Ein Unternehmen mit ideellen Ansprüchen
FAKT Beratung für Management, Bildung und Technologien: Die Selbstbeschreibung ist neu. Sie belegt jedoch nur einen Wandel, der längst vollzogen ist.
von Ilse Preiss
Gegründet worden war FAKT 1986 als Fördergesellschaft für angepasste Techniken in der Dritten Welt. "Technik pur" allerdings, weiß Geschäftsführer Manuel Rast, "wird bei uns immer weniger nachgefragt. Da gibt es im Süden mittlerweile genügend eigenes Know-how".
Also hat sich die gemeinnützige GmbH in Stuttgart in den letzten Jahren mehr und mehr auf das verlegt, was der neue Name in den Vordergrund rückt: Beratung und Qualifizierung der Partner. Und hat damit ausgerechnet in Zeiten allgemein rückläufiger Entwicklungshilfe-Budgets vollends in die Erfolgsspur gefunden - FAKT freut sich über seine wirtschaftliche Selbständigkeit. Das "Ziehkind" mehrerer Einrichtungen der evangelischen Kirchen ist erwachsen geworden.
Natürlich, erklärt Manuel Rast, spielen angepasste (und damit oft "alternative") Techniken bei FAKT immer noch eine Rolle, "aber auf einer anderen Ebene". FAKT wird nicht mehr gebraucht, um einheimische Fachkräfte beispielsweise beim Bau einer Wasserleitung in Ostafrika oder bei der Planung einer Früchtedörranlage in den Anden zu unterstützen. Das technische Wissen ist vor Ort vorhanden. Defizite aber bestehen häufig im methodischen Vorgehen, bei den organisatorischen Voraussetzungen oder beim betriebswirtschaftlichen Denken.
Im Arbeitsfeld Technologie im Gesundheitswesen, erläutert Rast, "sind wir fast völlig weg von der Gerätebewirtschaftung. Was Krankenhäuser im Süden brauchen, ist betriebswirtschaftliche Beratung, Verbesserung im Management, Unterstützung bei der Strategieentwicklung". Die Konsequenz im eigenen Haus: "Jeder und jede Einzelne bei uns hat sich mit den Anforderungen weiterentwickelt."
Weniger als ein Drittel der bearbeiteten Projekte, schätzt der FAKT- Geschäftsführer, "hat noch mit Technik zu tun". Ein weiteres Drittel ist dem methodischen Bereich zuzuordnen: Evaluierungen, Monitoring, Planungsberatung, Begleitung von Planungsprozessen, Fortbildungen für Teams und Organisationen - beileibe nicht nur im Süden. Rast: "Fast 50 Prozent unserer Aufträge in diesem Bereich finden hier in Deutschland statt."
Modernes Finanzmanagement beispielsweise stellt nicht nur höhere Ansprüche an die "Nehmer", sondern setzt auch entsprechende Strukturen bei den "Gebern" voraus, etwa bei den kirchlichen Hilfswerken. So macht FAKT nicht nur Partner im Süden fit für den Umgang mit Wirtschaftsprüfern, die deren Finanzen unter die Lupe nehmen. Das Unternehmen moderiert auch Organisationsentwicklungsprozesse hierzulande: Es unterstützt etwa die Hilfswerke dabei, ihre Effizienz zu erhöhen, indem Ziele, Strukturen und Abläufe überprüft werden.
Ein Drittel des Auftragsvolumens "verdankt" FAKT der internen Umstrukturierung bei Brot für die Welt (BfdW). Im Zuge der Konzentration auf die Kernaufgaben trennte BfdW unter anderem im Bereich Landwirtschaft konsequent die Finanzierungs- von den Beratungsaufgaben. Letztere nimmt seit Herbst 1998 FAKT wahr, BfdW gibt dabei durch seine Policy- und Lobbyarbeit die Richtung vor.
Nicht nur Aufgaben "wanderten" in Stuttgart aus der Stafflenberg- in die Gänsheidestraße, sondern auch ein rundes Dutzend (überwiegend freie) Mitarbeitende - eine zusätzliche Herausforderung. Manuel Rast beschreibt sie so: "Brot für die Welt hatte im Landwirtschaftsbereich einen stark programmatischen Ansatz, wir dagegen sind eher dienstleistungsorientiert." Mittlerweile hat man zu einem konstruktiven Miteinander gefunden. Rast: "Einige Leute nähern sich uns stärker an, andere wollen weiterhin Freie bleiben." Insgesamt kann er der Verlagerung nur Positives abgewinnen: "Das passt genau in die Logik von FAKT. Und vor allem können wir die Aufträge mit fast der selben Bürostruktur wie früher bewältigen - eine günstige Größenordnung also."
