Der klare Wahlsieg von Präsident Sayed Mohammed Khatami im Iran im Juni 2001 hat gezeigt, dass die Bevölkerung seine Reformpolitik unterstützt, auch wenn er bisher nur wenige Verbesserungen gegen die mächtigen konservativen Mullahs durchsetzen konnte. Doch als Khatami vor rund einem Jahr Deutschland besuchte, erntete er von hier lebenden iranischen Intellektuellen scharfe Proteste. Sie machten ihn für Menschenrechtsverletzungen im Iran verantwortlich, die er nicht verhindert hatte - wohl, weil dazu seine Macht nicht ausreichte.
Viele Menschen, die fern der Heimat als eine Minderheit leben, also in der Diaspora, reagieren auf Entwicklungen in ihrem Herkunftsland radikaler als die dort Gebliebenen - besonders wenn sie von einem unterdrückerischen Regime zur Flucht gezwungen worden sind. Aus der Ferne betrachtet verschwinden offenbar die Zwischentöne, es scheint nur noch Schwarz oder Weiß zu geben. Ein Idealbild, wie die Heimat einmal war oder sein sollte, wird mit der Zeit für das Selbstverständnis von Exilgruppen immer bedeutsamer. Exilanten haben zuweilen auch ein schlechtes Gewissen, weil sie die Heimat und ihre Kampfgefährten im Stich gelassen haben.
Deshalb haben immer wieder Menschen in der Diaspora riesige Summen für politische Bewegungen in ihrer Heimat aufgebracht. Sie unterstützen Gruppen, die für demokratische Befreiung kämpften, aber auch solche, die extreme Ideologien mit Terror verwirklichen wollen. Und viele Rebellen oder Bürgerkriegsparteien erhalten aus der Diaspora Geld oder treiben es dort ein. Das ist umso leichter, je stärker die Geflohenen aus der Gesellschaft ihres Gastlandes ausgegrenzt werden. Fremde, die bei uns leben, wirklich aufzunehmen kann daher auch dem Frieden in ihrem Herkunftsland dienen.
DIE REDAKTION