrensten Kosmetikerinnen der Karibik - und ist sofort zu einem Schwätzchen über Schönheit und mehr bereit. |
Wieviel gibt eine Dominikanerin monatlich für ihre Schönheitspflege aus?
Zweimal die Woche waschen und föhnen, und jeden zweiten Monat zum Haareglätten ist das Mindeste. Je besser ihr Job, umso gepflegter will die Frau aussehen und dementsprechend mehr Geld gibt sie für den Frisör aus. Die Mädchen, die in der Tourismusbranche arbeiten, investieren erst recht in ihr Aussehen - denn das ist ihr Kapital.
Und was kostet ein Frisörbesuch?
Rund 250 Pesos, knapp sieben Euro.
Das ist billiger als in Deutschland, dennoch bei Ihnen viel Geld, oder?
Den Frauen hierzulande ist ihre Schönheit sehr wichtig. Eine Sekretärin, die im Monat vielleicht 3000 oder 4000 Pesos verdient (das sind etwa 80 bis 110 Euro, die Red.), gibt gut und gerne die Hälfte davon für Frisörbesuche und Kosmetika aus. Eine Dominica käme kaum auf die Idee, sich Nägel oder Haare selbst zu machen. Das ist ganz anders als in Deutschland. Ich muss sagen, die meisten Dominikanerinnen sind pflegebewusster als deutsche Frauen. Unvorstellbar, dass eine, die das Geld hat, sich nicht einmal pro Woche die Nägel machen lässt oder gar an ihren Nägeln selbst zuhause herum feilt. Wozu auch? Da gibt’s doch Profis, die das viel besser können. Pediküre kostet bei mir umgerechnet acht Euro.
Was lassen Dominikanerinnen im Salon machen?
Auf jeden Fall die Haare, Pediküre, Maniküre und Epilation - also Haarentfernung mit Heißwachs an Beinen, unter den Armen und an der Bikini-Linie. Besonders wichtig für das Aussehen hier am Strand!
Stichwort Hautpflege: Welches Schönheitsideal ist zur Zeit gefragt?
Da hat sich nicht viel verändert. Möglichst helle und möglichst glatte Haut. Pigmentflecken, Altersflecken, Sonnenbrand - das ist der Horror für eine Latina. Wir freuen uns, wenn die Sonne mal nicht scheint. Und die Haare sollen glatt und möglichst lang sein. Warum? Das wirkt eben edler, nicht so wild. Dafür machen wir uns weniger Stress, was die Figur angeht. Kurven sind erlaubt. Im Gegenteil: Kurven machen selbstbewusst.
Was verdient eine Angestellte im Salon?
Umgerechnet etwa 100 bis 120 Euro im Monat, mit Trinkgeld das Zweieinhalbfache.
Zahlen Touristen bei Ihnen mehr als Einheimische?
Es kommt auf die Haare und die Frisur an. Im Prinzip schon etwas mehr. Sie verdienen ja auch mehr. Die typische Urlaubsfrisur - Afrozöpfchen - lassen sich die meisten Urlauber allerdings am Strand flechten. Das bieten dort haitianische Frauen, die hier als illegale Immigrantinnen leben, alle paar Meter an. Eine solche Sitzung dauert Stunden und kann schon mal 50 Euro kosten.
Kommen auch Männer zu ihnen?
Ja, vor allem die männlichen Touristen! Haare färben, Schnurrbart färben - im Urlaub experimentieren sie herum wie die Teufel. Vor allem will keiner graue Haare haben. Ich habe das Gefühl, dass gerade die europäischen Männer eitler sind als die europäischen Frauen. Zumindest die, die wir hier sehen.
aus: der überblick 04/2004, Seite 44
AUTOR(EN):
Andrea Tapper:
Andrea Tapper ist freie Journalistin in Hamburg.