Kooperation auf französisch
Rund 50 Jahre lang galt die Franc-Zone in West- und Zentralafrika als Hort wirtschaftlicher und politischer Stabilität. Der festgesetzte Wechselkurs des Franc CFA mit dem französischen Franc nutzte vor allem der afrikanischen Elite, die günstig in Europa einkaufen konnte, und französischen Exporteuren, die so einen gesicherten Absatzmarkt in der Franc-Zone fanden. Wachsende Gegensätze innerhalb der CFA-Zone, die drastische Abwertung des F CFA 1994 und nachlassendes Interesse Frankreichs seit der Bindung der Währung an den Euro könnten jetzt das Ende der wirtschaftspolitischen Stabilität der Franc-Zone einläuten.
von Dirk Kohnert
Bisher konnten die in einer Währungsunion zusammengeschlossenen westafrikanischen Länder der frankophonen CFA-Zone dem wirtschaftlichen Abwärtstrend besser widerstehen als andere afrikanische Länder. Sie erwiesen sich noch in den neunziger Jahren als Hort relativer Stabilität und als Vorzeigemodell regionaler Integration in Afrika. Die CFA-Zone galt über 50 Jahre lang als ein Garant währungs- und wirtschaftspolitischer Stabilität der französischsprachigen Staaten im krisengeschüttelten Afrika. Die Währung Franc des Colonies Françaises d'Afrique (F CFA) - mit der Unabhängigkeit umbenannt in Communauté FinanciPre Africaine in Westafrika, bzw. in Coopération FinanciPre en Afrique Centrale in Zentralafrika - wurde kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges formell geschaffen und fest an die Leitwährung Französischer Franc (FF) gekoppelt. Außer Guinea (Conakry), Madagaskar und Mauretanien sind alle ehemaligen französischen Kolonien Mitglieder der Franc-Zone.
Die CFA-Zone umfasst derzeit 15 Staaten in drei unterschiedlich großen Zonen mit jeweils einer eigenen Zentralbank: die UEMOA, die CEMAC und die Komoren. Zur Union Economique et Monétaire d'Afrique de l'Ouest (Westafrikanische Wirtschafts- und Währungsunion, UEMOA) gehören die acht westafrikanische Länder Benin, Burkina Faso, Côte d'Ivoire, Guinea Bissau (seit Mai 1997), Mali, Niger, Senegal und Togo. Ihre gemeinsame Zentralbank Banque Centrale des Etats d'Afrique de l'Ouest (BCEAO) ist in der senegalesischen Hauptstadt Dakar angesiedelt. Sechs zentralafrikanische Länder der CEMAC (Communauté Economique et Monétaire de l'Afrique Centrale) - Äquatorial-Guinea, Gabun, Kamerun, Kongo (Brazzaville), Tschad, Zentralafrikanische Republik haben ihre Zentralbank mit der Banque Centrale des Etats d'Afrique Centrale (BEAC) in Yaoundé, Kamerun. Und schließlich gehören auch die Komoren zu der Währungsunion mit der Banque Centrale des Comores, die den Franc Comorien herausgibt.
Die Bindung der CFA-Zone an den französischen Franc wurde durch ein Kredit- und Budgetabkommen mit Frankreich unterstützt. Der Wechselkurs zwischen F CFA und FF lag zwischen 1948 und 1993 unverändert bei 50 zu 1, ab 1994 wurde er um die Hälfte auf 100:1 abgewertet. Seit 1999 gilt eine entsprechende Anbindung an den Euro (gut 655 CFA oder 500.000 Franc Comorien entsprechen 1 Euro).
Vier Grundprinzipien der CFA-Zone sichern die Geldwertstabilität und eine - im Vergleich zu anderen afrikanischen Staaten - größere Budgetdisziplin: der feste Wechselkurs mit dem Franc/Euro, freie Konvertibilität (Austauschbarkeit der Währungen verschiedener Länder), weitgehend freier Geld- und Kapitaltransfer sowie unbegrenzte Deckung der Zahlungsbilanzdefizite der CFA-Länder durch das französische Schatzamt (als Gegenleistung für die Deponierung von 65 Prozent der Devisen der Mitgliedsländer bei diesem Schatzamt).