Und die Chance, das eigene Profil weiter zu schärfen. Von Anfang an stellte FAKT auf Grund seiner Zugehörigkeit zum kirchlichen Umfeld "gewisse ideelle Ansprüche" (Rast) an die eigene Arbeit. Sie äußern sich insbesondere im partizipatorischen Ansatz. "Wir arbeiten viel in Workshops, in denen die betroffenen Gruppen ihre Lage selbst analysieren und nach Lösungen suchen", beschreibt Manuel Rast die FAKT-typische Vorgehensweise.
Gleichzeitig musste sich FAKT schon immer auch auf dem Markt bewähren - was keineswegs als negativ empfunden wurde und wird. Rast: "Das zwingt uns zu Professionalität". Dass in jüngster Zeit fast zwei Drittel der Aufträge aus dem kirchlichen Kontext kommen, ist nach Angaben des FAKT-Geschäftsführers "eine neue Entwicklung". Denn: "In den Anfangsjahren wurden wir bei den Kirchen nicht besonders geschätzt. Erst seit wir auf dem Markt erfolgreich sind, sind wir auch für die Kirchen interessant."
Den ersten Schritt zum Aufbau seiner heute eigenständigen Position hatte FAKT übrigens selbst getan: Das Unternehmen verzichtete Anfang der 90er-Jahre auf die in den Gründerjahren sicherlich hilfreiche Sockelfinanzierung der evangelischen Kirche. Gleichzeitig wurden die "Sondertarife" hinfällig, die FAKT bis dahin den Organisationen der Arbeitsgemeinschaft Kirchlicher Entwicklungsdienst gewährte. Stattdessen trat man in "normale" Geschäftsbeziehungen: FAKT verlangt kostendeckende Sätze für seine Leistungen; die Auftraggeber betrachten die gemeinnützige GmbH als einen von mehreren möglichen Partnern.
Heute ist FAKT stolz auf seine wirtschaftliche Unabhängigkeit: Seit rund zwei Jahren finanziert sich auch der letzte noch subventionierte Bereich aus eigener Kraft, die Bildungs-, Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit. Die "Development Communication" von FAKT ist international ausgerichtet. Das Unternehmen entwickelt hier einerseits selbst Projekte, für die es dann Geldgeber und Mitstreiter sucht. Andererseits bewirbt sich FAKT um Projektkoordinationen; ein Beispiel hierfür: das Eine-Welt-Projekt "Mahlzeit" von BfdW.
Nach anderthalb Jahrzehnten alles in allem also zufriedene Mienen bei FAKT? "Es läuft gut", erklärt der Geschäftsführer unumwunden. "Aber wir wollen noch besser werden". Beispielsweise bei der Akquisition auch größerer Projekte. Zwischen 80 und 100 überwiegend kleine und mittlere Projekte werden derzeit bei FAKT parallel bearbeitet; meist "tragen" sie lediglich eine einzige Fachkraft. Größere Projekte, denkt Manuel Rast in die Zukunft, würden dem Unternehmen zum einen den Einstieg in die Nachwuchsarbeit ermöglichen, zum anderen die strategische Ausrichtung auch nach außen deutlicher machen. Die Aufgabe für das nächste Jahr ist also klar: "Wir wollen uns neu präsentieren."
