Wie die Chinesen ihren Energiebedarf decken, hat Auswirkungen auf den Rest der Welt
Mit dem Wirtschaftswachstum steigt auch der Energieverbrauch im bevölkerungsreichsten Land der Erde. Chinas eigene Vorkommen an Öl, Gas und Kohle reichen im Prinzip aus, um den Bedarf noch mehrere hundert Jahre zu decken. Die Förderung wird allerdings mit der Zeit teurer, so dass Importe wirtschaftlich sinnvoll sind; die Devisen dafür besitzt das Land. Auch die Wasserkraft sowie Wind- und Sonnenenergie können und sollen stärker erschlossen werden. Die größte ungenutzte "Energiequelle" in China sind allerdings Energieeinsparungen.
von Andreas Oberheitmann
Chinas Hunger nach Energie ist groß. Das Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum des Landes ist ungebrochen und wird auch in der Zukunft ein Wachstum der Energienachfrage mit sich bringen. Wird es deshalb zu einer Energieknappheit oder einer starken Abhängigkeit von Energieimporten in China kommen? Welche Strategien stehen der chinesischen Regierung dafür zur Verfügung?
China ist ein Land der Superlativen - nicht nur hinsichtlich der Bevölkerung und der Landesfläche. Auch beim Energieverbrauch liegt die Volksrepublik schon heute hinter den USA an zweiter Stelle in der Welt. Beim Energieangebot liegt China hinter den USA und Russland an dritter Stelle.
Doch auch in China hat sich, wie in anderen Staaten, der Zuwachs des Energieverbrauchs von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt. So stieg das Bruttosozialprodukt im Zeitraum von 1980 bis 1998 real von rund 90 Mrd. auf 930 Mrd. US-Dollar und hat sich somit mehr als verzehnfacht. Der Energieverbrauch im Land der Mitte hat sich demgegenüber im selben Zeitraum von 510 Millionen Tonnen Steinkohleeinheiten (SKE) im Jahr 1980 auf 1255 Millionen Tonnen nur mehr als verdoppelt. Besonders erhöht hat sich der Verbrauch in den Sektoren Dienstleistungen (um 280 Prozent), Verkehr sowie Industrie (jeweils um 170 Prozent). Der Anteil der industriell genutzten Energie an der Gesamtenergienachfrage in der Volksrepublik China betrug im Jahr 1998 69 Prozent, was im Vergleich zu anderen Entwicklungsländern beträchtlich ist.
Der wichtigste Grund für den hohen Anteil der Industrie am Energieverbrauch ist der hohe Anteil der energieintensiven schwerindustriellen Produktion, insbesondere im Bergbau, in der Stahlerzeugung und in der chemischen Industrie, die zusammen etwa dreiviertel der Energie für diesen Sektor nachfragen. Im Eisen- und Stahlbereich wurden zum Anfang der neunziger Jahre fast 90 Prozent des Energiebedarfs mit Kohle und Koks gedeckt. Auf Grund einer Vielzahl von kleinen und veralteten Anlagen verbraucht China für eine Tonne Stahl im Durchschnitt ein Drittel mehr Energie als etwa die Vereinigten Staaten, obwohl sich die Energieintensität in diesem Sektor in den achtziger Jahren um etwa 20 Prozent verbessert hat. Weil eine bessere Infrastruktur benötigt wird - etwa neue Straßen und Eisenbahnen -, wird sich die Energienachfrage für die Stahlproduktion weiter vergrößern. Daraus ergibt sich für die Zukunft ein beträchtlicher Zuwachs am Verbrauch von Energie und auch an damit verbundenen CO2-Emissionen.