Aber die Länder der CFA-Zone mussten auch einen Preis dafür bezahlen, denn Paris ließ sich bei seiner Geld- und Fiskalpolitik in erster Linie von seinen eigenen Außenhandelsinteressen leiten. Es diktierte den CFA-Ländern die Zinspolitiken und Geldmengensteuerung. Außerdem diente die CFA-Zone Generationen französischer und afrikanischer Unternehmer und Politiker zum eigenen Nutzen: Die Preise für französische Importe im subsaharischen Afrika - durchgesetzt mittels Lieferbindungen und politischen Beziehungen - lagen über Jahrzehnte 30 Prozent über den Weltmarktpreisen für vergleichbare Güter und Dienstleistungen. Die Elite aus der CFA- Zone konnte günstig in Frankreich einkaufen, und französische Exporteure hatten in den CFA-Ländern einen sicheren Absatzmarkt. Die Rechnung bezahlten die Armen und der französische Steuerzahler. Kurz gesagt, bis Ende der achtziger Jahre war die CFA-Zone ein gestützter Selbstbedienungsladen der frankophonen Elite, jedoch zu Lasten der Armen und der afrikanischen Bauern und Produzenten in der CFA-Zone, deren Exporte wegen des verzerrten Wechselkurses nicht konkurrenzfähig waren.
In den achtziger und neunziger Jahren ließ Frankreichs wirtschaftliches Interesse an Afrika deutlich nach. Private Direktinvestitionen im CFA-Raum, die 1975 noch zwei Drittel der gesamten französischen Auslandsinvestitionen ausmachten, sanken innerhalb eines Jahrzehntes auf ein Drittel (1987). Der Anteil Frankreichs am Außenhandel der CFA-Zone sank zwischen 1960 und 1980 von fast 50 auf 30 Prozent; an die Stelle Frankreichs traten als Handelspartner die übrigen Staaten der Europäischen Union (EU), die USA und Japan.
Die frankophone Westafrikanische Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft UEMOA ist zwar Teil der CFA-Zone. Gleichzeitig gehören die Mitgliedsländer aber auch der Wirtschaftsgemeinschaft aller westafrikanischen Staaten (Economic Community of West African States, ECOWAS) an, die von den englischsprachigen Ländern Nigeria und Ghana dominiert wird. Die Entstehung der UEMOA war untrennbar mit dem Versuch Frankreichs verbunden, die besonderen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu seinen ehemaligen Kolonien zu wahren und die befürchtete Vormachtstellung des anglophonen Teils Westafrikas abzublocken. Die Mitgliedschaft westafrikanischer Länder in UEMOA und ECOWAS ist also eigentlich ein Widerspruch.
Im Zuge der 50-prozentigen Abwertung des F CFA vor zehn Jahren beschlossen die betroffenen Staatschefs, die 1973/74 gegründete frankophone westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (CEAO) und die Währungsunion (UMOA) zur Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft UEMOA zusammenzulegen. Im Januar 1994 wurde diese offiziell in Ouagadougou (Burkina Faso) ins Leben gerufen. Diese Wirtschaftsgemeinschaft repräsentiert mit 72 Millionen Einwohnern und 28 Milliarden Euro Bruttoinlandsprodukt (BIP) etwa 30 Prozent der Bevölkerung und 33 Prozent des BIP Westafrikas.
Ziel der UEMOA ist, die Kräfte des frankophonen Westafrika in einer schlagkräftigen Organisation zu bündeln, die auf die spezifischen Wirtschaftsinteressen Frankreichs und der CFA-Zone ausgerichtet ist und den speziellen Beziehungen zur ehemaligen Wirtschafts- und Währungszone der Kolonialmacht Frankreich Rechnung trägt. Dazu wurden eine Zollunion eingerichtet, die Steuer- und Finanzpolitik harmonisiert, seit 1995 wichtige politische Institutionen und rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen, die Zollsätze für Industriegüter angeglichen sowie die Abschaffung von Importquoten beschlossen.