Fakten über FAKTWasserversorgung und -entsorgung, Energieversorgung, Krankenhaustechnik, Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Lebensmittelverarbeitung sowie Berufsbildung und Kleingewerbeförderung: Das sind die sechs Fachgebiete der Beraterinnen und Berater von FAKT. Dazu kommen als "fächerübergreifende" Tätigkeitsfelder Projektmanagement und Training, Finanzmanagement sowie "Development Communication". Unter diesem Begriff fasst FAKT Aktivitäten der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Eine Welt zusammen. 1999 leistete FAKT fast 3.000 Beratungstage; das Umsatzvolumen der GmbH betrug rund vier Millionen Mark. Das Unternehmen war im Laufe des Jahres insgesamt in 137 Projekten mit Volumina über 10.000 Mark und in 130 Kleinprojekten tätig. Etwa 40% der Beratungstage wurden in Afrika erbracht, 10% in Asien, 15% in Lateinamerika, 25% auf internationaler Ebene und 10% in Deutschland. In der FAKT-Geschäftsstelle in Stuttgart arbeiten derzeit 15 Frauen und Männer, die sich zehn Personalstellen teilen. Sie alle müssen am Firmenerfolg interessiert sein, können sie doch ihr Grundgehalt mit einer Leistungskomponente von bis zu 10% ergänzen. Teil der dezentralen FAKT-Struktur sind die assoziierten Berater, gegenwärtig ein halbes Dutzend Experten, die eigene Büros an verschiedenen Standorten in der Bundesrepublik betreiben. Außerdem gibt es einen Pool von freien Beratern, die für bestimmte Aufgaben kontraktiert werden. Seit Januar 1999 ist FAKT mit einem kleinen Büro in der "Entwicklungshauptstadt" Bonn vertreten. FAKT "gehört" knapp zur Hälfte dem Diakonischen Werk beziehungsweise Brot für die Welt (BfdW). Weitere Gesellschafter sind Dienste in Übersee (DÜ), die württembergische und die badische Landeskirche sowie die assoziierten Berater. Partizipation wird bei FAKT nicht nur im Umgang mit Partnern groß geschrieben, sondern auch intern: Alle zwei Monate tritt das so genannte Leitungsteam zusammen. Es besteht aus je einer/m gewählten Vertreter/in der Angestellten und der Assoziierten sowie einem der beiden Geschäftsführer. |
Süd-Süd-BeratungBei fast allen Beratungseinsätzen in Übersee sind Experten aus dem Süden beteiligt - bester Beweis dafür, dass es in Afrika, Asien und Lateinamerika eigentlich nicht an technischem Know-how fehlt. FAKT- Geschäftsführer Manuel Rast: "Wir haben bewusst darauf verzichtet, Filialen in Ländern des Südens zu eröffnen. Stattdessen arbeiten wir intensiv mit den Beratern dort zusammen. So ist ein richtiges Netzwerk entstanden." Nach Möglichkeit bietet FAKT seinen Projektpartnern ein Beratertrio an: Das Team besteht aus einer einheimischen Fachkraft, einem FAKT-Experten und einem Sachkenner direkt aus der Projektregion. Mit dieser "Mischung" hat das Stuttgarter Unternehmen gute Erfahrungen gesammelt. Daneben arbeiten sporadisch immer wieder Süd-Berater gemeinsam an Projekten - ohne Vermittlung via Deutschland. Rast: "Das hängt von persönlichen Initiativen ab." Insgesamt allerdings komme der direkte Austausch zwischen den Fachleuten im Süden nur schwer in Gang. Größere Erfolgsaussichten räumt man bei FAKT Gruppenaustauschen ein. Öffentlichkeitsarbeiterin Franziska Krisch dokumentierte beispielsweise den Besuch einer Frauengruppe aus Uganda in Kenia in einem Videofilm. Eigentlich ging es dabei um die effiziente Nutzung von Regenwasser, aber, so Krisch, "die Frauen haben auch vieles voneinander gelernt, das nicht im Programm vorgesehen war". So wurden etwa Herde und Biogasanlagen "abgekupfert". Aha-Erlebnisse zuhauf gab es auch für alle Beteiligten eines afrikanisch-indischen Austausches zum Thema "Watershed Management" - natürlich kamen dabei nicht nur Fragen einer umweltverträglichen Wasser- und Bodennutzung zur Sprache. Das Problem: "Solche Austauschprogramme sind sehr aufwändig und deshalb für die Finanzierungsorganisation schwer zu rechtfertigen", weiß Franziska Krisch. Und: "Es sollten Standards entwickelt werden, die einzuhalten sind. Sonst besteht die Gefahr, dass das Ganze zu einem unverbindlichen Projekttourismus verkommt". |
aus: der überblick 04/2000, Seite 122
AUTOR(EN):
Ilse Preiss:
Ilse Preiss ist freie Journalistin.