Neben der Energienachfrage der Industrie ist der private Verbrauch entscheidend für die Gesamtenergienachfrage in der Volksrepublik China. Von 1980 bis 1998 ist die Bevölkerung Chinas von 987 Millionen auf 1,25 Milliarden Menschen gewachsen. Pro Kopf ist der Verbrauch an Energie in China mit einer Tonne SKE im internationalen Vergleich noch relativ gering - in den USA liegt der Verbrauch im Jahr 1998 bei 7,6 Tonnen SKE, in der Bundesrepublik bei 4,2 Tonnen. Hier zeigt sich das mögliche Niveau des Energieverbrauchs Chinas in der Zukunft.
Die Entwicklung des privaten Verbrauchs an Energie wird vor allem von drei Faktoren bestimmt: erstens vom Wachstum des Wohnungsbaus, der abhängt vom benötigten Wohnraum pro Person bzw. Haushalt und von der zur Verfügung gestellten Baufläche; zweitens von der Nutzungsrate an elektrischen Gebrauchsgütern, die von der Entwicklung des Einkommens abhängt; sowie drittens davon, wie effizient Energie im Bereich des Wohnungsbaus und der elektrischen Gebrauchsgüter genutzt wird. Auch wenn der private Verbrauch an Energie zwischen 1980 und 1998 um 56 Prozent gestiegen ist, so ist doch seine Bedeutung geringer geworden: Machte der private Verbrauch an Energie im Jahr 1985 noch knapp 19 Prozent des Gesamtverbrauchs in China aus, so sank sein Anteil bis 1998 auf gut 11 Prozent.
Die durchschnittliche Personenzahl pro Haushalt betrug 1990 in den Städten 3,5; für die nächsten zwei Jahrzehnte erwartet die Internationale Energieagentur einen Durchschnitt von 3,2. Der pro Kopf benötigte Wohnraum wurde mit sieben Quadratmetern veranschlagt. Daraus ergibt sich ein Bauflächenbedarf in städtischen Gebieten von mindestens 130 Millionen Quadratmetern.
Beim Gebrauch von Haushaltsgeräten und Konsumelektronik hat sich in der VR China in den vergangenen Jahren - wenn auch auf niedrigem Niveau - ein gewaltiger Anstieg gezeigt. Seit 1978 ist die Nutzungsrate von elektrischen Ventilatoren um das zwanzigfache, die von Fernsehern um das sechzigfache und die von Waschmaschinen um das siebenundneunzigfache gestiegen. Auch die Verwendung von Klimaanlagen vor allem in den Südprovinzen hat enorm zugenommen. Was die technische Qualität angeht, sind vor allem im Heizungsbereich Defizite zu vermuten, da die meisten Systeme veraltet sind und auf Grund zu kleiner Leitungen und Boiler in großem Maße Energie verschwenden. Hier sind in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht worden, was zum Teil den relativen Rückgang des Energieverbrauchs der privaten Haushalte in China erklärt.
Ein weiterer, immer wichtiger werdender Faktor des steigenden Energieverbrauchs ist die zunehmende Motorisierung der Bevölkerung Chinas. Dies betrifft sowohl den öffentlichen als auch vor allem den privaten Güter- und Personenkraftverkehr. Insbesondere die Welle von Gründungen kleiner und mittlerer Unternehmen - etwa im Handel, in Transportdienstleistungen usw. -, die mit den wirtschaftlichen Reformen seit dem Ende der siebziger Jahre einherging, hat zu einem enormen Anstieg der Bestände an Last- und Personenkraftwagen geführt. Mit dem wirtschaftlichen Wachstum steigen auch die Einkommen der privaten Haushalte; das führt ebenfalls zu einem Anstieg der Nachfrage nach Pkws. Nicht zuletzt haben die Liberalisierung des Außenhandels und die mit den Zollsenkungen verbundenen Preisverminderungen für Importfahrzeuge Einfluss auf das Wachstum der Motorisierung und die Zunahme der Kohlendioxid-Emissionen der Volksrepublik China. Insgesamt hat sich der Bestand an Kraftfahrzeugen in China im Jahr 1998 gegenüber 1985 mehr als verdreifacht.