Die enge Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank und Frankreich, welche die UEMOA von Anbeginn an mit beträchtlichen finanziellen Mitteln ausgestattet haben, sollte deren Erfolg gewährleisten. Der UEMOA sind in der Tat auf dem Gebiet der regionalen Zusammenarbeit größere Fortschritte gelungen als allen anderen regionalen Wirtschaftszusammenschlüssen Afrikas. Erstens, weil die Wirtschaftsstruktur der westafrikanischen Staaten homogener ist als beispielsweise die der zentralafrikanischen CEMAC-Länder, zweitens weil sich das frankophone Westafrika einem stärkeren Konkurrenzdruck benachbarter (anglophoner) Staaten ausgesetzt sieht, und schließlich, weil die Mitgliedstaaten gemeinsame Steuerungsorgane schaffen konnten: Als Vorläufer des geplanten Parlaments der UEMOA wurde 1998 das Comité interparlamentaire in der malischen Hauptstadt Bamako feierlich eröffnet. Es folgte die Gründung der Chambre consulaire régionale (als zweite Kammer und Beratungsorgan der UEMOA mit 56 Mitgliedern - je sieben pro Land). Zur gleichen Zeit nahm auch der Cour de justice der UEMOA seine erste Sitzung auf. Dieser Gerichtshof hat die Aufgabe, die Einhaltung der UEMOA-Verträge zu überwachen. Im September 1998 öffnete die erste regionale Wertpapierbörse in Abidjan (Côte d'Ivoire) vielversprechend ihre Tore - zunächst nur für die Mitgliedsländer der UEMOA. Bereits im Vorjahr war ein regionaler Strukturhilfefonds der UEMOA geschaffen worden, um den großen wirtschaftlichen Unterschieden innerhalb der Region entgegenzuwirken. Er hat die Aufgabe, in besonders bedürftigen Mitgliedsländern die Armutsbekämpfung zu erleichtern. Das Geld für diese Fonds soll aus nationalen Importzöllen stammen, von denen 0,5 Prozent abgezweigt werden.
Obwohl ab 1997 die Asienkrise und ab 1998 der Konjunktureinbruch in der EU, dem Haupthandelspartner der UEMOA, auch auf diese abfärbte, ist die Bilanz ihrer Wirtschaftspolitik gegenüber der ECOWAS - jedenfalls bis zur durch den Bürgerkrieg verstärkten ivorischen Krise 2002 - positiv ausgefallen. Das Wirtschaftswachstum in der Union ist zwischen 2000 und 2001 von 0,9 Prozent auf 2,4 Prozent gestiegen. (Gleichwohl sank das Pro-Kopf-Einkommen, weil die Bevölkerung mit geschätzten 3 Prozent schneller wuchs als die Wirtschaft. Die Inflationsrate stieg zwar zunächst von 1,8 Prozent (2000) auf 4,1 Prozent in 2002 an, sank aber bis 2003 wieder auf 1,9 Prozent. Das Zahlungsbilanzdefizit (ohne die externe Entwicklungs- und Budgethilfe) konnte aufgrund einer verbesserten Handelsbilanz leicht reduziert werden.
Die Außenhandelsabhängigkeit der gesamte CFA-Zone von Europa ist jedoch groß. Etwa 60 Prozent der Im- und Exporte finden mit EU-Staaten statt, dagegen gibt es wenig Binnenhandel der Staaten der Zone untereinander. In der UEMOA werden nur 11 Prozent der Im- und Exporte zwischen den Mitgliedsstaaten selbst abgewickelt. Das zeigt, dass der Binnenmarkt, ein wesentlicher Indikator der angestrebten wirtschaftlichen Integration, noch in den Kinderschuhen steckt. Auch von ihren anderen Entwicklungszielen für das Zusammenwachsen ist die Wirtschaftsgemeinschaft noch weit entfernt. Der Anteil der Investitionen am Bruttosozialprodukt war in den letzten 10 Jahren sogar niedriger als in der CEMAC. Und die Gesamtverschuldung lag im Jahr 2002 bei fast 128 Prozent aller in jenem Jahr innerhalb der UEMOA produzierten Güter und Dienste. Damit hat die Verschuldung zwar leicht abgenommen, sie liegt aber noch weit über dem Ziel von 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Nur Benin, Burkina Faso und Senegal konnten dieses Ziel erreichen.
Seit September 2002 dämpft allerdings die durch den Bürgerkrieg ausgelöste sozio- ökonomische Krise in Côte d'Ivoire mit ihren Auswirkungen auf die gesamte Subregion die optimistischen Einschätzungen der Wachstumschancen. Die Côte d'Ivoire hatte bis zu diesem Zeitpunkt immerhin rund 40 Prozent des BIP der UEMOA erwirtschaftet und noch 1998 in öffentlichen Verlautbarungen von einem nachholenden Wachstum analog der asiatischen “Tigerstaaten” geträumt. Von der ivorischen Krise am meisten und direktesten betroffen waren die Sahel-Anrainer Burkina Faso, Mali und Niger, weil sie wegen der blockierten Handelswege durch die Côte d'Ivoire von ihren traditionellen Handelsrouten und Absatzmärkten abgeschnitten wurden.
Die Entwicklung in Côte d'Ivoire ließ die Diskussion um eine abermalige Abwertung des F CFA und um seine Anbindung an den Euro unter der Regie des französischen Schatzamtes wieder aufleben. Dies wurde bereits deutlich angesichts der ersten Bilanz der wirtschaftlichen Aktivitäten der ivorischen Übergangsregierung nach dem Militärputsch im Dezember 1999. Der damalige ivorische Wirtschafts- und Finanzminister Mamadou Koulibaly verkündete im August 2000, dass die ivorischen Regierung bei der Begleichung des Schuldendienstes für die umgerechnet circa 1,5 Milliarden Euro Auslands- und 0,6 Milliarden Euro Inlandsschulden Rückstände in unvorstellbaren Proportionen angesammelt habe. Auch das durch Côte d'Ivoire verursachte Zahlungsbilanzdefizit bei der BCEAO konnte nicht mehr durch die Überschüsse der übrigen UEMOA-Mitglieder ausgeglichen werden.
Koulibaly befürwortete deshalb - wie schon zuvor in seiner Eigenschaft als Politikberater und Wirtschaftsprofessor an der Universität Abidjan -, die Geldpolitik in die eigenen Hände zu nehmen und den F CFA freizugeben. Als Anfang Oktober 2000 (zusammen mit dem Euro) der reale Wechselkurs des F CFA gegenüber dem US-Dollar um über 20 Prozent sank und somit den in Dollar nominierten Schuldendienst für Côte d'Ivoire noch teuerer machte - 1 US-Dollar bzw. 0,97 Euro entsprach damals etwa 750 F CFA -, drohte die ivorische Militärjunta öffentlich, die CFA-Zone zu verlassen und eine eigene Währung einzuführen. Nach dem Wahlsieg des Präsidenten Laurent Gbagbo und seiner Partei FPI (Front Populaire Ivorien) Ende Oktober 2000 war allerdings nur noch wenig von diesem geplanten Alleingang zu hören, der den Zusammenhalt der gesamten CFA-Zone ernsthaft gefährdet hätte.
Augenscheinlich war Frankreich mit massiver Budgethilfe eingesprungen und hatte der neuen Regierung Gbagbo umgerechnet etwa 122 Millionen Euro zur Bedienung ihres Schuldendienstes versprochen. Letzteres galt als eine der Vorbedingung für die Wiederaufnahme der im September und Oktober 2002 ausgesetzten Entwicklungszusammenarbeit seitens Frankreichs wie auch der anderer internationaler Geber. Diese massive Unterstützung widersprach allerdings sowohl der 1993 verkündeten Balladur-Doktrin, die französische Intervention für die CFA-Zone an die Position des IWF koppelte, als auch den kritischen Stellungnahmen von IWF und Weltbank. Sie zeigte, wie ernst Paris die Wirtschaftsmisere der Côte d'Ivoire und deren Auswirkungen auf die UEMOA und französische Wirtschaftsinteressen einschätzte. Weder eine abermalige Abwertung des F CFA, noch die Freigabe des Wechselkurses oder der Zusammenbruch der CFA-Zone lagen im Interesse der messieurs Afrique. Der französische Minister für Zusammenarbeit und Frankophonie Charles Josselin, der Staatssekretär im französischen Außenhandelsministerium François Huwart sowie der Gouverneur der BCEAO, der Ivorer Charles Konan Banny, wurden daher nicht müde, öffentlich zu betonen, dass eine zweite CFA-Abwertung nach dem Schock der 50-prozentigen Abwertung im Jahr 1994 - entgegen anders lautenden Gerüchten - jeder ökonomischen Grundlage entbehre und nicht zu erwarten sei.