Chinas Hunger nach Energie ist also groß. Dem Land stehen jedoch auch erhebliche Reserven an Primärenergie zur Verfügung. Mit 1145 Mrd. Tonnen verfügt China über 11 Prozent der Kohlereserven in der Welt. Etwa 84 Prozent davon ist Steinkohle. Das Angebot und die Nachfrage nach Kohle fallen allerdings räumlich auseinander: Die Nord-Provinzen Shanxi, Hebei und die Innere Mongolei beherbergen etwa die Hälfte der Reserven, gefolgt von den Nordwest-Provinzen, insbesondere von Shaanxi. Die Kohlenachfrage ist jedoch vor allem in den prosperierenden östlichen und südlichen Küstenprovinzen (wie Guangdong, Fujian, Jiangsu) groß. Der Transport der Kohle über zum Teil mehrere Tausend Kilometer bringt erhebliche Probleme, Kosten und auch Umweltbeeinträchtigungen mit sich.
China hat auch eigene Ölvorkommen; sie werden auf zwischen 60 und 90 Mrd. Tonnen geschätzt. Zwei Fünftel davon liegen auf See - offshore -; nur ein Teil davon wird derzeit auch ausgebeutet. Auf dem Land wird Öl im Osten Chinas gefördert. Die Quellen in Daqing, Shengli und Liaohe liefern zusammen etwa 70 Prozent der derzeitigen Förderung. Die industrielle Entwicklung und die damit verbundene Nachfrage nach Öl - sowohl als Energieträger als auch als Rohstoff, etwa in der chemischen Industrie - sowie die steigende Motorisierung des Landes haben zu einem enormen Anstieg des Verbrauchs an Öl und Ölprodukten in China geführt. Da das Angebot an heimischem Öl die Nachfrage nicht mehr decken konnte, ist die Volksrepublik seit 1994 Nettoimporteur von Rohöl.
Die Förderung von Kohle und Öl wird auch mit der Gewinnung von Gas verbunden. Die Gasreserven Chinas werden auf etwa 60 Billionen Kubikmeter geschätzt; etwa die Hälfte ist an Land förderbar, insbesondere in Zentral- und Westchina. Aufgrund der relativ geringen Förderung spielt Gas derzeit in der Energieversorgung in China eine vergleichsweise kleine Rolle. Es wird jedoch mit Russland und Kasachstan über Gaslieferungen durch mehrere Tausend Kilometer lange Pipelines verhandelt. Das Erdgas soll nach dem Willen der chinesischen Regierung als saubere Energie mit dem Potenzial höherer Wirkungsgrade - etwa in der Stromerzeugung - in der Zukunft größere Bedeutung bekommen.
Zweitwichtigste Primärenergiequelle im Strombereich ist in China kein fossiler Energieträger, sondern die Wasserkraft. Derzeit beträgt ihr Anteil an der Stromerzeugung rund ein Fünftel. Mit etwa 700 Gigawatt (GW; ein GW sind 1000 Megawatt (MW) und eine Million Kilowatt) besitzt China die theoretisch größten Potenziale der Welt für die Nutzung der Wasserkraft. Mit der derzeitigen Technik können jedoch nur maximal 56 Prozent davon ausgebeutet werden. Und die installierte Leistung liegt gegenwärtig nur bei 60 GW, da aufgrund der geographischen Gegebenheiten neue Projekte immer teurer werden.
Das bekannteste Wasserkraft-Projekt ist der Drei-Schluchten-Staudamm am Yangste. Dort soll mit einer Gesamtkapazität von mehr als 18 GW das größte Wasserkraftwerk entstehen, das je auf der Erde gebaut wurde. In der Endausbaustufe entspricht die Gesamtleistung etwa 12 großen Kohlekraftwerken. Das Drei-Schluchten-Projekt ist jedoch mit ökologischen Gefahren behaftet, da es bei einem Dammbruch zu Überschwemmungen in nie gekanntem Ausmaß kommen würde. Auch treten soziale Probleme auf, denn es müssen zur Errichtung des Staudamms über eine Million Menschen umgesiedelt werden.