Als dann ab Mitte 2001 der Wechselkurs des Euro (und damit F CFA) gegenüber dem US-Dollar wieder stark anstieg, verschlechterte das allerdings die Absatzchancen der Baumwoll-, Kakao- und Kaffee-Exporteure aus der CFA-Zone auf dem Weltmarkt, da die meisten Verträge für diese Waren auf Dollarbasis abgerechnet wurden und sie in Dollar gerechnet höhere Kosten hatten. Innerhalb nur eines Jahres (2001/02) stieg der reale Wechselkurs des Dollar um 25 Prozent; damit zeichnete sich eine ähnliche Entwicklung ab, wie kurz vor der Abwertung von 1994.
Die meisten Wirtschaftsexperten geben zu, dass die CFA-Zone in ihrer bisherigen Form so gut wie alle wirtschaftstheoretischen Kriterien einer optimalen Währungszone gröblich verletzt und den Grundregeln einer nachhaltig entwicklungsorientierten Fiskal- und Geldpolitik widerspricht. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich die Unterschiede zwischen den Mitgliedsländern in den 50 Jahren der Existenz der Zone weiter vergrößert statt verkleinert haben.
Das mangelnde Vertrauen in die Selbsthilfekräfte der afrikanischen politischen und wirtschaftlichen Systeme der Zone war bisher einer der - oft nur implizit genannten - Hauptgründe der Befürworter, die bisherigen Regelungen der CFA-Zone fortzuschreiben. Die feste Bindung einer an sich schwachen afrikanischen Währung an eine harte westliche Währung wurde als Garant für ein Mindestmaß an Stabilität gesehen, und die negativen Erfahrungen mit Hyperinflation bei weichen afrikanischen Währungen wie mit dem Zaire aus der Demokratischen Republik Kongo oder mit dem ghanaischen Cedi in den achtziger Jahren als warnendes Beispiel angeführt.
Diese Argumentation der internationalen Geber trug allerdings den veränderten politischen Tendenzen Afrikas nicht Rechnung. Französische Unternehmer waren mit ihrer chasse gardée (ihrem geschützten, exklusiven “Jagdrevier”), zu dessen Aufrechterhaltung die CFA-Zone maßgeblich beigetragen hat, jahrzehntelang gut gefahren. Die politischen Grundlagen der Patronage und der Rentenökonomie, und damit der gerühmten Stabilität der CFA-Zone wurden aber durch den “zweiten Wind des Wandels” in Afrika, also durch oppositionelle afrikanische Politiker und durch politisch konditionierte Entwicklungspolitik der internationalen Gebergemeinschaft massiv in Frage gestellt. Die EU in ihrer Gesamtheit hat kein Interesse daran, ein überholtes, an Relikte französischer Kolonialzeit anknüpfendes politisches CFA- System zu stützen.
Mit der politischen Stabilität alter Couleur entfiel allerdings auch die Grundlage der wirtschaftlichen Stabilität; Côte d'Ivoire ist dafür ein herausragendes Beispiel. Mit der französischen Entscheidung, ihre besondere währungspolitische Beziehung zur Franc-Zone aufrechtzuerhalten, musste sich die Währungspolitik der westafrikanischen Mitgliedstaaten zwangsläufig stärker als zuvor an den wirtschaftlichen Erfordernissen der EU orientieren, denen sich auch Frankreich aus übergeordnetem Eigeninteresse stärker beugen musste. Die CFA-Länder sind mittel- und langfristig faktisch genötigt, die Geldpolitik der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion EMU (Economic and Monetary Union) zu übernehmen, die für die Zwecke hochindustrialisierter europäischer Staaten konzipiert wurde. Sie müssen sich also auch an den Konvergenzkriterien des Maastricht-Vertrages orientieren wie ein Haushaltsdefizit unter 3 Prozent des BIP, eine öffentliche Verschuldung unter 60 Prozent des jährlichen BIP und eine niedrige Inflationsrate.