Andere regenerative Energien werden in China zur Zeit nur in sehr begrenztem Umfang genutzt. Es stehen jedoch in den weiten Flächen Chinas dafür große Potenziale bereit. Erstens machen Flächen, die sich für die Nutzung der Sonnenenergie sehr gut eignen, zwei Drittel des chinesischen Staatsgebiets aus. China besitzt zweitens zwei Gürtel mit reicher Windenergie (einen im Norden und einen im südlichen Küstengebiet). Drittens ist die Nutzung geothermischer Hochtemperaturenergie in Tibet und im Westen der Provinz Yunnan möglich, und an der Küste können die Gezeiten zur Energiegewinnung genutzt werden.
Neben der Solartechnik wird die Nutzung der Windenergie in China mehr und mehr vorangetrieben; bereits Ende der siebziger Jahren wurden nach chinesischen Angaben die ersten kleinen Anlagen installiert. Die Vorbereitungen zum Bau der ersten größeren Anlage in Rongcheng in der Provinz Shandong begannen im Jahr 1986. Heute existieren in China Windenergieanlagen mit einer Gesamtkapazität von rund 150 Megawatt (MW). Dies ist im Verhältnis zur gesamten installierten Kraftwerksleistung in China von etwa 280.000 MW noch sehr wenig.
Strom wird in China nicht nur aus der Verbrennung fossiler Energieträger und aus regenerativen Energien erzeugt, sondern auch mit Hilfe der Kernenergie. Nach Schätzungen der Asiatischen Entwicklungsbank (Asian Development Bank), die zur Weltbank gehört, besitzt China Reserven an Uran, um dreißig Jahre lang Kernkraftwerke mit einer Kapazität von zusammen 15 GW zu betreiben. Seit Beginn der achtziger Jahre baut China eigene Kernkraftwerke. Sie wurden und werden insbesondere in Regionen mit geringen Vorkommen an Energieträgern, aber hoher Nachfrage nach Energie errichtet, also in den prosperierenden Küstenprovinzen. Am 15. Dezember 1991 wurde das erste chinesische Kernkraftwerk in Qinshan (Provinz Zhejiang) mit einer Leistung von 300 MW in Betrieb genommen. Es war in Eigenregie entwickelt und gebaut worden. In den Jahren 1993 und 1994 wurden in Dayawan (Provinz Guangdong) zwei 900 MW-Blöcke in chinesisch-französischer Koproduktion errichtet. Derzeit sind bis zum Jahr 2007 6,6 GW Kapazität an Kernkraft im Bau, und zwar die Erweitung des Werkes in Qinshan sowie zwei neue Kraftwerke in Lingao (Provinz Guangdong) und Lianyungang (Provinz Jiangsu).
Bisher haben vor allem die wohlhabenden Provinzen im Osten des Landes von der Energiepolitik profitiert. Dies liegt in der bisherigen, sehr exportorientierten Entwicklungsstrategie der VR China begründet. Mit ihrer bevorzugten Lage an der Küste Chinas und ihrem Zugang zum Pazifik waren die Ostprovinzen für eine schnellere wirtschaftliche Entwicklung prädestiniert. Mittlerweile hat sich die Entwicklungsstrategie in China jedoch gewandelt, da sich zwischen den reicheren Ostprovinzen und den ärmeren Westprovinzen eine immer stärkere Kluft aufgetan hat. Das neue entwicklungspolitische Ziel ist nun auch die Förderung der Westprovinzen. Mittlerweile werden zunehmend größere Projekte im Hinterland begonnen. Dazu zählt die geplante Erdgaspipeline von Kasachstan durch Xinjiang und andere Westprovinzen.
Die vorhandenen Energiereserven entsprechen der Energieträgernutzung in China. Vorrangiger Energieträger ist die Kohle. Doch ist insbesondere die Nachfrage nach Elektrizität bereits in den achtziger Jahren deutlich angestiegen. In der Zukunft wird sich - so die Schätzungen der Internationalen Energieagentur - die Struktur des Energieeinsatzes weiter zu Lasten der Kohle ändern. Insbesondere der Einsatz von Erdöl wird sich gegenüber dem gegenwärtigen Niveau stark erhöhen. Vor allem wird aber die Elektrizität einen stärkeren Stellenwert im Energiemix Chinas einnehmen. Diese wird in immer geringerem Maße durch Kohleverfeuerung bereitgestellt; insbesondere das Gas und die Kernkraft sollen stärker zur Stromerzeugung beitragen.
Aus dem Energieverbrauchs-Szenario für China ergeben sich zwei wichtige Fragen: Erstens, wird es zu einer Energieknappheit oder einer stärkeren Importabhängigkeit in China kommen und ist zu erwarten, dass das Wirtschaftswachstum davon behindert wird? Zweitens, welche Strategien zur Deckung des steigenden Energiebedarfs sind für China denkbar?
Betrachtet man die Höhe der Energiereserven in China in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Entwicklung (wobei der Pfad der technischen Entwicklung als gegeben unterstellt wird), so scheint das Energieangebot für die nahe Zukunft in jedem Fall gesichert. Bei einer jährlichen Wachstumsrate von 4 Prozent sind die heimischen Ressourcen in China jedoch im Vergleich zu einer um die Hälfte geringeren Wachstumsrate etwa 200 Jahre früher erschöpft (siehe Tabelle).
Die nackten Bestandszahlen sagen jedoch noch nichts über die Kosten der zukünftigen Energiegewinnung in China und das Verhältnis zu den Energiegewinnungskosten in anderen Teilen der Erde und somit über die Veränderung der Importe und Exporte von Energie in China aus. Unterstellt man, dass die günstigsten Vorkommen zuerst abgebaut werden, so ergeben sich steigende Kosten für die zusätzliche Erschließung neuer Fundstätten. Das bedeutet die Energiepolitik Chinas wird überlegen, heimische fossile Energieträger zu ersetzen. Drei Strategien bieten sich hier vor allem an: steigende Energieimporte, ein verstärkter Einsatz regenerativer Energien sowie die Förderung von Energie-Einsparprogrammen.
Steigende Energieimporte schonen die heimischen Energiereserven, belasten aber die Devisenbilanz mit dem Abfluss harter Währung. Bei Ländern mit chronischem Handelsbilanzdefizit kann dies zum Problem werden. Doch China hat mit einem Exportüberschuss von knapp 30 Mrd. US-Dollar und Währungsreserven von 100 Mrd. Dollar im Jahr 2000 hier keinen Grund zur Sorge. Die chinesische Regierung sieht insbesondere beim Erdöl viel mehr die Gefahr einer steigenden Abhängigkeit vom Ausland. Solange ein friedliches staatliches Miteinander vorherrscht und die Wahrscheinlichkeit von Energiepreisschocks gering ist, sind jedoch die möglichen Gefahren der Importabhängigkeit wesentlich niedriger einzuschätzen als die volkswirtschaftlichen Vorteile kostengünstiger Energieimporte.
Eine zweite mögliche Strategie zur Schonung heimischer fossiler Energieressourcen ist die verstärkte Nutzung regenerativer Energien - insbesondere der Wasserkraft, aber auch der Windkraft und der Solarenergie. Sie werden natürlich außerdem auf Grund ökologischer Überlegungen eingesetzt, denn sie liefern Energie, ohne klimawirksame Treibhausgase zu emittieren. Darüber hinaus bieten sie die Vorteile einer dezentralen Energieerzeugung insbesondere in entlegenen ländlichen Regionen: Die Anbindung an das zentrale Stromversorgungsnetz und die damit verbundenen Kosten entfallen. Dezentral wird in China insbesondere die Windenergie genutzt. Zwar ist der Anteil der installierten Windkraftleistung mit 0,05 Prozent an der Gesamtkapazität in China noch sehr gering, doch weisen das Wachstum der installierten Leistung und die Planungen der Regierung auf eine größere zukünftige Bedeutung der Windkraft in China hin.