Die Eignung dieser EU-Geldpolitik für die westafrikanischen Staaten ist jedoch fraglich. Der F CFA wird durch die zwangsläufige Orientierung an der Geldpolitik des Euro tendenziell überbewertet und ist so einem kontinuierlichen Abwertungsdruck ausgesetzt. Weder Frankreich, dessen Schatzamt den CFA-Ländern eine unbegrenzte Konvertibilität garantiert, dessen ökonomisches Interesse an Afrika aber weiterhin abnimmt, noch die westafrikanischen Staaten können und wollen mittel- und langfristig einen festen Wechselkurs zwischen F CFA und Euro finanzieren. Hierauf verwies der ehemalige französische Ministerpräsident Pierre Messmer bereits im April 1998 in einem aufsehenerregenden Interview im Magazin Jeune Afrique in ungewohnter Offenheit - sehr zum Leidwesen des politischen Establishments in Frankreich.
Eine Alternative wäre, dass sich die CFA-Länder entscheiden, sich vom Euro zu lösen und sich an eine andere Referenz-Währung, beispielsweise den Dollar, oder an einen Währungskorb von Landeswährungen mehr oder weniger flexibel zu binden. Auch könnten die CFA-Länder eine direkte feste Bindung an den Euro mittels eines regulären Währungsabkommens mit der EU beantragen. Solch eine direkte Bindung würde allerdings aller Wahrscheinlichkeit nach von Brüssel mit härteren Auflagen hinsichtlich der Strukturanpassung der CFA-Länder verbunden werden als das bestehende Abkommen mit Frankreich, so dass eine Zustimmung der etablierten afrikanischen Entscheidungsträger auf absehbare Zeit wenig wahrscheinlich ist.
Angesichts der zunehmenden Unterschiede zwischen Küsten- und Binnenländern sowie zwischen UEMOA und CEMAC könnten sich die CFA-Länder aber auch gezwungen sehen, nationale Währungen einzuführen, um durch eine nationale Geld- und Währungspolitik inneren politischen Unruhen und Wirtschaftskrisen zu begegnen. Wenn die Entscheidungsträger der CFA-Zone einen Entschluss über die Anpassung ihrer Währungspolitik an die Erfordernisse regionaler Integration und des Strukturausgleichs so lange hinauszögern, bis die wirtschaftliche und politische Kluft zwischen Arm und Reich in der Region zu antagonistischen Auseinandersetzungen führt, ist der Zerfall der Franc-Zone und die Schaffung nationaler Währungen die realistischste Perspektive.
Die Beibehaltung der Währungsunion für die gesamte CFA-Zone mit fester Anbindung an den Euro beziehungsweise an die französischen Kreditabkommen geht dagegen insbesondere auf Kosten der ärmsten Länder, der ärmeren Gesellschaftsschichten in der gesamten Zone und des französischen Steuerzahlers, der indirekt den Wunsch etablierter Patronagenetzwerke finanziert, Sonderprofite und französische Grandeur aufrechtzuerhalten. Die von der Wirtschafts- und Währungsunion verheißenen besseren Absatzmärkte kommen ohnehin den ärmsten Ländern kaum zugute. Sie hätten wohl mehr von einer selbst gestalteten Geld- und Haushaltspolitik.
Nicolas Agbohou: Le franc CFA et l'euro contre l'Afrique: pour une monnaie africaine et la coopération Sud-Sud, Paris 2000
Tony Chafer: Franco-African Relations - No Longer So Exceptional? In: African Affairs, No. 101, 2002
Célestin Monga: A Currency Reform Index for Western and Central Africa. In: World Economy, Vol. 20, No. 1, 1997
Regine Qualmann: Währungsanbindung als Chance oder Hindernis für die afrikanische Franc-Zone? Erfahrungen mit dem Festkurssystem und Entwicklungsperspektiven nach der Euro-Anbindung des CFA-Franc. In: Nord-Süd aktuell, 13 (1999) 3
aus: der überblick 01/2004, Seite 50
AUTOR(EN):
Dirk Kohnert:
Dr. Dirk Kohnert ist stellvertretender Direktor des Instituts für Afrika-Kunde in Hamburg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt die Wirtschaftspolitik in Westafrika. Ein Beitrag zu diesem Thema wird 2004 im Sammelband "Perspektiven regionaler Zusammenarbeit in den Entwicklungsländern" erscheinen.