Ein umfangreicher Zubau an Windkraft in China scheitert derzeit jedoch noch an den im Vergleich zur konventionellen Stromerzeugung zu hohen Kosten (die Windkraft kostet pro Kilowattstunde 1200 US-Dollar, die konventionelle Kohleverstromung 700 Dollar). Die Investitionen in Windenergie werden in China insofern nicht unter wirtschafts-, sondern unter umweltpolitischen Aspekten gesehen. Als Entwicklungsland wird China zumindest mittelfristig wohl aus wirtschafts- und entwicklungspolitischen Überlegungen auf einen weitreichenden Zubau an Windenergie verzichten müssen. Einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma bietet der Clean Development Mechanism, der als ein Ergebnis der internationalen Klimaverhandlungen geschaffen wurde (vgl. den Beitrag auf Seite 56). Darunter können Unternehmen aus Industriestaaten in Umweltschutzprojekte in Entwicklungsländern investieren und dafür die Treibhausgasminderung, die damit bewirkt wird, auf die heimischen Verpflichtungen zur Emissionsreduktion anrechnen.
Die günstigste und auch nachhaltigste Strategie zur Schonung heimischer Energieträger in China ist aber die Energieeinsparung. Sie ist die günstigste, da sie schnell und auf vielen Ebenen des Energieverbrauchs - im Verkehr, in der Industrie, in Haushalten - umgesetzt werden kann. So liegt etwa der Diesel-Verbrauch beim Transport von Waren mit 4,4 Litern je 100 Tonnen-Kilometer um ein Viertel höher als in Industriestaaten. Infolge künstlich verbilligter Energiepreise im Industrie- und Haushaltsbereich haben die Endverbraucher nicht genügend Anreize, Energie zu sparen; eine Liberalisierung der Energiepreise würde daher zu einem wesentlich effizienteren Einsatz von Energie führen. Doch liegt hier immer ein Widerstreit zwischen entwicklungs-, sozial- und umweltpolitischen Erwägungen. Die Energieeinsparung ist auch die nachhaltigste Strategie, da sie sowohl ökonomische Ziele der Kostenersparnis erreicht als auch gleichzeitig ökologische Ziele, etwa der Treibhausgasminderung, verfolgt. Die chinesische Regierung hat bereits mit Energiesparprogrammen begonnen. So verwaltet die China Energy Conservation Investment Corporation Gelder der Regierung in Höhe von 2 Mrd. Renminbi (etwa 250 Millionen US-Dollar) für die Förderung der Energieeinsparung.
China ist ein Land der Superlativen hinsichtlich der Produktion und des Verbrauchs an Energie. Das wirtschaftliche Entwicklungspotenzial und das Wachstum der Bevölkerung in China werden den weltweiten Energieverbrauch und die damit verbundenen Umweltbeeinträchtigungen in Zukunft stark mitbestimmen. Der Erfolg der Energiepolitik des Landes auf dem Weg zu einer Strategie der Energieeinsparung ist somit von globaler Bedeutung.
bei einem angenommenen Wirtschaftswachstum von | 2% pro Jahr | 3% pro Jahr | 4% pro Jahr |
Kohle | 500 | 350 | 300 |
Erdöl | 450 | 300 | 250 |
Erdgas | 550 | 400 | 300 |
aus: der überblick 04/2001, Seite 41
AUTOR(EN):
Andreas Oberheitmann:
Andreas Oberheitmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung, Abteilung Energiewirtschaft. Er hat Wirtschaftswissenschaft und Sinologie in Bochum und Taipei studiert und unter anderem über internationale Umweltpolitik und die Energiewirtschaft in der Volksrepublik China publiziert.